Von: ka
Norcia – Nach dem schweren Erdbeben in Mittelitalien, das zehntausende Menschen obdachlos gemacht, das Berge gespalten und weite Landstriche gehoben und gesenkt hatte, kam nun in der Umgebung von Norcia ein seit fast 40 Jahren verschollener Fluss wieder zum Vorschein.
Der Fluss mit dem Namen „Torbidone“ verdankt seine Neuentstehung einer sehr ergiebigen Quelle, die laut ersten Messungen 350 Liter Wasser pro Sekunde ausschüttet. Die neuerliche Geburt des Torbidone hängt nach Meinung der Experten mit dem starken Erdbeben der Magnitude 6,5 vom 30. Oktober zusammen, das wasserführende Gesteinsschichten verworfen hatte. Nur mehr die älteren Leute der Gegend erinnern sich noch, dass bereits vor fast 40 Jahren ein Fluss mit diesem Namen existierte, der denselben Lauf besaß. Der alte Torbidone war nach einem Beben der Magnitude 5,9 am 19. September 1979 untergegangen und nach und nach in Vergessenheit geraten.
Der neue Torbidone ist nun quicklebendig und sorgt für einiges Kopfzerbrechen. Die letzten Tage mussten die Techniker der Region Umbrien, Feuerwehrleute und der Zivilschutz ausrücken, um das Wasser aufzuhalten, das derzeit kreuz und quer über Wiesen, Äcker und Feldwege fließt. Zudem mussten die Männer mehrere Nutztiere in Sicherheit bringen, deren Stall vom Flusswasser überflutet worden war.
In den nächsten Tagen – so die Techniker der Region Umbrien – werden Spezialisten des Heeres für den jungen Torbidone sein altes Flussbett ausräumen, damit das Wasser bis zur Mündung in den Fluss Sordo wieder seinen geordneten Weg nehmen kann. Der alte Flusslauf ist heute in der Landschaft kaum mehr zu erkennen und lebte bis zur Neuentstehung des Torbidone nur mehr in den Katasterkarten fort.
Während aber das Erdbeben in der Ebene einen alten Fluss wieder zu neuem Leben erweckte, brachte es auf den Berghängen mehrere Quellen zum Versiegen. Besonders schmerzlich für die bereits vom Beben schwer getroffene umbrische Kleinstadt Norcia ist es, dass sich unter den vertrockneten Quellen auch eine befindet, die die Wasserleitung der Stadt speist.
Um die Versorgung der Bevölkerung zu sichern, musste eine Verbindungsleitung zu einer noch wasserführenden Quelle gelegt werden.