Katastrophaler Ärztemangel führt zu unkonventionellen Lösungen – VIDEO

Verzweifelte Maßnahme: Militärärzte sollen Abteilungsschließungen verhindern

Dienstag, 04. Juni 2019 | 07:15 Uhr

Campobasso/Isernia/Termoli – Der Ärztemangel, von dem viele italienische Regionen betroffen sind, führt in der süditalienischen Region Molise zu einer ganz besonders unkonventionellen Maßnahme. Um die Schließung mehrerer Abteilungen in den wichtigsten Spitälern von Molise zu verhindern, sollen in Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium Militärärzte in den Krankenhäusern ihren Dienst versehen.

Nicht nur in Südtirol, sondern auch in anderen Regionen werden Ärzte verzweifelt gesucht. Besonders verheerend ist die Lage in der süditalienischen Region Molise, wo laut dem zuständigen Sanitätskommissar, Angelo Giustini, bei Ausbleiben einer Lösung innerhalb der nächsten Tage die Schließung der Abteilungen für Orthopädie und Traumatologie der beiden Krankenhäuser von Isernia und Termoli droht.

Aber Rettung naht. Um dieses Desaster zu verhindern – so berichtet der „Quotidiano Sanità“ – befinden sich die verantwortlichen Leiter des regionalen Gesundheitsdienstes von Molise und das römische Verteidigungsministerium bereits seit geraumer Zeit in Gesprächen. In Molise, wo auch eine verfehlte Gesundheitspolitik mit Nichtbesetzung von offenen Stellen und Schulden zur heutigen Lage beigetragen hat, werden Ärzte verschiedener Spezialisierungen – vor allem Orthopäden, aber auch Chirurgen, Gynäkologen und Anästhesisten – und auch Krankenpfleger verzweifelt gesucht.

Wie Angelo Giustini berichtet, konnte in der vergangenen Woche während mehrerer Treffen im Verteidigungsministerium eine Liste mit 105 zur Verfügung stehenden Militärärzten erstellt werden. Einige von ihnen können bereits innerhalb der nächsten Tage in den vom Personalmangel am meisten betroffenen Abteilungen ihren Dienst antreten.

„Ich und die Unterkommissarin Ida Grossi versuchen wirklich alles. Die Lage von Molise muss aber in ganz Italien bekannt werden. Wir alle müssen unseren Teil dazu leisten, um das Risiko einer Rationierung sanitärer Leistungen und Dienste zu verhindern und um die gesundheitlichen Bedürfnisse der Bürger zu gewährleisten“, so Angelo Giustini, der in gleichen Atemzug auch seinen Einsatz für eine Reduzierung der Wartelisten verspricht.

Im Sinne des Gesundheitswesens von Molise und des Verteidigungsministeriums soll diese höchst unkonventionelle Maßnahme eigentlich nur dazu dienen, die nächsten fünf Monate zu überbrücken, aber angesichts des massiven Ärztemangels in fast allen Regionen Italiens, wird aus dem Notfall vermutlich schnell Routine werden. Laut einer Schätzung der Vereinigung der leitenden Ärzte Anaao Assomed sollen auf dem gesamten Staatsgebiet bis zum Jahr 2025 bis zu 16.000 Ärzte fehlen, wobei die Regionen Sizilien, Piemont und Lombardei davon am meisten betroffen sein werden.

Wie soll dem Ärztemangel begegnet werden? Neben vermehrten Neuanstellungen, Werbung und einer verstärkten Ausbildung wird wie in Molise über weitere alternative Möglichkeiten nachgedacht. Einige Lösungen wurden bereits in die Tat umgesetzt. Während in Südtirols Nachbarregion Venetien Ärzte aus der Pension zurück in den Dienst gerufen wurden, wurden in einem Krankenhaus von Treviso ausländische Ärzte angestellt.

In Südtirol hingegen kreist die Diskussion noch immer um die Polemik um deutsch- und italienischsprachige Ärzte. In Zukunft wird es angesichts des Ärztemangels, von dem auch der deutsche Sprachraum betroffen ist, vermutlich nur mehr darum gehen, überhaupt genügend Ärzte und Pflegekräfte zu bekommen.

 

Von: ka