Killer der 'Ndrangheta töten Marcello Bruzzese – VIDEO

Von Kugeln durchsiebt: Bruder eines „Pentito“ grausam ermordet

Donnerstag, 27. Dezember 2018 | 08:07 Uhr

Pesaro – Ein schreckliches Verbrechen der Organisierten Kriminalität überschattet in Italien die weihnachtlichen Festtage. Zwei Killer – vermutlich gehören sie der kalabresischen ‘Ndrangheta an – streckten am frühen Abend des Weihnachtstages in der Altstadt von Pesaro den 51-jährigen Marcello Bruzzese, Bruder des ‘Ndrangheta-Abtrünnigen Girolamo Bruzzese, mit rund einem Dutzend Kugeln nieder.

ANSA/Roberto Damiani

Es war kurz vor 18.30 Uhr am Abend des Weihnachtstages, als in der Via Bovio in der Altstadt des kleinen Adriaküstenortes Pesaro zwei Killer der ‘Ndrangheta ihrem Opfer, Marcello Bruzzese, vor seiner Garageneinfahrt auflauerten. Als Marcello Bruzzese, der gerade nach Hause zurückkehrte, seine Fahrt verlangsamte, gaben die beiden Mörder in typischer Mafiamanier mit ihren Maschinenpistolen vom Kaliber neun auf den Fahrer Dutzende von Kugeln ab. Marcello Bruzzese hatte keine Chance, dem Tod zu entgehen. Er starb in seinem Fahrzeug an den unzähligen Schussverletzungen. Die beiden maskierten Killer hingegen suchten in den Gassen der Altstadt von Pesaro zu Fuß das Weite. Anwohner, die von der Vielzahl der abgefeuerten Schüsse aufgeschreckt worden waren, verständigten die Carabinieri. Trotz eines Großaufgebots der Ordnungskräfte gelang es den Tätern, bislang unerkannt zu entkommen.

Angesichts des Opfers und der Art des Mordes wurde der Fall sofort von der Dda(Direzione Distrettuale Antimafia, Bezirksdirektion der Antimafia-Polizei, Anmerkung der Redaktion) übernommen. Bei Marcello Bruzzese handelt es sich um den Bruder des ‘Ndrangheta-Abtrünnigen Girolamo Bruzzese. Wie viele nahe Verwandte eines Abtrünnigen der Mafia war der aus Reggio Calabria stammende 51-Jährige in ein spezielles Schutzprogramm des Innenministeriums aufgenommen worden. Im Rahmen dieses Programms war Marcello Bruzzese und seiner Familie fernab von seiner Heimat in Pesaro eine Wohnung des Innenministeriums zur Verfügung gestellt worden. Im Gegensatz zu ähnlich gelagerten Fällen hatte Bruzzese aber nicht seinen Namen ändern lassen, was ihm – so eine Hypothese – zum Verhängnis geworden sein könnte.

ANSA/Roberto Damiani

Die Wurzeln des Mordes am Weihnachtstag liegen vermutlich Jahrzehnte zurück und haben mit den blutigen Rivalitäten zwischen verschiedenen ‘Ndrangheta-Clans in der Ebene von Gioia Tauro zu tun. Der damals 28-jährige Marcello war bereits 1995 dem Tod knapp entronnen. Bei einem Überfall, dem sein Vater Domenico, rechte Hand des mächtigen Clanchefs Teodoro Crea, und der Ehemann seiner Schwester zum Opfer gefallen waren, hatte er einen beinahe tödlichen Schuss in den Magen erhalten. Später, im Jahr 2003, hatte sein wegen Mordes gesuchter und daher untergetauchter Bruder Girolamo die Seiten gewechselt. Girolamo Bruzzese hatte Teodoro Crea aufgesucht und ihn mit drei Pistolenschüssen niedergestreckt. Anschließend war Girolamo Bruzzese, der seinen Boss tot geglaubt hatte, zur Polizei übergelaufen. Trotz schwerer Kopfverletzungen hatte der alte Boss aber überlebt. Nichtsdestotrotz hatte die Zusammenarbeit zwischen Girolamo Bruzzese und der Antimafia-Polizei viele Früchte getragen. Im Rahmen vieler polizeilicher Ermittlungen waren viele illegale Geschäfte aufgedeckt und vielen Mafiosi das Handwerk gelegt worden.

ANSA/Roberto Damiani

Mit dem Seitenwechsel hatten sich die Bruzzese allerdings die Rache der ‘Ndrangheta auf sich gezogen. Bereits im Jahr 2004 war der Schwiegervater von Girolamo Opfer eines Feuerüberfalls geworden. 14 Jahre später wurde nun sein Bruder Marcello von Killern der ‘Ndrangheta getötet.

Der Tod von Marcello Bruzzese löste in der italienischen Öffentlichkeit tiefes Entsetzen aus. Viele Beobachter und Experten wiesen auch auf die Lücken in den Zeugenschutzprogrammen hin. Wie sollen in Zukunft Mafiosi, die aussteigen wollen, noch zur Zusammenarbeit mit der Justiz bewegt werden, wenn anschließend die Familienmitglieder reihenweise der Rache des Organisierten Verbrechens zum Opfer fallen, fragen sich viele Italiener.

Von: ka