Von: idr
Bozen/Caprese Michelangelo – In den vergangenen Wochen hat Südtirol News eng die Entwicklungen der sogenannten „Waldfamilie“ aus Palmoli verfolgt, deren Oberhäupter, Mutter Catherine Birmingham sowie Nathan Trevallion, das Sorgerecht für ihre drei Kinder verloren und kurzfristig von einem italienischen Restaurantbesitzer aufgenommen wurden. Nun erinnert ein weiterer Fall aus Arezzo an die Waldfamilie. Besonders brisant: Der Vater ist ein aus Bozen stammender Mann.
Zwei Kinder im Alter von vier und acht Jahren wurden am 16. Oktober auf Anordnung des Jugendgerichts Florenz von Carabinieri und Sozialarbeitern aus ihrer Familie geholt. Gegen elf Uhr vormittags rückten rund ein Dutzend Einsatzkräfte zum abgelegenen Haus der Familie in Caprese Michelangelo aus. Nachdem den Eltern der Gerichtsbeschluss zugestellt worden war, betraten die Beamten das Grundstück.
Was dann folgte, dokumentierten die Überwachungskameras der Familie: Der vierjährige Junge wurde im Schlafanzug und ohne Schuhe um Hilfe schreiend von einem Beamten auf den Arm genommen und nach draußen getragen. Auch sein achtjähriger Bruder wurde aus dem Haus entfernt.
Eltern seit Wochen ohne Kontakt
Harald, ein Elektroniker ursprünglich aus Bozen, und seine Frau Nadia aus Belarus leben seit Jahren in einem Waldhaus fernab der Zivilisation. Sie hatten sich für häuslichen Unterricht entschieden und ihre Kinder nicht im regulären Schulsystem angemeldet. Seit nunmehr 47 Tagen haben sie nach eigenen Angaben keinen Kontakt mehr zu ihren Söhnen in Gewahrsam. Das Vorgehen der Behörden bezeichnen sie als unverhältnismäßig und überzogen.
Beide werden der Bewegung „Uomo vivo, donna viva“ zugehörig eingestuft – einer Gruppierung, die staatliche Autorität ablehnt. Die Eltern weisen diese Zuschreibung zurück und betonen, sie hätten lediglich selbstbestimmt leben wollen, ohne gegen Gesetze zu verstoßen.
Jugendgericht sieht gravierende Mängel
Das Jugendgericht Florenz sieht das anders: In seinem Dekret werden erhebliche Unregelmäßigkeiten beim häuslichen Unterricht genannt. Die beiden Kinder seien in keinem offiziellen Verfahren für Homeschooling registriert gewesen und hätten nie an den vorgeschriebenen jährlichen Prüfungen teilgenommen. Zudem habe es keine Kooperation mit den Sozialdiensten bei den verpflichtenden Gesundheitskontrollen gegeben.
Der Fall der Familie war in Caprese Michelangelo laut der Bürgermeisterin Marida Brogialdi bekannt gewesen. Homeschooling sei in der Gemeinde besonders bei ausländischen Familien gängig. Sie bedauere den Fall zutiefst. Die Kinder befinden sich derzeit in staatlicher Obhut. Ob und wann die Eltern sie wiedersehen dürfen, entscheidet das Jugendgericht. Entscheidungen über Besuchsrechte oder eine mögliche Rückführung stehen noch aus.




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