Von: ka
Palmoli/Chieti – Das Tauziehen zwischen der zuständigen Jugendstaatsanwaltschaft und Catherine Birmingham und Nathan Trevallion, die mit ihren drei Kindern in einem abgelegenen ehemaligen Bauernhaus bei Palmoli ein zurückgezogenes Leben inmitten der Natur führen, hält die italienische Öffentlichkeit weiter in Atem.
Die 45-jährige Catherine Birmingham aus Australien und der 51-jährige Nathan Trevallion aus Großbritannien lebten früher in Wohlstand, beschlossen dann jedoch, ihr ursprüngliches Dasein aufzugeben und sich von dieser Welt „zurückzuziehen”. Sie erzählen von ihrem glücklichen Familienleben mitten im Wald und unter Haustieren, doch das Jugendgericht könnte beschließen, ihnen ihre drei kleinen Kinder wegzunehmen.

Catherine und Nathan leben mit ihren Kindern in einem einfachen Steinhaus, das nur über den allernotwendigsten Komfort verfügt. Das Paar aus Australien und Großbritannien verfolgt eine Lebensphilosophie, die auf Smartphones, Fernseher, soziale Medien und all die künstliche Welt verzichtet, da diese „weder für Erwachsene noch für Kinder gut ist“, wie sie betonen. Aus diesem Grund haben sie ihr vorheriges Leben aufgegeben und sind mit ihren Kindern in ein Haus in der ländlichen Umgebung von Palmoli gezogen. Sie wollen ihre Kinder fernab einer „verrohten, aggressiven Gesellschaft, die den Menschen keinen Raum lässt“, großziehen.

Ihr Bauernhaus verfügt weder über fließendes Wasser noch über einen Gas- oder Stromanschluss. Das Wasser stammt in der Regel aus dem Brunnen vor dem Haus. Weiteres Wasser wird in Kanistern gesammelt und mithilfe des großen Ofens, der den ganzen Tag mit Holz befeuert wird, erwärmt. Der Ofen sorgt auch für ausreichend Wärme im Schlafzimmer, in dem die ganze Familie zusammen schläft. Das Badezimmer befindet sich im Außenbereich. Die drei Kinder sind das gewohnt und haben damit keine Schwierigkeiten.

Laut dem Jugendgericht besteht jedoch das Problem, dass die drei Kinder im Alter von acht und sechs Jahren nicht zur Schule gehen. Ihre Eltern haben sich für das sogenannte Unschooling entschieden, eine Form des selbstbestimmten, informellen Lernens. Dabei folgen die Kinder ihren eigenen Interessen, anstatt in der Schule einem Lehrplan zu folgen. Die Kinder lernen also mit den Eltern und nicht in einer traditionellen Schule. Tatsächlich nehmen die Kinder jedoch an wöchentlichen „Heimunterrichtskursen” mit einer Lehrerin aus Molise teil. Die Prüfungen legen sie hingegen an einer staatlich anerkannten Schule ab, die sie bisher anstandslos bestanden haben. Dies ist in Italien legal.

Das einfache Familienleben von Catherine Birmingham und Nathan Trevallion mit ihren Kindern wäre außer den Menschen von Palmoli niemandem aufgefallen, wenn nicht die ganze Familie im September 2024 wegen einer Pilzvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert worden wäre. Erst nach dieser bedauerlichen Vergiftung, von der sich die Eltern und ihre Kinder schnell wieder erholten, kam ans Licht, dass die Familie in einem abgelegenen Bauernhaus lebt. Das rief das Jugendamt auf den Plan.

Nach der Inspektion stellten die Verantwortlichen des zuständigen Sozialdienstes in ihrem Bericht fest, dass die Wohnverhältnisse für diese Minderjährigen nicht geeignet seien und ein Schulbesuch notwendig wäre. Die größte Beanstandung waren die vollkommen ungeeigneten Sanitäranlagen außerhalb des Haupthauses. Insgesamt wurden die Wohnverhältnisse als ungeeignet angesehen. Die Sozialdienste boten der Familie den Zugang zu einem kommunalen Bildungszentrum an, doch Catherine Birmingham und Nathan Trevallion lehnten ab. Daraufhin wurde die zuständige Jugendstaatsanwaltschaft eingeschaltet.
Die vom Gericht in Chieti ernannte Vormundin für Minderjährige hat das Paar und seine Kinder besucht und ihnen mitgeteilt, dass eine positive Lösung möglich wäre, wenn Catherine und Nathan bereit wären, die sanitären Einrichtungen im Haus wiederherzustellen. Das Jugendgericht würde ihnen mit ziemlicher Sicherheit erlauben, sich weiterhin allein um ihre Kinder zu kümmern. Catherine zeigte sich jedoch unnachgiebig. „Kompromisse einzugehen, würde bedeuten, unsere Lebensweise aufzugeben. Wir versorgen und waschen unsere Kinder auch ohne ein normales Badezimmer“, wehrte sich die 45-Jährige ab.

„Als bewusste Eltern, die wir uns ein anderes Leben für unsere Kinder wünschen, haben wir uns mit großem Engagement dazu entschlossen, gegen die Normen der Gesellschaft zu verstoßen. Wir wollen zu der Art und Weise zurückkehren, wie die Natur vorgesehen hat, dass Kinder aufwachsen – für ihre Gesundheit, ihren Frieden, ihr Wachstum und vor allem für ihre Zukunft“, betonen Catherine und Nathan.
„Die Kinder sind frei und leben in Verbindung mit der Natur und unseren Tieren. Wir leben nicht isoliert in den Wäldern, sondern kaufen einmal pro Woche im nahegelegenen San Salvo im Supermarkt ein. Dort haben die Kinder auch Gelegenheit, Gleichaltrige zu treffen“, sagte das Paar gegenüber Journalisten.
Das zuständige Jugendgericht wird voraussichtlich bis Ende November entscheiden, ob die drei Kinder bei ihren Eltern bleiben dürfen oder woanders untergebracht werden müssen. Es ist eine Entscheidung, die die Öffentlichkeit bereits jetzt spaltet – noch bevor sie getroffen wurde. „Ohne fließendes Wasser und ohne Schule, aber glücklich. Warum wollt ihr uns unsere Kinder wegnehmen?”, fragen Catherine Birmingham und Nathan Trevallion.

Die finanziell unabhängige Familie ist nicht die einzige, die sich für ein Leben in engem Kontakt mit der Natur entschieden hat. Seit einigen Jahren – vor allem seit der Corona-Pandemie – haben sich im Hinterland von Vasto, zwischen den Regionen Abruzzen und Molise, zahlreiche Familien aus verschiedenen Teilen Italiens, vor allem aus Norditalien, sowie aus dem Ausland niedergelassen. Sie haben ein starkes soziales Netzwerk und eine gegenseitige Hilfsgemeinschaft gebildet. Ähnlich wie Catherine und Nathan meiden sie die negativen Aspekte der modernen Gesellschaft, darunter vor allem die sozialen Netzwerke. Dabei achten sie jedoch darauf, nicht in prekäre Lebensbedingungen zu geraten, sondern einfach und würdevoll zu leben. Darüber hinaus zeigen sie eine starke Verbundenheit mit dem Land, das sie sich ausgesucht haben, und setzen sich für dessen Schutz ein.

Einige kritische Stimmen bemerken zu Recht, dass sich unter ihnen auch Leute befinden, die den Staat und seine Gesetze nicht anerkennen. Doch die Familie und die anderen Anhänger eines einfachen Lebens in Naturverbundenheit erhalten von vielen Italienern auch viel Solidarität und Zustimmung. „Warum wird in den Großstädten, wo viele Kinder verwahrlosen oder nicht zur Schule gehen, nicht genauer hingeschaut?”, fragt sich ein Leser.






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