Passagiere des Evakuierungsfluges am Flughafen Charles de Gaulle

Westafrikas Wirtschaftsblock schickt Delegation in Niger

Mittwoch, 02. August 2023 | 19:45 Uhr

Von: APA/dpa/AFP

Eine Woche nach dem Putsch hat die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS eine Delegation in den Niger entsandt, um mit dem Militär zu verhandeln. Sie werde geleitet von Nigerias Ex-Militärchef Abdulsalami Abubakar, teilte der ECOWAS-Kommissar für politische Angelegenheiten, Frieden und Sicherheit, Abdel-Fatau Musah, am Mittwoch mit. Alle Optionen seien auf dem Tisch, auch die militärische. Frankreich und Italien begannen indes mit Evakuierungsflügen aus dem Niger.

Ein militärisches Eingreifen sei die letzte Möglichkeit, man sei aber auch darauf vorbereitet sein, sagte Musah in Nigerias Hauptstadt Abuja. “Wir müssen zeigen, dass wir nicht nur bellen, sondern auch beißen können.”

Im Niger hatte die Präsidentengarde am Mittwoch vergangener Woche geputscht und den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum abgesetzt. Ende der Woche erklärte sich dann der bisherige Chef der Präsidentengarde, General Abdourahamane Tiani, zum neuen Machthaber.

Das Militär schloss sich den Putschisten später an. Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) verurteilte den Putsch in seinem Mitgliedsland Niger. Sie drohte mit einem militärischen Eingreifen, sollte Bazoum nicht binnen einer Woche von Sonntag an wieder im Amt sein.

Nigeria stellte unterdessen laut Nigers größtem Stromversorger Nigelec die Stromlieferungen in sein Nachbarland ein. Wie aus einer Mitteilung des Unternehmens am Mittwoch hervorgeht, hat Nigeria seine Lieferungen bereits am Dienstag ausgesetzt. Nigeria ist Mitglied der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas, die den Putsch im Niger scharf verurteilt hat.

Die Putschisten öffneten an diesem Mittwoch wieder die Grenzen zu einigen Nachbarländern, darunter Mali und Burkina Faso, deren Militärmachthaber den Putsch im Niger unterstützen. Dies deutete darauf hin, dass sich eine neue Allianz gegen den Rest der 15 ECOWAS-Staaten bilden könnte. Tiani entsandte am Mittwoch eine Delegation nach Mali und Burkina Faso, wie ein Sprecher des neuen Militärführers ohne Nennung weiterer Einzelheiten sagte.

Eine Woche nach dem Militärputsch im Niger begannen Frankreich und Italien mit der Evakuierung ihrer und ausländischer Staatsbürger. Ein Sonderflug sei am Mittwochmorgen in Rom gelandet, teilte Außenminister Antonio Tajani auf Twitter (X) mit. An Bord des Flugzeugs waren nach Angaben der Nachrichtenagentur ANSA 87 Menschen, unter ihnen 36 Italiener, 21 Amerikaner, vier Bulgaren und zwei Österreicher.

Ein Evakuierungsflug mit mehr als 260 Menschen an Bord landete mittlerweile laut Behörden in Frankreich. Es gab keine Angaben dazu, ob auch Menschen aus anderen EU-Ländern an Bord der Maschine waren. Nach Informationen des französischen Generalstabs waren auch zwei weitere Flugzeuge für die Evakuierung nach Niamey geschickt worden. Etwa 500 bis 600 Franzosen sind den Angaben zufolge im Land. Andere Europäer, die das Land verlassen wollten, könnten mitkommen, hatte es geheißen.

Insgesamt konnten nach Angaben aus dem Außenministerium in Wien vom Mittwoch bisher drei Österreicher aus dem Niger sicher außer Landes gebracht werden. “Mein Dank gilt unseren italienischen und französischen Partnern für die Hilfe bei der Evakuierung”, sagte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) gegenüber der APA. Das sei europäische Solidarität par excellence. Aktuell sind noch vier Österreicher mit Aufenthaltsort Niger beim Ministerium registriert. Mit den im Niger Verbliebenen bestehe laufend direkt und persönlicher Kontakt zu Entwicklungen und weiteren Möglichkeiten, sie bei einer sicheren Ausreise zu unterstützen, so das Außenministerium weiter.

“Der Putsch in Niger ist ein herber Rückschlag für die Bemühungen um Stabilität im Sahel! Nach Mali und Burkina Faso gerät nun ein weiterer Staat der Sahelzone in die Negativspirale von Militärgewalt und politischer Destabilisierung. Es braucht eine rasche und friedliche Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung”, forderte Schallenberg. Ein sicherheitspolitisches Vakuum in der Sahelzone hätte negative Auswirkungen weit den Sahel hinaus, “darunter ein Erstarken des islamistischen Terrorismus und erhöhten Migrationsdruck.”

Unterdessen hat Niger die Land- und Luftgrenzen zu fünf Nachbarstaaten wieder geöffnet. Einer der Putschisten erklärte am Dienstag im nationalen Fernsehen, dass die Grenzen zu Algerien, Burkina Faso, Libyen, Mali und dem Tschad “ab heute” wieder offen seien. Alle Land- und Luftgrenzen des Landes waren am Abend des Putsches geschlossen worden. Zudem ernannte die Junta neue Gouverneure für die acht Regionen des Landes. Die Grenzen zu den ECOWAS-Staaten Benin und Nigeria blieben zunächst jedoch geschlossen.