Verstörend bizarrer Einblick in die Welt der radikalen Tierschützer

„Wir boykottieren das Trentino“

Donnerstag, 11. Mai 2023 | 08:21 Uhr

Trient – Eine Facebook-Gruppe, die den unzweifelhaften Namen „E noi boicottiamo il Trentino“ („Und wir boykottieren das Trentino“, Anmerkung der Redaktion) trägt, lässt einen Einblick in die bizarre und verstörende Welt der radikalen Tierschützer zu.

Die militanten Tierschützer, die auf der Seite der Bären stehen und gegen die Politik des Trentiner Landeshauptmanns Maurizio Fugatti Stellung beziehen, verfolgen das Ziel, durch den Boykott des Trentino Druck auf die Landesregierung auszuüben. Die über 10.000 Mitglieder der Gruppe tauschen untereinander nicht nur Nachrichten aus, welche Trentiner Produkte oder Dienstleistungen sie bereits meiden, sondern sinnieren auch darüber, wie man alles, was aus dem Trentino stammt, am besten erkennen und damit boykottieren kann. Um den angestrebten Boykott des Trentino möglichst wirksam zu gestalten, gehen manche sogar so weit, dass sie vorschlagen, eine Liste mit allem, was der Trentiner Wirtschaft nützt, zu erstellen.

Facebook/..E NOI BOICOTTIAMO IL TRENTINO!

Nach dem Tod von Andrea Papi nimmt die Diskussion über das Trentiner Bärenmanagement immer schärfere Züge an. Mittlerweile scheinen die Gegensätze zwischen diejenigen, die alle Bären abschießen möchten, und jenen, die sie nicht nur schützen wollen, sondern auch die Befreiung aller gefangengehaltenen Raubtiere fordern, unüberbrückbar zu sein.

Letztere versammeln sich seit geraumer Zeit in einer Facebook-Gruppe, die den unzweifelhaften Namen „E noi boicottiamo il Trentino“ („Und wir boykottieren das Trentino“, Anmerkung der Redaktion) trägt. Für Außenstehende ist die Welt der radikalen Tierschützer bizarr und verstörend. Mitglieder der Gruppe berichten ihren Gleichgesinnten etwa, dass sie ihren geplanten Trentino-Urlaub storniert haben oder fortan auf Trentiner Joghurt und Äpfel verzichten wollen. Über dies und vieles andere mehr wird in der Facebook-Gruppe „E noi boicottiamo il Trentino“ diskutiert, die die radikalen Bären-Befürworter und militanten Gegner der Politik des Trentiner Landeshauptmanns vereint. Die Methode, die als ziviler Ungehorsam gedacht ist, besteht darin, zu allem, was aus unserer Nachbarprovinz kommt, Nein zu sagen, wodurch ein klares Zeichen gesetzt werden soll.

Facebok/Maria Beatrice Simonetti

„Lasst diese armen Bären in Ruhe, sie haben ein Recht darauf, so zu leben wie wir“, schreibt ein Nutzer. „Man muss die Bären respektieren und da sie im Trentino schlecht behandelt werden, fahre ich nicht dorthin“, fügt der gleiche Nutzer hinzu. Während ein Großteil der Debatte sich auf die aktuellen Themen und Nachrichten konzentrieren, die direkt oder indirekt die Bären und andere Wildtiere betreffen, mangelt es aber auch nicht an Mitgliedern, die berichten, welche Trentiner Erzeugnisse und Dienstleistungen sie meiden oder auf sie verzichtet haben. Neben den „Klassikern“ Trentino-Urlaub, Äpfel und Käse, werden von den militanten Tierschützern auch Trentiner Autovermietungen und Leasingfirmen boykottiert.

Facebook/Claudia Pirocca

Insbesondere bei den Urlaubsabsagen vergessen die radikalen Bärenbefürworter nie, dem Hotelier den Grund für die Absage mitzuteilen. „Es sind nicht die Bären, die mir Angst machen, sondern der Mensch. Ich habe meine Trentino-Ferien storniert! Natürlich habe ich den Grund dafür gesagt“, schreibt eine Nutzerin. „Trentiner Produkte kommen mir nicht mehr in den Einkaufswagen“, pflichtet ihr ein „Kollege“ bei.

Facebook/Francesca Zaghina Chiovelli

Nach der Autopsie, die in den Augen der radikalen Tierschützer die Bärin JJ4 eher zu entlasten scheint, wurde die Stimmung in der Facebook-Gruppe noch hitziger. In der Folge wurden die Stimmen, die die Freilassung aller Bären fordern, immer häufiger und lauter. In der Gruppe ist der Respekt für die Trauer der Familie Papi groß, aber selbst unter den Tierschützern wird über die Frage, wie das Trentiner Bärenmanagement fortgeführt werden solle, heftig gestritten. Andere Bilder und Kommentare hingegen unterschreiten jedes Niveau bei Weitem und beinhalten in manchen Fällen sogar kaum verhohlene Drohungen.

Facebook/Francesca Zaghina Chiovelli

Ein Nutzer versucht sich zu fragen, warum ausgerechnet die lokale Wirtschaft die Fehler des Trentiner Bärenmanagements ausbaden soll. Die Antwort darauf gibt in einem Satz den Sinn von „Und wir boykottieren das Trentino“ wieder. „Wenn sie das nächste Mal zur Wahl gehen, werden Sie sich an diese traurige Geschichte erinnern“, so die Antwort.

Das Trentino befindet sich in einer Zwickmühle. Während die einen Urlaube absagen, weil sie sich vor den vielen Bären fürchten, stornieren radikale Tierschützer ihre Trentino-Ferien, weil der Landeshauptmann die Bären „entnehmen“ möchte. Viele Trentiner, die die sich aufpeitschende Stimmung mit großer Sorge sehen, vermissen eine „Gegenbewegung“. Diese könnte sich etwa „Gegen Radikalismus und für Solidarität mit den Trentinern“ nennen und sich gegen den Boykott des Trentino einsetzen.

Von: ka