Eltern klagen an und fordern vom Hotel Schadenersatz

„Wir sollten Saal wechseln, weil mein Sohn behindert ist“

Sonntag, 12. März 2023 | 08:03 Uhr

San Martino di Castrozza – Ein Vorfall, der sich in einem Hotel in San Martino di Castrozza im Trentino zugetragen hat, sorgt in ganz Italien für Schlagzeilen. Da sich andere Hotelgäste über ihren behinderten Sohn beschwert hätten, soll ein Hotelier die ganze Familie darum gebeten haben, ihren Tisch zu wechseln und in einen eigenen Saal umzuziehen.

„Man sagte uns, dass sich einige Gäste beschwert hätten. Sie wollten uns in einem separaten Saal unterbringen, dessen Fenster durch ein Mosaik verdeckt waren. Angesichts dieser Demütigung beschlossen wir zu gehen“, berichtet Cecilia Bonaccorsi. Die pensionierte Apothekerin und ihr Mann, Remo Pimpinelli, waren zusammen mit ihren Sohn Tommaso, der an einer kognitiven Störung leidet und blind ist, aus Rom angereist, um in einem Hotel in San Martino di Castrozza im Trentino ihren Urlaub zu verbringen.

„Tommaso leidet an einer kognitiven Behinderung, aber er liebt es, mit seiner Mutter und seinem Vater Waldspaziergänge zu unternehmen. Wir haben sogar Mühe, mit seinem Tempo Schritt zu halten. Tommaso weiß jetzt auch, warum sein Lieblingsurlaub nach nur drei Tagen zu Ende war. Wie jeder andere Mensch auch leidet er darunter“, erzählt seine Mutter.

Facebook/Cecilia Bonaccorsi

Die Frau erklärt, dass die Familie seit 19 Jahren in San Martino di Castrozza am Fuße der Palagruppe Urlaub mache. Da das Hotel ihres Vertrauens diesmal keinen Platz mehr hatte, hielten sie nach einem anderen Hotel Ausschau. „Ich habe dieses Vier-Sterne-Hotel ausgesucht und habe ihnen, wie ich es immer tue, eine E-Mail mit dem Hinweis geschickt, dass mein 24-jähriger Sohn schwer behindert und blind ist. Ich tue das, weil ich keine Überraschungen mag“, so Cecilia Bonaccorsi.

Das Urlaubsglück währte aber nur drei Tage. „Man sagte uns, dass sich einige Gäste beschwert hätten. Sie wollten uns in einem separaten Saal unterbringen, dessen Fenster durch ein Mosaik verdeckt waren. Angesichts dieser Demütigung beschlossen wir zu gehen“, so Cecilia Bonaccorsi gegenüber der römischen Tageszeitung La Repubblica. Die pensionierte Apothekerin und ihr Mann waren entsetzt und empört. Sie beschlossen, den Urlaub nach nur drei Tagen abzubrechen. Sie verließen das Hotel und kehrten vorzeitig nach Rom zurück.

Zugleich fällten die Eltern von Tommaso aber auch den Entschluss, diesen Vorfall öffentlich zu machen. „Ich möchte, dass dies bekannt wird, damit niemand mehr eine solche Demütigung erleiden muss“, fügt Cecilia Bonaccorsi, die dem Sozialverein „Con I Miei Occhi“ vorsteht, hinzu. „Wir suchen nur ein Stück Normalität. Deshalb fühlen wir uns gekränkt und gedemütigt“, kommentiert Tommasos Vater, Remo Pimpinelli, den Vorfall.

Facebook/Cecilia Bonaccorsi

Das betreffende Hotel wies den Vorwurf der Diskriminierung zurück und sprach von einem Missverständnis. „Einige Gäste wandten sich an die Hoteldirektion, um wegen des Lärms im Speisesaal um mehr Ruhe zu bitten. Da das Hotel Colbricon Beauty & Relax als Betrieb, der seit über 40 Jahren in der Hotellerie tätig ist, das Wohlbefinden aller seiner Gäste zum Ziel hat, schlug der Inhaber der Familie einen Tischumzug in einen gemütlichen Saal vor, in dem ein Glasmosaik als dekoratives Element hervorsticht“, entgegnet die Inhaberin des Hotels.

„Die Hotelbesitzerin entschuldigt sich für die missverstandene Geste. Es war nicht ihre Absicht, jemanden zu verletzen, und deshalb hat sie sofort versucht, mit den betroffenen Personen in einen Dialog zu treten. Dies geschah bisher leider ohne Erfolg“, fügt die Inhaberin hinzu.

Facebook/Cecilia Bonaccorsi

Die Familie von Tommaso lässt die Aussagen der Hotelbesitzerin so nicht gelten. „Ich bin bereit. Zusammen mit meinem Mann Remo werden wir bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstatten und das Hotel in San Martino di Castrozza wegen Diskriminierung, oder besser gesagt wegen Ausgrenzung, verklagen. Wir werden nur einen Euro Entschädigung verlangen. Sollten wir den Kampf am Ende aber gewinnen, wird er eine Million Euro wert sein. Wir führen ihn im Namen meines Sohnes Tommaso und aller behinderten Menschen, die auf diese Weise behandelt werden“, gibt sich Cecilia Bonaccorsi kämpferisch.

Facebook/Cecilia Bonaccorsi

In der italienischen Öffentlichkeit schlägt der Vorfall hohe Wellen. Zwischen Nutzern, die von einem Fall von Diskriminierung sprechen, und Schreibern, die meinen, dass alle Gäste ein Recht auf einen ruhigen Urlaub hätten und ein Hotel das Wohlbefinden aller Kunden im Blick haben müsse, ist eine heiße Diskussion im Gange.

Von: ka