Von: Ivd
Palermo – Nach dem Bootsunglück im August vor der Küste von Palermo, bei dem der Tech-Milliardär Mike Lynch und seine Tochter sowie fünf weitere Menschen ums Leben kamen, versucht der Yacht-Hersteller TISG nun die Hinterbliebenen des Unglücks auf 200 Millionen Euro zu verklagen. Auch Lynchs ehemaliger Geschäftspartner, der Hardware-Hersteller HP, geht weiter gegen dessen Witwe vor. Unterdessen befürchten Behörden, dass ausländische Geheimdienste versuchen könnten, an vertrauliche Dokumente, die sich in einem Tresor an Bord des gesunkenen Schiffes befinden, zu gelangen.
Verlust für den Yacht-Bauer
Giovanni Costantino, Geschäftsführer von The Italian Sea Group (TISG), erklärte, dass durch das Unglück ein erheblicher finanzieller Schaden für die Firma entstanden sei. Mehrere namhafte Geschäftspartner, darunter ein bekanntes europäisches Modeunternehmen und ein Investmentfonds, hätten ihre Kooperationen mit der TISG beendet. Dies sei auf den Imageschaden zurückzuführen, der durch den Untergang der Bayesian entstanden sei.
Laut TISG seien Türen und Luken der Yacht nicht ordnungsgemäß verschlossen gewesen, was das Eindringen von Wasser ermöglichte und zum Sinken führte. Costantino betonte zudem, dass die Yacht als „unsinkbar“ galt, was auf keinerlei strukturelle Mängel hindeute. Somit macht TISG die Besatzung für das Unglück verantwortlich und fordert Schadenersatz in Höhe von 200 Millionen Euro.
Empörung bei Hinterbliebenen
Die Familie von Mike Lynch ist von den Vorwürfen schockiert. Ein enger Freund der Familie erklärte in einem Interview, dass die Klage der TISG eine „unglaubliche Unverschämtheit“ sei. „Noch bevor alle Opfer geborgen waren, präsentierte Giovanni Costantino seine Version der Geschichte in der Presse“, so der Freund. Die Familie wirft TISG vor, die Schuld auf die Opfer abwälzen zu wollen, statt eigene Fehler einzugestehen.
Unterdessen sieht die Familie sich mit gleich noch einem Rechtsstreit konfrontiert: Im vermeintlichen Betrugsfall um den Verkauf von Lynchs Firma Autonomy Corporation an den Computer-Hersteller Hewlett-Packard lassen die Prozessgegner sich nicht durch Lynchs Ableben davon abhalten, weiter gegen dessen Erben vorzugehen. Der Fall zählt zu den größten Wirtschaftsbetrügen der britischen Geschichte. Noch im Februar forderte der Tech-Riese vier Milliarden US-Dollar Schadensersatz von Lynch und seinen Komplizen.
Sorge vor ausländischen Geheimdiensten
Die genaue Ursache des Unglücks ist weiterhin Gegenstand laufender Ermittlungen. Die Yacht Bayesian liegt nach wie vor auf dem Meeresgrund vor Palermo. In der Zwischenzeit macht sich die Sorge breit, dass ausländische Geheimdienste ein Interesse an Dokumenten, die sich noch an Bord des Schiffes befinden haben könnten. In einem Safe sollen sich noch immer Wertgegenstände und Festplatten mit vertraulichen Dokumenten befinden, die im Verlauf des Prozesses von Interesse sein könnten. Besonders von der russischen und chinesischen Seite wird ein solches Vorhaben befürchtet. Das Wrack soll deshalb zusätzlich bewacht werden, fordern Sicherheitsexperten.
Das Drama um die Luxus-Yacht entwickelt sich zunehmend zu einem juristischen Tauziehen und könnte im Verlauf noch weitere Dimensionen annehmen. Während TISG und HP auf den Ersatz millionenschwerer Schäden pochen, kämpfen die Angehörigen der Opfer um Gerechtigkeit und fordern eine umfassende Aufklärung der Tragödie. Wie der Fall ausgeht, könnte nicht nur für die Yachtindustrie, sondern auch für die betroffenen Familien und die innere Sicherheit weitreichende Folgen haben.
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