Von: ka
Bozen – „Gemeinsam der Armut entgegenwirken“ ist das Ziel einer Tagung, die am 11. September in Bozen stattgefunden hat. Bedürftigen Menschen zu helfen und Notsituationen zu bewältigen, kann nur gemeinschaftlich zwischen der öffentlichen Hand und der Bevölkerung gelingen. Damit alle Akteure an einem Strang ziehen, dafür soll künftig ein eigener fixer Arbeitstisch sorgen.
Viele schämen sich. Es ist ihnen peinlich. Dabei ist Armut auch für viele Südtiroler eine tägliche Realität. Ja, Armut existiert, auch in einem reichen Land wie Südtirol. Mitten unter uns leben Menschen in Not. Vielen sieht man ihre Armut allerdings nicht an. Und die ganz offensichtlich Armen, werden oft bewusst nicht wahrgenommen und an den Rand der Gesellschaft gedrängt.
Im Pastoralzentrum Bozen hat am Freitag, 11. September 2020 die Tagung „Armutsformen in der Gesellschaft“ stattgefunden. Die Initiative des Dachverbandes für Soziales und Gesundheit entstand in Zusammenarbeit mit weiteren sozialen Organisationen wie der Caritas Diözese Bozen-Brixen, dem KVW – Katholischer Verband der Werktätigen, der Südtiroler Vinzenzgemeinschaft, sowie dem Verein Volontarius. Die Veranstaltung wurde vom Land und der Stiftung Südtiroler Sparkasse unterstützt und stand unter der Schirmherrschaft von Bischof Ivo Muser und Landeshauptmann Arno Kompatscher, die den Nachmittag mit inhaltlichen Beiträgen bereicherten.
„Wer ist mein Nächster? Alles beginnt damit, hinzuschauen. Und eben nicht wegzuschauen“, sagte Bischof Ivo Muser. Slogans wie ‘Wir zuerst‘ seien wie eine Ohrfeige und auch die vieldiskutierten Bettelverbote bereiten ihm ein ungutes Gefühl. Es komme darauf an, die Armut zu bekämpfen und nicht die Armen. Und auch Soziallandesrätin Waltraud Deeg mahnte: „Es darf uns nicht gleichgültig sein, wie viele Menschen unter den Brücken in Bozen leben.“ „Gemeinsam muss es gelingen die Menschen zu stützen, aufzurichten und auf den Weg zu bringen“, sagte Landeshauptmann Arno Kompatscher. Neben dem sozialen Netz das jeden auffangen soll, müsse man dafür sorgen, dass es gerechte Einkommen gibt.
In der Tat sind geringe Einkommen und hohe Lebenshaltungskosten neben einer starken Privatverschuldung typische Verursacher von Armut in Südtirol. Oft sind auch Schicksalsschläge, Pech und Trennungen ein Grund, unter die Armutsgrenze zu rutschen. Mittlerweile gelten laut dem Landesstatistikinstitut ASTAT rund 17 Prozent der Südtiroler Haushalte als armutsgefährdet, besonders betroffen sind Alleinerziehende, Rentner und kinderreiche Familien. Die aktuelle Coronakrise hat die Not verschärft und damit verbundenen Risiken und Ursachen noch deutlicher gemacht. In der Finanziellen Sozialhilfe in den Sprengeln der Bezirksgemeinschaften verzeichne man eine erhöhte Nachfrage nach Unterstützung, berichtete Alois Kröll, Bürgermeister von Schenna und Präsident der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt.
„Im Wort ‚Armut steckt auch das Wort Mut. In diesem Sinn wollen wir mit dieser Armutstagung für Ursachen, Formen und Auswirkungen der Armut sensibilisieren und die Netzwerke intensivieren, die vorbeugen und auffangen können“, betonte die geschäftsführende Dachverband-Präsidentin Dorotea Postal: „Unser Ziel ist die erneute Einrichtung einer ständigen Armutskonferenz, wo Politik, Behörden und gemeinnützige Organisationen, aber auch Wirtschafts- und Arbeitsnehmerverbände die Entwicklungen erkennen, auswerten und Maßnahmen erarbeiten, um Armut zu vermindern.“
So einen Arbeitstisch gab es schon einmal. Vor 10 Jahren ist er sanft entschlafen. Jetzt ist es wieder an der Zeit, die Arbeit aufzunehmen. Mehr denn je ist es das Gebot der Stunde, Kräfte zu bündeln und aktiv zu werden.