270 Personen wurden allein im Kibbuz Beeri getötet

Amnesty wirft Hamas “Verbrechen gegen Menschlichkeit” vor

Donnerstag, 11. Dezember 2025 | 09:03 Uhr

Von: apa

Amnesty International (AI) hat einen Bericht zum Angriff der Hamas und vier weiterer bewaffneter Gruppen auf Israel am 7. Oktober 2023 veröffentlicht. Dabei seien Kriegsverbrechen verübt worden, sagte die AI-Österreich-Geschäftsführerin Shoura Zehetner-Hashemi am Mittwoch. Zudem könne klar festgestellt werden, “dass es sich um Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt”. Alle Aussagen der beteiligten Gruppen, die noch immer im Internet kursieren, könne man “klar widerlegen”.

“Es war uns sehr wichtig, zu zeigen, dass sich der Angriff klar gegen die Zivilbevölkerung richtete und in voller Absicht geschah”, sagte Zehetner-Hashemi am Mittwoch vor Journalisten. Mord, das Verbrechen der Ausrottung, also Mordhandlungen im Rahmen der Massentötung von Zivilisten, Entführungen, Folter, die Verweigerung medizinischer Hilfe, sowie sexualisierte Gewalt habe man nachweisen können. Zudem konnte bei den Toten Leichenschändung nachgewiesen werden. Außerdem habe man eine klare Befehlsstruktur feststellen können. So hätten bewaffnete Gruppen auch bei den Entführungen von Kindern und älteren Menschen die Führung übernommen.

Weder Hamas noch Israel kooperierten bei Untersuchung

Bis zum 15. November habe man auf eine Stellungnahme der Hamas-Behörden gewartet, aber es sei nichts zurückgekommen, so Zehetner-Hashemi. Auch von Seiten Israels habe es keine Kooperation gegeben.

Man habe 354 Videos und digitale Fotografien untersucht, darunter seien Videoaufnahmen aus Überwachungskameras, Body-Cams von getöteten Kämpfern, Videos von Mitgliedern der bewaffneten Gruppen in sozialen Medien sowie Video- und Bildmaterial von Personen, die beim Überfall der militanten palästinensischen Gruppen vor Ort gewesen seien. 70 Interviews seien geführt worden, darunter mit 17 Überlebenden der Angriffen und drei Geiseln, so Zehetner-Hashemi.

Fünf bewaffnete Gruppen an Überfall auf Israel beteiligt

Neben dem bewaffneten Arm der radikal-islamischen Hamas, den Al-Quassam-Brigaden, seien vier weitere militante palästinensische Gruppen am Überfall auf Israel beteiligt gewesen, sagte Zehetner-Hashemi. Dies seien die Al-Quds-Brigaden des Islamischen Jihads, die Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden, der ehemalige bewaffnete Arm der Fatah, sowie die Abu Ali Mustafa-Brigaden, der militärische Arm der marxistisch-leninistischen Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), und der militärische Flügel der Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas (DFLP), einer marxistisch-leninistischen und maoistischen palästinensischen Partei.

Zudem hätten hunderte Zivilpersonen aus Gaza sich wohl spontan an den Plünderungen und Tötungen und Entführungen beteiligt. Insgesamt hätten sich 3.000 Personen aus Gaza an dem Überfall auf Israel beteiligt, bei dem 1.200 Menschen getötet und 251 Personen gewaltsam in den Gazastreifen verschleppt worden seien, so Zehetner-Hashemi.

Auch sexualisierte Gewalt ist klar belegbar

Amnesty International habe auch Personen für Befragungen nach Israel geschickt, erzählte Zehetner-Hashemi. So hätten die Amnesty-Mitarbeiter mit einem Mann gesprochen, der mehrfach vergewaltigt worden sei, zudem hätten mehrere Therapeuten von Patienten berichtet, die vergewaltigt worden seien. Diese Beweise aus sekundären Quellen würden aber auch bei Fällen von sexualisierter Gewalt gelten, so Zehetner-Hashemi.

Das Ausmaß der sexualisierten Gewalt könne man nicht beziffern, aber “wir können definitiv beweisen, dass es sie gab”, berichtete die AI-Österreich-Geschäftsführerin. So seien Bilder von entkleideten toten Frauen gar nicht in das Sample aufgenommen worden. Beweise dafür, dass es Befehle zur Ausübung von sexueller Gewalt gegeben habe, könne man jedoch nicht vorlegen. Ebenso habe man die Täter von sexueller Gewalt nicht den bewaffneten Gruppen zuordnen können. Allerdings habe bereits die internationale UNO-Untersuchungskommission 2024 schon festgestellt, dass es zu sexualisierter Gewalt gekommen sei.

Bericht wird dem IStGH und der UNO-Untersuchungskommission vorgelegt

“Israels erschreckende Bilanz an Verstößen gegen die Rechte der Palästinenser*innen kann in keiner Weise als Entschuldigung für diese Verbrechen dienen und entbindet die bewaffneten palästinensischen Gruppen auch nicht von ihren Verpflichtungen unter dem Völkerrecht. Die Verstöße bewaffneter palästinensischer Gruppen im Zusammenhang mit den Anschlägen vom 7. Oktober 2023 müssen als die Gräueltaten anerkannt und verurteilt werden, die sie sind”, betonte Agnès Callamard, internationale Generalsekretärin von Amnesty International in einer Aussendung.

Die Menschenrechtsorganisation sehe diesen Bericht als Aufarbeitung und werde ihn dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) sowie der Untersuchungskommission der Vereinten Nationen vorlegen, versicherte indes Zehetner-Hashemi. “Wir haben diesen Bericht für die Opfer geschrieben und hoffen, dass dies in irgendeiner Art helfen kann.”

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