Von: mk
Bozen – Der italienische Staatsschutz Digos nimmt Ermittlungen auf, nachdem am Montagvormittag vor dem Rathaus in Bozen erneut propalästinensische Schmierereien aufgetaucht sind. Wie die Nachrichtenagentur Ansa schreibt, haben Unbekannte mit roter Farbe die 22 Mitglieder des Gemeinderats verunglimpft. In der vergangenen Woche war ein Beschlussantrag zum Krieg in Gaza abgelehnt worden.
Die Ermittler werten unter anderem Aufnahmen von Überwachungskameras in der Umgebung aus. Bereits am 7. Oktober im vergangenen Jahr war die Stiege des Landtagsgebäudes mit roter Farbe beschmiert worden. Am 4. November war hingegen rote Farbe auf Fahrzeuge des italienischen Heeres geschleudert worden, die auf dem Waltherplatz ausgestellt waren. In beiden Fällen konnten die Täter identifiziert und angezeigt werden.
Der Kammerabgeordnete von Fratelli d’Italia, Alessandro Urzì, verurteilte die jüngste Aktion. Man dürfe angesichts dieses Einschüchterungsversuchs in der Nacht auf Montag nicht schweigen. Die vom Gemeinderat abgelehnte Resolution hatte das militärische Vorgehen Israels in Gaza verurteilt, jedoch ohne gleichzeitig das Massaker der Hamas vom 7. Oktober zu erwähnen.
Die rote Farbe erinnere an einen Blutfleck. Die Aktion sei ein Schande, die vorbehaltlos verurteilt werden müsse – nur weil sich der Gemeinderat nicht dem Willen der Linken gefügt habe, wettert Urzì.
Auch der stellvertretende Landtagspräsident Angelo Gennaccaro meldete sich zu Wort. „Was in Gaza geschieht, erschüttert unser Gewissen und erfordere eine tiefgehende Reflexion. Man muss sich fragen, wie politisch Verantwortliche dazu gebracht werden können, diese Gewaltspirale zu stoppen. Dennoch rechtfertigt das Geschehen in Nahost keinesfalls die Beschädigung von öffentlichem Eigentum und die Beleidigung von Gemeinderäten.“ Solche Aktionen seien inakzeptabel und würden die Grundprinzipien des demokratischen Zusammenlebens untergraben, erklärte Gennaccaro, der die Tat scharf verurteilte.
Er sprach von einem schweren Vergehen, das weit über bloße Sachbeschädigung hinausgehe. Es sei ein besorgniserregendes Zeichen für das Klima des Hasses und der Konfrontation, das in der Stadt um sich greife. Die Politik habe die Pflicht, die Töne zu mäßigen, die Aggressivität zu stoppen und die Werte des Dialogs und des gegenseitigen Respekts zu bekräftigen.
Auch Bozens Ex-Bürgermeister und PD-Senator Luigi Spagnolli verurteilte den Vorfall von Vandalismus. In einer Pressemitteilung bezeichnete er das Beschmieren des Gebäudes mit roter Farbe als „Akt, der mit Entschiedenheit zu verurteilen ist.“ Es sei zwar legitim, die Ratsmitglieder der Mehrheit, die den Antrag abgelehnt haben, zu kritisieren. Ein öffentliches Gebäude mit „vulgären und bedrohlichen Schimpfworten“ zu verunstalten, habe „nichts mit dem Engagement für die Verteidigung der Menschenrechte“ zu tun.
Bürgermeister Corrarati verurteilte den Vorfall
Auch Bozens Bürgermeister Claudio Corrarati verurteilte den Vorfall aufs Schärfste. Sein Statement im Wortlaut:
„Was heute geschehen ist, macht mich wütend und traurig. In den Nachtstunden wurde die Treppe vor dem Eingang zum Rathaus mit roter Farbe beschmiert. Der Boden wurde in gelber Farbe mit den Worten „22 vermi“ besprüht. Damit waren offensichtlich die Gemeinderatsmitglieder gemeint, die letzte Woche einen Antrag zum Gaza-Konflikt abgelehnt hatten.
Dies ist ein schwerwiegender und inakzeptabler Vorfall, der sich nicht nur gegen die Gemeinderatsmitglieder richtet, sondern gegen das Stadtparlament als politische Volksvertretung und Herzstück der Demokratie, als Ort des freien Ideen- und Meinungsaustausches und der unabhängigen Wahlentscheidungen. Doch gerade dieser Wettstreit der Ideen, der manchmal auch hitzig verlaufen kann, aber immer seine Berechtigung hat, ist der Wesenskern und die Stärke unserer Demokratie.
Die politischen Vertreterinnen und Vertreter sind bei der Ausübung ihres Mandats frei. Beleidigungen haben hier nichts zu suchen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Meinungsverschiedenheiten – übrigens nicht nur auf politischer Ebene – in Herabwürdigungen und Vandalismus ausarten. Das ist respektlos, den Institutionen und der Bevölkerung gegenüber. Leider handelt es sich nicht um einen Einzelfall. In vielen Bereichen unseres alltäglichen Lebens, vor allem in den sozialen Medien und manchmal leider auch bei offiziellen Anlässen, treffen wir auf eine immer aggressivere Sprache, die das soziale Klima vergiftet. Umso wichtiger ist es, dass wir uns im Ton mäßigen und zu einer zivilisierten, demokratischen Auseinandersetzung zurückfinden, die ohne die Beleidigung oder Einschüchterung Andersdenkender auskommt.
Ich drücke den Gemeinderatsmitgliedern, denen diese feige Geste gegolten hat, meine ganze Solidarität aus. Als Stadt verurteilen wir solche Aktionen aufs Schärfste, und das gilt auch für mich persönlich als ihr Bürgermeister. Bozen verdient Respekt: Die Stadt, ihre Menschen und die öffentlichen Orte dürfen nicht durch solche Grenzüberschreitungen geschädigt werden, die nichts mit dem legitimen Recht auf demokratische Meinungsäußerung zu tun haben.“
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