Von: Ivd
Bozen – Die jüngsten Enthüllungen, wonach mehrere Bedienstete des Südtiroler Sanitätsbetriebes nicht über gültige Zweisprachigkeitsnachweise verfügen, sowie die Aussagen der Landesräte Marco Galateo und Christian Bianchi zur Zweisprachigkeitspflicht haben zu scharfen Reaktionen geführt.
Die Freiheitlichen bezeichnen die Situation als „alarmierend und absolut inakzeptabel“. Zweisprachigkeit sei „nicht bloß eine gesetzliche Vorgabe, sondern eine zentrale Grundlage für eine patientenzentrierte Gesundheitsversorgung“. Roland Stauder, Obmann der Freiheitlichen, betont: „Wer krank ist, müsse das Recht haben, sich in seiner Muttersprache kommunizieren zu können – ohne sprachliche Barrieren, die Vertrauen, Verständnis und letztlich auch die Qualität der Behandlung beeinträchtigen.“
Die Forderung der Landesräte, mehr Zeit für den Erwerb der Zweisprachigkeit einzuräumen, lehnen die Freiheitlichen strikt ab: „Südtirol hat seit Jahrzehnten ein klares System, das die Gleichstellung der Sprachen und den Schutz der Patienten garantiert. Ausgerechnet in einem Bereich, der so sensibel ist wie das Gesundheitswesen, darf es keine Abstriche geben.“
Stauder verweist zudem auf die bestehenden Fördermöglichkeiten: „Von Intensivkursen vor Dienstantritt über Arbeitszeitkurse bis hin zu Sprachaufenthalten, Mentorings und speziell zugeschnittenen Prüfungen. Es mangelt also nicht an Unterstützung die zweite Landessprache zu erlernen, sondern vielmehr an der Bereitschaft, diese Angebote konsequent zu nutzen.“
Auch der ASGB übt scharfe Kritik. „Wer die Zweisprachigkeitspflicht infrage stellt, stellt das Fundament unseres Zusammenlebens infrage“, erklärt Vorsitzender Tony Tschenett. „Die Zweisprachigkeit ist kein bürokratisches Relikt, sondern ein zentraler Bestandteil des Minderheitenschutzes – sie garantiert, dass Beschäftigte im öffentlichen Dienst alle Bürger in ihrer Sprache betreuen können.“
Die Aussage Galateos, die Pflicht sei früher ein geeignetes Instrument gewesen, bewertet Tschenett als „gefährliches Geschichtsvergessen“: „Diese Regelung war nicht nur früher wichtig, sie ist es heute genauso. Sie sorgt für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt und für Respekt gegenüber beiden Sprachgruppen. Wer das infrage stellt, stellt die Grundprinzipien unserer Autonomie infrage.“
Empörung löste auch Galateos Vergleich mit der Hundesteuer aus: „Eine Minderheitenschutzregelung mit einer Steuer gleichzusetzen, ist – gelinde gesagt – eine Frechheit.“
Für den ASGB steht fest: „Eine Aufweichung der Zweisprachigkeitspflicht wird es mit uns nicht geben. Wir werden uns mit aller Vehemenz dagegen wehren – in der Sanität ebenso wie in jedem anderen Bereich. Wer an diesen Grundpfeilern rüttelt, gefährdet nicht nur Rechte, sondern das Gleichgewicht, das unser Zusammenleben trägt.“
Positiv bewertet der Gewerkschaftsbund hingegen die Haltung des Landeshauptmanns: „Dass für unbefristete Anstellungen weiterhin ein gültiger Zweisprachigkeitsnachweis Voraussetzung bleibt.“
Tschenett fordert zudem strengere Kontrollen: „Es darf keinen Raum für Betrug geben. Wer gefälschte Sprachzertifikate vorlegt, begeht nicht nur einen Rechtsbruch, sondern verspielt Vertrauen – gegenüber den Bürgern, aber auch gegenüber den Kollegen.“
Beide Seiten betonen abschließend die zentrale Bedeutung der Zweisprachigkeit. „Die Zweisprachigkeit im Sanitätswesen ist unverzichtbar. Wer hier arbeitet, trägt eine besondere Verantwortung – nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch. Es ist höchste Zeit, dass dies von allen Beteiligten respektiert wird“, so die Freiheitlichen. Und Tschenett hält fest: „Zweisprachigkeit ist kein Hindernis, sondern ein Vorteil – sie ist der Ausdruck von Respekt, Kompetenz und Zusammenhalt. Wer sie schwächen will, schwächt unser Land.“
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