„Zurück zur Vernunft“

Bär und Wolf: Aufruf zu mehr Sachlichkeit

Donnerstag, 07. September 2017 | 18:19 Uhr

Bozen – Das Referat für Natur und Umwelt im AVS und der Dachverband für Natur und Umweltschutz nehmen die Nachrichten und Vorfälle zu den Übergriffen von Bär und Wolf zum Anlass, um alle beteiligten Interessensvertreter zu ermutigen, dieses emotionsgeladene Thema mit mehr Sachlichkeit zu behandeln und dadurch einen konstruktiven Umgang zu fördern. Gesetzeskonforme Lösungsansätze müssten in den Vordergrund gestellt werden. Ebenso sei eine vorurteilsfreie wildbiologische Aufklärungsarbeit in der gesamten Bevölkerung nötig. Die sachliche Aufklärung dürfe nicht mit bedingungsloser Zustimmung verwechselt werden. Das Referat für Natur und Umwelt begrüßt darum, dass die Kompetenzen bezüglich Wolf und Bär an die Regionen bzw. Provinzen übergehen.

„Eine sachliche Diskussion über das Problem muss stattfinden können, damit Lösungen gefunden werden, die nicht auf Erpressung beruhen. Großraubtiermanagement setzt auf Herdenschutzmaßnahmen, Verlustzahlungen und behördliche Abschüsse von Risikotieren: beim Bär sind das besonders aggressive, also für den Menschen gefährlich eingestufte Exemplare, während beim Wolf die Anzahl gerissener Tiere ausschlaggebend ist. All das muss von den zuständigen Stellen genau definiert werden“, erklären der AVS und der Dachverband.

Landesrat Anrold Schuler habe es ja schon vor geraumer Zeit angekündigt: Entschädigungen für gerissene Tiere bzw. andersartige durch Großgreifer verursachte Schäden sind zukünftig an das Vorhandensein von Vorsorgemaßnahmen gekoppelt. Sich vehement dagegen zu wehren und die Leute im guten Glauben zu lassen, dass in absehbarer Zukunft Wölfe und Bären innerhalb der Südtiroler Landesgrenzen zu Freiwild werden, sei schlichtweg unseriös. Überdies könne der Schuss nach hinten losgehen, wenn aufgrund mangelnder Vorsorgemaßnahmen Nutztiere unnötig zu Grunde gehen und noch dazu kein Geld mehr in die Taschen der Geschädigten fließt. Luigi Spagnolli, Direktor des Amtes für Jagd und Fischerei, hat in einem Interview konkret von den Wolfsrissen in der Gegend vom Fedaia Pass gesprochen, wonach von den drei dort weidenden Schafherden, nur die gänzlich frei laufende Südtiroler Herde mit 20 Schafrissen betroffen war. Die anderen beiden Nicht-Südtiroler Herden wurden in der Nacht eingepfercht und durch einen Elektro-Zaun geschützt sowie von einem Herdenschutzhund begleitet. „In diesen beiden Herden ereignete sich nicht ein Riss“, betonen die Umweltschützer.

Vorbeugende Maßnahmen müssten nicht neu erfunden werden, es stünden bereits sehr viele Erfahrungen und Best Practice-Modelle zur Verfügung. „Südtirol mag ‚lei oans‘ sein, aber die Problematik der Großraubtiere gibt es auch in anderen Alpenländern, wo damit lösungsorientiert umgegangen wird. Im angrenzenden Graubünden – Val Müstair, Unterengadin, wird Herdenschutz schon seit Jahren erfolgreich angewandt. Auch in Trafoi hat sich ein Pilotprojekt zu Herdenschutzhunden, organisiert vom Amt für Jagd und Fischerei, bereits 2007 bestens bewährt. In Bärengebieten haben sich die Zaunschutzmaßnahmen für Bienenvölker mittlerweile auch etabliert und bewährt“, so der AVS und der Dachverband.

Sie schlagen vor, die Gesprächskultur zu ändern, damit auch in Südtirol, wie bereits in der Schweiz und in Deutschland über Maßnahmen zum Großraubtiermanagement gesprochen werden dürfe und dies auch den betroffenen Viehhaltern vermittelt werde. „Eine legale und seriöse Alternative dazu gibt es aktuell nämlich nicht“, erklären AVS und Dachverband.

Von: mk

Bezirk: Bozen