Von: luk
Bozen – Bei der Fragestunde im Landtag wurden am Mittwoch auch Fragen und Antworten zu Bahnersatzdienst, Alperia-Sponsoring, Rat der Gemeinden, Unwetterschäden, Staus durch Marathon, neue Züge und andere Themen behandelt. Zudem gab es eine Berichtigung des Landtagshaushalts.
„In der Woche vom 2.-8. August 2021 war die Bahnstrecke Brenner – Franzensfeste wegen Bauarbeiten an einer Eisenbahnbrücke zwischen Freienfeld und Sterzing gesperrt“, berichtete Brigitte Foppa. „Es verkehrte ein Schienenersatzdienst in Form eines Busses. Die letzte Fahrt dieses Ersatzdienstes wurde von uns zufällig selbst miterlebt. Am Abend des 8.8.2021 fuhr der REX von Innsbruck fahrplangerecht um 21.05 Uhr ab, Ziel: Trento. In Brenner wurden die Fahrgäste zum Aussteigen aufgefordert. Der Ersatzbus fuhr in halsbrecherischer Geschwindigkeit bei strömendem Regen durch die Nacht bis Franzensfeste, wo er um ca. 22.45 Uhr ankam. Die Fahrgäste begaben sich zum Zug nach Trento. Dieser war aber, nach Auskunft des freundlichen Schaffners, bereits um 22.38 abgefahren. Perplex setzte man sich in den bereitstehenden SAD-Zug (Abfahrt: 23.00 Uhr), der allerdings nur mehr bis Bozen fuhr. Auf Nachfrage eines Fahrgastes hieß es, der nächste Zug nach TN fahre um 5.00 Uhr morgens ab. Das ist insgesamt eine ziemlich verwunderliche Sache.“ Foppas Fragen an die Landesregierung: Wie war der Schienenersatzdienst auf der genannten Strecke geregelt? Ist es üblich, dass der Anschlusszug abfährt, ohne auf den Zubringerbus zu warten? Gab es neben der genannten Situation noch weitere analoge Fälle? Wie erklärt man sich dieses Vorgehen? Wird dieser Vorfall Folgen haben?
LR Daniel Alfreider erklärte, dass die Baustelle sehr komplex gewesen sei und das Infrastrukturbüro sich darum gekümmert habe; Baustellen dieser Art betreffen sowohl den nationalen als auch den internationalen Verkehr – was einer zeitgerechten Meldung bedarf und an der verschiedene Akteure beteiligt sind, von Autobahnen über Strafverfolgungsbehörden bis hin zu Eisenbahnen. Es gibt nie einen idealen Zeitraum, aber der Anfang August wurde gewählt, weil die Schulen geschlossen und der Pendlerverkehr reduziert wurde. Aufgrund von Meldungen und Beschwerden habe man Änderungen am Ersatzdienst vorgenommen. Sanktionen seien nicht vorgesehen, auch weil alle das Mögliche getan hätten, um den Dienst zu gewährleisten.
Mitte August ließen Alperia und der Fußballclub Juventus Turin verlauten, dass Alperia nunmehr der „Green Energy Partner“ des Clubs sei. Zu dieser Partnerschaft und weiteren Sponsoring-Aktivitäten von Alperia stellte die Sven Knoll folgende Fragen: Wie viel bezahlt Alperia pro Jahr an Juventus Turin? Welche Gegenleistungen erhält Alperia dafür (Bandenwerbung, Soziale Medien etc.)? Wie stellten sich die Sponsoring-Aktivitäten von Alperia in diesem und im letzten Jahr dar? Bitte um Auflistung der Empfänger und der entsprechenden Summen.
Es gehe hier nicht um Sponsoring, betonte LR Giuliano Vettorato. Alperia habe eine Ausschreibung der Juventus für die Stromversorgung des Stadions gewonnen, dabei sei auch eine Verbindung mit der Marke “Alperia” enthalten. Alperia zahle nichts dafür. Am Tag der Verkündung der Partnerschaft hätten 1,5 Mio. Nutzer die entsprechende Webseite besucht. Zu den Sponsoringaktivitäten der Alperia, mit der in Südtirol 130-140 Sportvereine unterstützt würden, gebe es eine entsprechende Webseite.
Der Rat der Gemeinden gibt Gutachten ab zu Landesgesetzentwürfen und Verordnungen, die für die Gemeinden von Interesse sind. Andreas Leiter Reber fiel auf, dass diese Gutachten – bei all ihren thematischen Unterschieden – „eine auffallende Gemeinsamkeit aufzuweisen: In der Regel erhalten Gesetzesentwürfe der politischen Mehrheit ein positives – und jene der Minderheit ein negatives Gutachten. Um diesen subjektiven Eindruck zu entkräften und eine verlässliche Faktenlage zu eruieren“, ersuchte er um die Beantwortung folgender Fragen: Zu wie vielen der im Landtag eingebrachten Gesetzesentwürfe hat der Rat der Gemeinden in der laufenden Legislatur ein Gutachten abgegeben? Wie viele waren es in der XV. Legislaturperiode von 2013-2018? Wie viele dieser Gutachten sind negativ und wie viele positiv ausgefallen? Wie viele der negativen und wie viele der positiven Gutachten betreffen Gesetzesinitiativen der politischen Minderheit?
Präsidentin Rita Mattei berichtete, dass der Rat seit der vergangenen Legislaturperiode 122 Gutachten zu Landesgesetzentwürfen vorgelegt habe, davon 32 positive, 31 davon zu Gesetzentwürfen der Mehrheit, 42 positive mit Anmerkung (38 Mehrheit, 4 Opposition, 3 Volksinitiative), 12 teilweise positive Gutachten (alle von der Mehrheit), 33 negative Gutachten (31 Opposition, 1 Mehrheit, 1 Volksinitiative). In der laufenden Legislatur wurden zu insgesamt 93 Gesetzentwürfen 68 Gutachten abgegeben, davon 18 positive (13 Mehrheit, 5 Opposition), 23 positive mit Anmerkung (18 Mehrheit, 5 Opposition), 2 teilweise positive (Mehrheit), 25 negative (24 Opposition, 1 Volksinitiative). Leiter Reber sah sich in seinem Verdacht bestätigt und bezweifelte, dass die negativen Gutachten nur auf rechtlichen Lücken in den Gesetzentwürfen fußten.
Franz Ploner erinnerte an das Unwetter vom 16. August mit Überflutungen und Sachschäden an Häusern. „Die geschädigten Besitzer sind gegen solche Flutkatastrophen nicht versichert“, betonte Ploner und fragte die Landesregierung: Welche finanzielle Hilfe können die betroffenen Personen und Familien durch die entstandenen Schäden von der öffentlichen Hand erwarten? Wer kommt für die Räumungsarbeiten und die Beseitigung der Schuttmaterialien, die bei den Privatpersonen anfallen, auf? Können sie auf die Unterstützung der öffentlichen Hand (Land und/oder Staat) zählen? Gibt es einen Katastrophenfond zur Unterstützung der betroffenen Bevölkerung, der in solchen Notsituationen unbürokratische verwendet werden kann? Kann hierzu der Reservefond verwendet werden? An welche Stelle können sich die betroffenen Personen und/oder Familien wenden?
Man habe bereits in der Nacht Schutzmaßnahmen getroffen, berichtete LR Arnold Schuler. Einsatzkräfte und Freiwillige leisteten hier Hervorragendes. Die Entschädigung der Einzelnen sei dreigeteilt; sie betreffe die Landwirtschaft, den Wohnbau und die Wirtschaft. Für den Bezug bestimmter Hilfen müsse ein Notstandsgebiet ausgerufen werden. Viele Betriebe seien mittlerweile aber auch versichert. Aus dem Reservefonds seien zweimal 10 Mio. Euro zur Verfügung gestellt worden. Anlaufstelle sei die Gemeinde, die die nötigen Auskünfte gebe. Während der Aufräumarbeiten werde zunächst nicht zwischen öffentlich und privat unterschieden. Bei den Schutzmaßnahmen seien die Verantwortlichkeiten getrennt.
„Der 40. Ötztal-Rad-Marathon am Sonntag, den 29. August 2021 hat im Wipptal wieder zu erheblichen Verkehrsbehinderungen geführt“, berichtete Helmut Tauber. „Die stundenlangen Straßensperren vom Brenner bis Sterzing gingen mit erheblichen Staus einher. Die Folge war, dass zahlreiche anreisende Gäste entweder stundenlang auf die Weiterfahrt zum Urlaubsquartier warten mussten oder sogar umkehrten. Ebenso hatten am besagten Sonntag viele Restaurants, Ausflugslokale und Bergbahnen einen starken Besucherrückgang zu verzeichnen. Auf diese negativen Auswirkungen wird im Wipptal bereits seit Jahren aufmerksam gemacht.“ Tauber stellte dazu folgende Fragen: Wer genehmigt in Südtirol bzw. Italien die Durchführung der grenzüberschreitenden Großveranstaltung Ötztal Marathon? Warum werden die Interessensvertreter im Tourismus wie HGV und Tourismusvereine des Wipptales bei der Planung nicht involviert? Welche Schritte gedenkt das Land Südtirol zu unternehmen, um im kommenden Jahr 2022 beim Ötztal Marathon ein erneutes Verkehrschaos zu vermeiden? Denkt das Land Südtirol daran, einen anderen Austragungstermin und eventuell auch Streckenführung für den Ötztal Marathon anzustreben?
Da die Veranstaltung mehrere Gemeinden betreffe, werde die Genehmigung von ihm erteilt, antwortete LH Arno Kompatscher. Die Veranstalter müssten eine Reihe von Vorschriften berücksichtigen, es müsse eine Spur offenbleiben, Schließungen müssten rechtzeitig bekannt gegeben werden. Aufgrund von Beschwerden der Tourismusvereine vor Jahren, habe man mit den Veranstaltern ein Abkommen gefunden. Aber nun gebe es wieder Beschwerden. Man müsse diese Veranstaltung nicht genehmigen, man sollte vor Ort unter allen Beteiligten sprechen, ob und wie eine solche Veranstaltung tragbar sei.
„Das Land hat über die STA sieben neue Talent-3-Züge gekauft und dafür 64 Millionen Euro investiert“, bemerkte Sven Knoll. „Am 11. September 2019 wurden die Details zum Kauf der sieben neuen Züge für Süd-Tirol bekanntgegeben – die Züge sollten innerhalb von zwei Jahren in Europa gebaut werden. Ziel war es unter anderem, grenzüberschreitende Verbindungen in der Europaregion zu verstärken. Auch für die Bundesländer Vorarlberg und Tirol wurden Talent-3-Züge bestellt. Das Problem dabei: Bis heute gibt es für dieses Modell keine Zulassung der Europäischen Eisenbahnagentur. Das war auch ein Grund, weshalb man sich in Österreich nach Alternativen umgesehen und neue Züge bei Siemens bestellt hat.“ Knoll stellte dazu folgende Fragen: Was kann die Landesregierung über den Ankauf der sieben Talent-3-Züge für Südtirol berichten? Wie ist der aktuelle Stand? Wird man sich auch in Südtirol nach Alternativen umsehen? Falls ja, welche Firma bzw. welches Zugmodell kommt hierfür in Frage? Hat die Nichtzulassung Auswirkungen auf die angekündigten grenzüberschreitenden Zugverbindungen?
Das Land habe im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung 7 Züge um insgesamt 65 Mio. Euro bestellt, antwortete LR Daniel Alfreider. Als Grenzregion brauche Südtirol spezielle Züge wegen der Mehrspannungssysteme. Dafür gebe es in Europa nicht viele Hersteller. Die Rechtsabteilung lote nun Alternativen aus, auch in Absprache mit anderen Auftraggebern wie der ÖBB. Man arbeite schon seit vielen Jahren daran, das Schienennetz nach internationalen Standards auszurüsten, bei der Vinschgerbahn sei das bereits geschehen, aber auch bei den anderen Strecken möchte man auf 25 KV gehen. Allerdings würden sich die Nachbarstaaten schwer damit, ihr gesamtes Netz auf Hochgeschwindigkeitssysteme umzurüsten; es gebe auch innerhalb der Staaten unterschiedliche Systeme.
Beschlussvorschlag: Berichtigung des Haushaltsvoranschlages des Südtiroler Landtages für die Finanzjahre 2021, 2022 und 2023. Diese enthält einen Verwaltungsüberschuss von 4 Mio. Euro. Einnahmen und Ausgaben werden entsprechend angepasst, wie Präsidentin Rita Mattei erklärte.
Der Beschlussvorschlag wurde mit 25 Ja und 3 Enthaltungen angenommen.
Anschließend wurde mit der Behandlung von Anträgen der Opposition begonnen.