Stadt fordert Einhaltung der Vereinbarungen durch das Land

Bozen warnt vor Überlastung bei Obdachlosenhilfe

Mittwoch, 06. August 2025 | 08:38 Uhr

Von: luk

Bozen – In einer außerordentlichen Sitzung hat der Stadtrat von Bozen am Dienstag ein von Sozialstadträtin Patrizia Brillo eingebrachtes Memorandum zur aktuellen Obdachlosensituation in der Stadt angenommen. Hintergrund ist die wachsende Belastung der kommunalen Einrichtungen zur Unterbringung obdachloser Personen sowie Unmut über geplante Änderungen des Landes Südtirol bei der Regelung der Winternotunterkünfte.

Laut aktuellen Zahlen leben derzeit 1.134 Menschen ohne festen Wohnsitz in Bozen. Davon sind 540 Personen in von Staat, Land oder privaten Akteuren finanzierten Einrichtungen untergebracht. Weitere 174 – vor allem Mütter mit Kindern – wohnen in fünf Hotels im Stadtgebiet. Diese Unterkünfte verursachen Kosten von jährlich über drei Millionen Euro, die vollständig vom Staat getragen werden. Die Stadt selbst finanziert die Unterbringung von 215 Personen sowie von 85 saisonalen Arbeitskräften im Gebäude an der Pacinottistraße. Rund 120 Menschen leben weiterhin auf der Straße.

Kritik äußerte der Stadtrat insbesondere am Vorschlag der Landesregierung, die Zugangsvoraussetzungen für Winternotunterkünfte zu lockern. Demnach soll künftig ein vierwöchiger Aufenthalt im Stadtgebiet ausreichen, um Anspruch auf einen Schlafplatz zu erhalten – bislang waren es fünf Monate. Zudem sollen Anforderungen wie der Besitz gültiger Ausweisdokumente oder das Fehlen strafrechtlicher Verfahren entfallen. Auch eine frühere Öffnung der Notunterkünfte (ab 1. November statt 15. November) sowie eine Erhöhung der Bettenzahl von 70 auf 90 sind vorgesehen.

Der Stadtrat sieht in diesen Änderungen einen Bruch mit den zuvor gemeinsam erarbeiteten Vereinbarungen. Bürgermeister Claudio Corrarati und Stadträtin Brillo warnten vor einem „empfindlichen Ungleichgewicht“ in der Versorgung und betonten, Bozen sei nicht in der Lage, die alleinige Verantwortung für eine derart komplexe Lage zu tragen. Rund 200 Personen, die ursprünglich nur vorübergehend aufgenommen wurden, leben bis heute dauerhaft in den städtischen Einrichtungen – das erhöhe den Druck zusätzlich.

„Bozen hat stets mit Solidarität und Verantwortung gehandelt“, so Corrarati. „Aber wir sind an unseren Grenzen angekommen.“ Die Stadt bekräftigte ihre Bereitschaft, den bisherigen Verpflichtungen nachzukommen – maximal 70 Arbeiternehmer sollen in der Winternotzeit untergebracht werden, von 15. November bis 15. April. Doch man erwarte, dass auch das Land seinen Teil beiträgt.

Die Stadtregierung appellierte abschließend an die Landesregierung, die vereinbarten Rahmenbedingungen einzuhalten, gemeinsam Lösungen zu finden und für eine gerechtere Verteilung der Verantwortung zu sorgen. Auch die Lebensqualität der Bozner Bevölkerung stehe zunehmend unter Druck, betonte der Stadtrat.

Bezirk: Bozen

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