Spaltender Brennstoff für Nationalisten beider Seiten

Doppelpass versus Frieden

Donnerstag, 13. September 2018 | 09:17 Uhr

Bozen – Nach der Nachricht der „Tiroler Tageszeitung“, dass der von einer Arbeitsgruppe ausgearbeitete Gesetzesentwurf für eine Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler der Wiener Regierung vorgelegt werden solle, brauchte niemand ein Prophet zu sein, um erwartbare Reaktionen vorauszusagen.

Während die deutsche Opposition jubelte, warnten andere Stimmen – nicht zuletzt darunter Bischof Ivo Muser – davor, dass der Pass zu neuen Spaltungen in der Südtiroler Bevölkerung führen könne. Das über Jahrzehnte mühsam aufgebaute friedliche Zusammenleben riskiert, wegen eines Passes, der die Einwohner des Landes entlang ethnischer Linien in Berechtigte und Nichtberechtigte spaltet, Schaden zu nehmen.

Dabei nützen auch die Wiener Worte, dass man den Doppelpass nur im Einvernehmen mit Rom einführen wolle, nichts, um das entfachte Feuer zu löschen. In Rom und in Bozen machen längst harte Worte und Vorwürfe die Runde, wobei deutsche und italienische Nationalisten sich gegenseitig in Anschuldigungen überbieten. Aber was soll laut den Befürwortern, die sonst so wenig von Europa halten, am Doppelpass so „fortschrittlich“ und „europäisch“ sein? Er macht im Prinzip die einen zu „richtigen Südtirolern“ und die anderen zu „weniger echten Südtirolern“. Kein Wunder, dass die Wogen hoch gehen.

APA/HANS KLAUS TECHT

Ein Blick auf die iberische Halbinsel könnte Grund zur Warnung sein. Nach dem heißen katalanischen Unabhängigkeitsherbst 2017, bei dem vor einem Jahr spanischer Staat und katalanische Regionalregierung zusammenstoßen sind und der zur zeitweiligen Aufhebung der Autonomie geführt hat, stehen 2018 die Zeichen erneut auf Sturm. Befürworter als auch Gegner des Doppelpasses beobachten genau, wie es in Madrid und Barcelona weitergeht. Tatsache ist, dass in Katalonien die Bevölkerung längst bis in die Familien hinein gespalten ist. Dazu trägt nicht zuletzt der katalanische Präsident Quim Torra, der nichts weniger als den Hass auf Spanien und alles Spanische predigt, bei. Dabei ist Spanisch die Muttersprache der Hälfte der Einwohner.

Wollen wir einmal dorthin abrutschen, wo Spanien und Katalonien bereits heute sind? Dorthin wo sich Demos und bereits erste Gewalttaten einander ablösen?Doppelpass hin oder her: Wir riskieren, das zu verlieren, was uns am teuersten sein sollte, nämlich den Frieden.

Von: ka

Bezirk: Bozen