Von: luk
Bozen – Im Landtag fand heute eine Debatte zum U-Ausschuss statt. Vor Beginn der Arbeiten erklärte Sven Knoll als Antwort auf die gestrige Stellungnahme von Landeshauptmann Arno Kompatscher zum Untersuchungsausschuss und in persönlicher Angelegenheit, dass er es anders als kolportiert nicht für ein Schuldeingeständnis halte, wenn jemand einen Anwalt einschalte.
Zur Stellungnahme Kompatschers zum Untersuchungsausschuss forderte Brigitte Foppa die Gelegenheit zur Debatte.
Präsident Josef Noggler erklärte, dass für diese Sitzung nur eine Stellungnahme des Landeshauptmanns gefordert wurde. Alles weitere müsse im Untersuchungsausschuss besprochen werden, das Plenum könne diesen nicht bevormunden. Man habe von Anfang an gewusst, dass das Erscheinen vor dem Ausschuss freiwillig ist. Noggler mahnte, die Stellungnahmen auf eventuelle Richtigstellungen zu beschränken.
LH Kompatscher habe gestern in seiner Stellungnahme auch einzelne Mitglieder des Ausschusses angesprochen und den Ausschuss insgesamt kritisiert, antwortete Foppa, daher sollte es Gelegenheit zur Replik geben. Der Landeshauptmann habe gesagt, dass der Ausschuss nicht fair gewesen sei, das könne man nicht so stehen lassen. Es wäre fair gewesen, wenn der Landeshauptmann dem Ausschuss mitgeteilt hätte, ob er zur Aussage komme oder nicht. Es sei auch eine Unterstellung, dass man aus dem Ausschuss politisches Kapital schlagen wolle.
Franz Ploner wies darauf hin, dass der Ausschuss gemeinsam die Liste der Anzuhörenden erstellt und die Landesregierung frühzeitig eingeladen habe. Man habe später noch einmal nachgehakt, aber nur von einem Landesrat eine Antwort erhalten. Eventuelle Freistellungen zur Aussage würden nur die Angestellten betreffen, aber nicht die Politiker. Es gehöre zur guten Stube, dass man sich abmelde, aber das sei nicht geschehen. Der Ausschuss habe sich sehr wohl an die Vorgaben der Geschäftsordnung gehalten.
Es gehe nicht nur um Etikette, sondern um Politik, meinte Alessandro Urzì. Es gehe um das Verhältnis zwischen Mehrheit und Opposition, das bestimmten Prinzipien folgen sollte. Es gehe nicht an, dass eine Seite sich der demokratischen Auseinandersetzung verweigere. Der Präsident müsse hier einschreiten.
Riccardo Dello Sbarba sprach von der Notwendigkeit, einen Ausweg aus diesem Patt zu suchen. Er erinnerte daran, dass auch in der Vergangenheit Untersuchungsausschüsse während laufender Ermittlungen tätig waren, so z.B. zum WOBI. Vorsitzender Pichler Rolle habe sich damals auch mit der Staatsanwaltschaft abgesprochen. Es gehe nicht an, dass die Mehrheit einen Untersuchungsausschuss unter Lockdown stelle.
Die Arbeit einer Untersuchungskommission bewerte man nicht nach der ersten Äußerung an die Presse, sondern nach ihrem Abschlussbericht, meinte Carlo Vettori. Der Antrag der Mehrheit auf Aussetzung der Arbeiten sei sinnvoll, damit der Ausschuss die Ergebnisse der gerichtlichen Ermittlungen abwarten könne.
Der Ausschuss sei verpflichtet, die Vorgänge zu untersuchen und zu bewerten, meinte Andreas Leiter Reber. Wenn die Mehrheit die Aussetzung durchsetze, dann nehme sie dem Ausschuss die Möglichkeit, seiner Pflicht nachzukommen.
Gert Lanz erinnerte daran, dass man am 24. Juni das Schreiben des Landeshauptmanns bekommen habe. Einen Tag vor der Anhörung am 26. habe er beantragt, im Ausschuss zu besprechen, ob man mit den Arbeiten weitergehen wolle. Sein Antrag sei aber nicht besprochen worden. Stattdessen habe man auf die Mitglieder der Landesregierung gewartet. Zudem sei das Gutachten des Rechtsamts, auf das der Landeshauptmann verwiesen habe, lächerlich gemacht worden. Der Ausschuss habe übrigens beschlossen, die Liste der Anzuhörenden nicht zu veröffentlichen, aber am Vortag der Anhörung sei öffentlich mitgeteilt worden, dass die Mitglieder der Landesregierung angehört würden.
Sandro Repetto dankte LH Kompatscher für seine gestrige Stellungnahme. Nun habe man Klarheit darüber, wie die Landesregierung mit diesem und künftigen Untersuchungsausschüssen verfahren wolle: alles aussetzen, solange es Ermittlungen gebe. Besser wäre ein Dialog zwischen Mehrheit und Opposition.
Sven Knoll bat um eine rechtliche Klärung durch das Präsidium zur Frage, ob Mitglieder der Landesregierung vor einem Landtagsausschuss die Aussage verweigern können. Präsident Noggler kündigte ein entsprechendes Gutachten an.
LH Arno Kompatscher bat darum, der Landesregierung nicht zu unterstellen, dass sie nicht auf Fragen antworten wolle.
Die Arbeiten wurden auf Antrag von Paul Köllensperger für eine Beratung unter den Oppositionsfraktionen für eine halbe Stunde unterbrochen.
Anschließend fand eine Aussprache zwischen Opposition und Landeshauptmann statt.
Um 12.25 Uhr wurde mit der Behandlung von Beschlussanträgen fortgefahren.
Beschlussantrag Nr. 220/19: Förderung von Energiespeichersystemen (eingebracht vom Abg. Nicolini am 20.12.2019). Der Antrag war bereits im Jänner andiskutiert worden. Nicolini hat inzwischen eine neue Fassung vorgelegt: Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. sich dafür einzusetzen, dass die Anbringung von Speichersystemen zwecks Gründung von Energiegenossenschaften gefördert wird, mit dem Ziel, die Stromabnehmer dazu zu bewegen, als aktive Konsumenten bzw. Energiegemeinschaften tätig zu werden; 2. zu überprüfen, ob das derzeitige Fördersystem erneuerbarer Energiequellen den von der Europäischen Gemeinschaft festgelegten Prioritäten in Bezug auf Verbrauch, Speicherung und Verkauf von erneuerbaren Energien als Einzelpersonen oder Energiegemeinschaften entspricht; 3. zu überprüfen, ob es zweckmäßig wäre, die Energy Service Companies (ESCo) als finanzielles und technisches Instrument bekannter zu machen, damit der durch Energiegemeinschaften hergestellte Anteil aus erneuerbaren Energiequellen rasch umgesetzt wird.
“Einige jüngste Veröffentlichungen der EURAC zeigen, dass in diesem Bereich mehr öffentliche Förderungen notwendig sind”, erklärte Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung). “Es scheint extrem schwierig, die Ziele für Photovoltaik-Strom zu erreichen: Gemäß der EURAC-Studie gäbe es einen Jahresbedarf von sieben MW, mangels Förderungen habe sich der Markt jedoch auf 1,5-2 MW eingependelt, obwohl es in Südtirol ausreichend Potenzial für Photovoltaik-Strom gäbe. Diese Angaben könnten darauf hinweisen, dass es bei der Ausschreibung zu den PV-Systemen, bei der 65 Prozent der Kosten gefördert werden dürfen, noch zusätzlicher Anstrengungen bedarf. Der Vorschlag, die Energiespeichersysteme zugänglicher zu machen verfolgt also zwei Ziele: Erstens soll der Verbrauch von Strom aus Eigenerzeugung gesteigert und zweitens die Netzstabilität gefördert werden, indem die Gesamtmenge an erzeugtem Strom erhöht wird.”
Peter Faistnauer (Team K) sah im Antrag einen guten Ansatz, um die Erzeugung von umweltfreundlichem Strom zu fördern. Er fragte, wie hoch ein entsprechender Fonds ausgestattet sein könnte.
Hanspeter Staffler (Grüne) bezeichnete den Landesklimaplan von 2011, auf den sich der Antrag auch beziehe, als überarbeitungsbedürftig und fragte nach dem Stand der Arbeiten. Speichersysteme seien ein wichtiges Thema, auch wenn sie technisch noch nicht ganz ausgereift seien.
Gert Lanz (SVP) fragte, inwieweit ein Speichersystem Auswirkungen auf den Energiekonsum habe, ob sie zu einem sinnvolleren Umgang mit Energie führe. Man sollte viel mehr in die Sensibilisierung investieren.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) wies darauf hin, dass auch Wasserstoff ein Energiespeicher sein könne, und bat die Landesregierung um entsprechende Informationen über den Stand der Dinge.
LR Giuliano Vettorato teilte das Anliegen des Antrags. Man sei für die Förderung von Speichersystemen, damit der Strom eingesetzt werden könne, wenn er gebraucht werde. Bei dieser Förderung wolle man sich an nationale und europäische Programme anlehnen. Der neue Klimaplan, der dem Landtag nach der Sommerpause vorgelegt werde, ziele auf eine weitere Abkehr von fossilen Brennstoffen ab. Wasserstoff könne Energie speichern, und das habe sich die Landesregierung bereits zum Ziel gesetzt, zum einen mit dem Wasserstoffprojekt für Autos, zum anderen mit einem Projekt der Umweltagentur zur Energiespeicherung, unter anderem zur Versorgung von Häusern. Ein Pilotprojekt könne der Techpark Bruneck sein.
Diego Nicolini verwies auf die Verbreitung von Energiegenossenschaften in Deutschland. Wasserstoff sei sinnvoll, wenn es um größere Energiemengen gehe.
Der Antrag wurde einstimmig angenommen.
Beschlussantrag Nr. 137/19: Ausarbeitung eines Einheitstextes zu den Dienstleistungen im Bereich der Kleinkinderbetreuung (eingebracht vom Abg. Repetto am 19.07.2019). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, einen Einheitstext zu den Diensten im Bereich der Kleinkindbetreuung auszuarbeiten, in welchem die in den letzten Jahren mehrfach abgeänderten und ergänzten Bestimmungen gesammelt und geordnet werden. Der Einheitstext wird durch eine Gruppe von Experten ausgearbeitet, welche aus Vertretern des Landes und Fachleuten des Gemeindeverbandes bestehen könnte.
“Die Kleinkindbetreuung ist heutzutage von ausschlaggebender Bedeutung, will man den Bürgerinnen und Bürgern die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie im alltäglichen Leben ermöglichen”, erklärte Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten). Südtirol habe hier mit Kinderhorten, Kindertagesstätten und Tagesmutterdiensten ein vielfältiges Angebot. Dazu gebe es eine Reihe von Bestimmungen, die auch öfters geändert worden seien. “All dies hat zu einem Problem hinsichtlich der Kontinuität der Diensterbringung geführt, was unter den Bürgerinnen und Bürgern zur Verwirrung führen kann, da das diesbezügliche Angebot unübersichtlich ist. Zudem gibt es unterschiedliche Zuständigkeiten in Bezug auf die Verwaltung der Dienste im Bereich der Kleinkindbetreuung: Die Gemeinden sind für Kinderhorte und Kindertagesstätten zuständig (die Stadt Bozen hat deren Verwaltung auf den Betrieb für Sozialdienste übertragen), während das Land derzeit für die Tagesmütterdienste verantwortlich ist – in Zukunft sollen auch Letztere auf die Gemeinden übergehen.”
Auch Maria Elisabeth Rieder (Team K) sah die Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung. Man sollte aber weiterdenken und das gesamte Angebot bis zum Alter von 14 Jahren berücksichtigen. Insgesamt würden sich vier Assessorate darum kümmern, mit unterschiedlichen Angeboten, was nicht auf einen sparsamen Umgang mit Ressourcen hindeute.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) plädierte ebenfalls für eine Einheitsregelung, auch um den Ämtern mehr Sicherheit zu gewährleisten. Die Unterschiede hätten aber auch einen Grund in der Sache, in den Unterschieden zwischen den verschiedenen Betreuungsangeboten.
Den Einheitstext habe man im Grunde schon mit dem Familienförderungsgesetz, meinte Magdalena Amhof (SVP). Die Diversität brauche es, und sie werde im Gesetz definiert. Es wäre nicht richtig, alles zu vereinheitlichen, das ginge zu Lasten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Die Debatte wird am Nachmittag wieder aufgenommen.