Beschlussantrag lässt Initiativgruppe hoffen

Der Brixner Gemeinderat befasst sich mit dem Auwald in der Industriezone

Donnerstag, 28. November 2019 | 08:59 Uhr

Brixen – Diesen Freitag tagt der Brixner Gemeinderat mit Beginn um 18.00 Uhr im Forum im Regensburgersaal. Auf der Tagesordnung steht auch ein Beschlussantrag von Gemeinderat Egon Gitzl, der Maßnahmen zur Erhaltung des Auwaldes in der Brixner Industriezone vorsieht.

Bekanntlich hat das Brixner Unternehmen Progress diese Waldfläche gekauft und möchte darauf Industriegebäude errichten.

Im Vorfeld hat die Initiativgruppe „SOS Auwald Brixen“ ein Schreiben an alle Gemeindevertreter gerichtet und darin auf den besonderen Wert dieses letzten großen Auwaldes des Eisacktales hingewiesen.

Der Initiative „SOS Auwald Brixen“ gehören Franz Pattis (Initiative für ein lebenswertes Brixen), Luigi Mariotti (WWF), Petra Steiner und Martin Hilpold (Artenschutzzentrum St. Georgen/Biodiversität Südtirol), Fabio Volpotti (Legambiente) und Elisabeth Brunner (Umweltgruppe Olang) an.

Es folgen Auszüge aus dem Schreiben an den Gemeinderat im Wortlaut:

Mittlerweile stehen am südlichen Rand des Auwaldes bereits neue Industriegebäude. Wie Sie sicherlich aus den Medien erfahren haben, soll nun auch das verbliebene ca. 2 Hektar große Waldstück zum Zwecke der Erweiterung der Industriezone gerodet werden. Damit der als Trinkwasserschutzgebiet der Klasse 1 und 2 ausgewiesene Auwald in Gewerbezone umgewidmet werden kann, müssen Ausgleichsflächen gefunden werden. Damit beauftragt wurde die Umweltgruppe Eisacktal. Leider schweigt diese seither und setzt sich nicht mehr für den Erhalt dieses sehr wertvollen Lebensraumes ein.

Daher ersuchen wir Sie nun, aus folgenden Gründen, für den Erhalt dieses letzten größeren Auwaldes im Eisacktal … einzutreten und einer Umwidmung in Gewerbezone nicht zuzustimmen:

·         Durch die Rodung dieses Auwaldes wird den dort gezählten 64 teils vom Aussterben bedrohten Vogelarten der Lebensraum bzw. ihr Brutgebiet genommen, wie z.B. der Nachtigall, deren Bestand in den letzten zwei Jahrzehnten in Südtirol dramatisch zurückgegangen ist, durch weitere Verluste an Auwaldflächen, Entfernung von uferbegleitenden Gehölzen und des strauchreichen Unterholzes in den Laubwäldern (Arbeitsgemeinschaft für Vogelschutz- und Vogelkunde 2017).

·         Dieser Auwald wird in dem von der Gemeinde Brixen mitgetragenen Projekt StadtLandFluss auf Seite 16, Absatz 2.2. Ökologie, folgendermaßen beschrieben: „Es sind noch Reste ehemaliger Flusslebensräume vorhanden, durch welche sich ein relativ hohes ökologisches Potenzial ergibt. Allerdings werden die für das Überleben von Populationen notwendigen Mindestflächen bereits vielfach unterschritten“, siehe auch: (http://www.provinz.bz.it/sicherheit-zivilschutz/wildbach/downloads/slf__produkt_Laienbericht_DE.pdf). Der Auwald ist einer der letzten Reste der ehemaligen Flusslebensräume und beherbergt gefährdete Tierpopulationen. Man kann daher jetzt nicht hergehen und diesen Auwald roden!

·         Weiters steht im programmatischen Dokument des Bürgermeisters (2015-2020) auf Seite 9: „Der Schutz unserer Umwelt ist für uns von zentraler Bedeutung. Deshalb wollen wir mit unseren landschaftli-chen Ressourcen spar- und sorgsam umgehen“, siehe auch: (https://www.brixen.it/documents/Programmatische%20Dokumente/Programmatisches%20Dokument%202015-2020.pdf)

·         In der Biodiversitätsstrategie der EU bis 2020 steht unter Ziel 2, Maßnahme 7: „es darf nicht zu Nettoverlusten an Biodiversität und Ökosystemen durch Entschädigungs- oder Ausgleichsregelungen kommen“.

·         In den Medien wurde letzthin berichtet, dass es sich beim Brixner Auwald nicht um einen Auwald handelt und dies falsch verbreitet werde. Die Fakten dürfen jedoch nicht ignoriert werden: In der Waldtypisierung Südtirols, der Karte der aktuellen Vegetation Südtirols und beim Projekt StadtLandFluss ist die Fläche jeweils als Auwald und nicht irgendein anderer Waldtyp eingetragen worden. Der Auwald ist über das Grundwasser mit dem Eisack verbunden, wie fast alle Schwarzerlenauwälder des Vinschgaues. Im Auwald in der Industriezone wachsen einige charakteristische Arten der Hartholzauwälder (Ulme, Ahron) neben den Schwarzerlen und Pappeln, welche die Baumschicht des Waldes prägen. Schilf im nordöstlichen Teil (siehe Anlage Foto) des Auwaldes bezeugt, dass der Auwald sehr gut mit Wasser versorgt ist.

·         Das Landesgesetz (Naturschutzgesetz) vom 12. Mai 2010, Nr. 6 schützt Auwälder. Art. 17 besagt: „Es ist verboten, Ufervegetation oder Auwald zu roden oder auf sonstige Weise zu zerstören“.

·         Landesrätin HOCHGRUBER KUENZER ist ebenfalls bekannt, dass es sich bei diesem Waldstück um einen wertvollen und gesetzlich geschützten Lebensraum handelt und dass der Wald durch das Naturschutzgesetz geschützt ist (http://www2.landtag-bz.org/documenti_pdf/idap_577729.pdf). In diesem Zusammenhang sollte in Erinnerung gerufen werden, dass der Auwald 2015 auch ökologisch aufgewertet wurde (http://www.provinz.bz.it/informatik-digitalisierung/breitband/aktuelles.asp?news_action=4&news_article_id=520195).

·         Gemäß Art. 52 des Dekretes des Landeshauptmannes vom 21. Jänner 2008, Nr. 6, dürfen bestehende Auwälder entlang von Fließgewässern, die sich auch über den Schutzstreifen ausdehnen, nicht verkleinert werden. Zudem sind Auwälder sehr seltene Waldtypen in Südtirol und nehmen nur 0,6 % der gesamten Waldfläche unseres Landes ein.

·         Die Ausgleichsmaßnahme bzw. die Erweiterung der Millander Au, kann niemals einen über Jahrhunderte gewachsenen Auwald ersetzen. Ein Wald ist mehr als nur Bäume und ein Feuchtgebiet ist mehr als eine Grube mit Wasser. Ein bestehender Auwald mit alten und monumentalen Bäumen, die sich dort natürlich angesiedelt haben, mit einer ausgeprägten Strauch- und Krautschicht und den zahlreichen biotopspezifischen Tieren, kann nicht ersetzt werden.

·         Bei Neuanlagen von Lebensräumen besteht zudem die Gefahr der weiteren Ausdehnung von invasiven Pflanzenarten wie des Indischen Springkrauts, das sich in der renaturierten Millander Au bereits vermehrt hat. Es ist auch wissenschaftlich nachgewiesen worden, dass sich durch künstliche Störungen mit Baggern bei Renaturierungen invasive Pflanzenarten weiter ausdehnen. Es gilt daher zuallererst zu schützen, was noch da ist zu schützen (O-Ton des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz Südtirol). Gerade in Bezug auf die Biodiversität muss die Problematik der invasiven Tier- und Pflanzenarten vergegenwärtigt werden. Die Biodiversitätsstrategie der EU sieht die Bekämpfung der Arten vor, jedoch werden diese Arten auch durch Renaturierungen und Neuanlagen von Lebensräumen gefördert. Der Schutz von bestehenden Auwäldern ist einer Neuanlage vor dem Hintergrund der Problematik der invasiven Neophyten unbedingt vorzuziehen.

·         Brixen erhielt zudem im Jahre 2012 den Euregio Umweltpreis und wurde 2018 als Alpenstadt des Jahres für eine naturverträgliche Entwicklung geehrt. Daher erwarten wir uns auch eine gewisse Konsequenz, ansonsten sind diese Auszeichnungen nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben sind!

·         Weiters ist es absolut nicht vertretbar, in Zeiten des extremen Klimawandels einen Auwald zu roden. Bäume und Wälder spielen eine sehr große Rolle im Klimaschutz, denn bei der Rodung wird der gespeicherte Kohlenstoff in die Atmosphäre freigesetzt.

·         Brixen wurde unlängst vom nationalen Umweltinstitut ISPRA für den größten Flächenverbrauch aller Südtiroler Gemeinden in den Jahren 2016/2017 „geehrt“. Die Rodung des Auwaldes wäre Brixens Ruf alles andere als zuträglich!

Von: mk

Bezirk: Eisacktal