Das Swift-Konzert im Happel-Stadion wurde kurzfristig abgesagt

Deutsche Anklage zu Terrorplänen gegen Wiener Swift-Konzert

Freitag, 27. Juni 2025 | 15:48 Uhr

Von: APA/Reuters

Im Zusammenhang mit einem mutmaßlich verhinderten Anschlag auf ein am 9. August 2024 geplantes Konzert der Pop-Diva Taylor Swift im Wiener Ernst-Happel-Stadion hat die deutsche Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe Anklage gegen einen möglichen Komplizen des Hauptverdächtigen Beran A. erhoben, der sich in Wien in U-Haft befindet. Das bestätigte Behördensprecherin Ines Peterson der APA. Der Jugendliche soll Beran A. an bei den Anschlagsvorbereitungen unterstützt haben.

Konkret soll der 15-Jährige – ein gebürtiger Syrer, der in Brandenburg lebt – seit Mitte Juli 2024 in intensivem Austausch mit Beran A. gestanden sein. Bis zu dessen Festnahme soll er für den 20-jährigen Niederösterreicher unter anderem eine Bombenbauanleitung aus dem Arabischen übersetzt und über das Internet Kontakt zu einem IS-Mitglied im Ausland hergestellt haben. Der in Ternitz im Bezirk Neunkirchen gemeldete Beran A. soll von dem jungen Syrer außerdem eine Textvorlage für einen IS-Treueschwur erhalten haben, den der 20-Jährige dann dazu verwendete, um sich sozusagen offiziell der radikalislamischen Terror-Miliz anzuschließen. Beran A. postete ein Video mit dem Treueschwur auf den IS online.

Anklage gegen 15-Jährigen in Berlin eingebracht

Die Anklage gegen den Syrer sei bereits am 17. Juni beim Staatsschutzsenat des Kammergerichts Berlin eingebracht worden, sagte Peterson. Der Bursch wird sich wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland und wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu verantworten haben. Er soll spätestens seit April 2024 der IS-Ideologie verhaftet gewesen sein.

Der junge Syrer befindet sich auf freiem Fuß, was an seinem sehr jungen Alter und den “besonderen Umständen” liegt, wie Peterson der APA erläuterte. Es liege eine “geringe Tatzeit” vor. Der 15-Jährige stehe außerdem nicht im Verdacht, “selber Hand angelegt zu haben”. Es gebe keinen Hinweis, dass der Jugendliche je eine Mitwirkung an der Umsetzung von Anschlagsplänen angedacht gehabt hätte. Er weise weiters “ein sehr gefestigtes familiäres Umfeld” auf, weshalb eine Inhaftierung in Abwägung aller zu berücksichtigenden Umstände bislang nicht verhältnismäßig erschienen sei.

15-Jähriger nur in virtuellem Kontakt mit Beran A.

Sowohl Peterson als auch die Staatsanwaltschaft Wien erklärten auf APA-Anfrage übereinstimmend, der 15-Jährige hätte nur virtuellen Kontakt zu Beran A. gehabt. Persönlich getroffen dürften sich die beiden nie haben.

“Wir haben uns im Rechtshilfeweg von den deutschen Kollegen die Unterlagen zu dem in Deutschland lebenden Verdächtigen beschafft”, meinte Judith Ziska, Sprecherin der Wiener Anklagebehörde, Freitagmittag im Gespräch mit der APA. Die Erkenntnisse der deutschen Ermittler und vor allem die Angaben des 15-Jährigen seien “wesentlich für unser Verfahren”.

IS-Netzwerk um Beran A. evident

Mit dem jungen Syrer zeigt sich immer deutlicher, dass Beran A. ein mehrköpfiges IS-Netzwerk um sich gebildet hatte. Seit dem späten Frühjahr 2023 hatte er engen Kontakt mit den gleichaltrigen mutmaßlichen IS-Anhängern Hasan E., einem im Bezirk Neunkirchen lebenden jungen Mann, und Arda K., einem in Wien gemeldeten Slowaken. Die drei sollen ab Februar 2024 Anschläge in Mekka, Dubai und Istanbul geplant gehabt haben, die zeitgleich zu Beginn des Fastenmonats Ramadan am 11. März 2024 durchgeführt hätten werden sollen.

Der Slowake hätte den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien zufolge das Attentat in Istanbul übernehmen sollen, setzte das aber nicht in die Tat um. Er flog am 4. März 2024 nach Istanbul, wohin sich Hasan E. bereits begeben hatte. Nachdem die beiden einige Tage dort verbracht, Sehenswürdigkeiten besichtigt und Parfums gekauft hatten, kehrte Arda K. nach Wien zurück, während Hasan E. am 7. März nach Mekka weiterreiste.

Dort verübte der junge Niederösterreicher tatsächlich ein Attentat, indem er mit einem auf einem Markt gekauften Messer vor der Al-Haram-Moschee fünf Personen niederstach und teilweise lebensgefährlich verletzte. Hasan E. wurde festgenommen und von den saudi-arabischen Behörden inzwischen in neun Punkten angeklagt. Nach APA-Informationen war der 20-Jährige zuletzt im saudi-arabischen Hochsicherheitsgefängnis Dhahban untergebracht, einer Einrichtung für 7.500 Insassen, in der sich politische Gefangene, aber auch Anhänger des IS und anderer Terrororganisationen befinden. Die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch hatten wiederholt von Übergriffen auf Inhaftierte und Folterungen berichtet, was die saudi-arabischen Behörden bestreiten.

Ermittlungen gegen Beran A. noch im Laufen

Beran A., dem innerhalb des IS-Trios der Anschlag in Dubai zugedacht gewesen war, setzte das Vorhaben ebenfalls nicht um. Er kehrte unverrichteter Dinge nach Ternitz zurück und dürfte sich mit Sommerbeginn 2024 seinen Anschlagsplänen gegen die dreitägige Konzertreihe von Taylor Swift im Happel-Stadion gewidmet haben. Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) bekam dank eines ausländischen Partnerdiensts rechtzeitig davon Wind und nahm Beran A. am 7. August fest.

“Die Ermittlungen gegen Beran A. und Arda K. sind noch im Laufen. Beide befinden sich in U-Haft”, teilte Staatsanwaltschaft-Sprecherin Ziska mit. Bei Beran A. würden “laufend weitere Auswertungen seiner Cloud-Daten” das bereits umfangreiche Beweismaterial ergänzen, sagte Ziska.

Anklage und Prozesstermin für weitere IS-Bekanntschaft von Beran A.

Indes gibt es bereits eine rechtskräftige Anklage und einen Prozesstermin für eine weitere IS-Bekanntschaft von Beran A. Der 18-jährige Luca K. war am selben Tag wie Beran A. festgenommen worden – er hätte im Vorfeld der Swift-Konzertreihe beim Bühnenaufbau im Happel-Stadion mithelfen sollen und galt zunächst als möglicher Komplize des Hauptverdächtigen bei dessen terroristischen Absichten.

Eine direkte Beteiligung an Anschlagsplänen gegen “Swifties”, wie die Anhängerinnen und Anhänger von Taylor Swift genannt werden, ist der 21-seitigen Anklage nicht zu entnehmen, über die am 25. Juli am Landesgericht Wiener Neustadt verhandelt wird und die der APA vorliegt. Luca K. hielt jedoch engen Kontakt mit Beran A. und teilte mit diesem laut Anklage eine radikalislamistische, den IS verherrlichende Gesinnung. So riet er Anfang April 2024 dem Älteren, eine bestimmte Moschee nicht aufzusuchen, weil diese “westliche Werte wie Wahlen und Polizei” erlauben würde, wie in der Anklageschrift ausgeführt wird.

Am 30. Juni verbrachte der damals 17-Jährige Zeit mit Beran A. und filmte diesen bei einer gemeinsamen Autofahrt, wobei Beran A. ein Messer mit dem IS-Symbol in der Hand hielt. Das mit einem Nasheed (islamischen Sprechgesang, Anm.) unterlegte Video übermittelte Luca K. später seinem älteren Freund. Dadurch hätte er Beran A. “in dessen Entschluss, sich weiter als Mitglied des IS zu beteiligen” bestärkt, wirft die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt dem im Bezirk Neunkirchen gemeldeten Österreicher vor.

Treueeid auf IS-Kalifen abgelegt

Luca K. soll mit einem weiteren IS-Anhänger im Juni 2024 in Wien-Meidling einen Treueeid auf den aktuellen Kalifen des IS abgelegt haben. Dieser mutmaßliche IS-Anhänger – ein 18-Jähriger – muss sich am kommenden Montag wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation am Wiener Landesgericht verantworten. Beim Ablegen des Eids nahm Luca K. die Pose des Wien-Attentäters vom 2. November 2020 ein, in dem er ein Messer in der einen und eine Pistole in der anderen Hand hielt und beide Arme vor der Brust kreuzte.

Mit den Vorwürfen der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation sieht sich drei Wochen später Luca K. in der Verhandlung in Wiener Neustadt konfrontiert. Er soll umfangreiches IS-Propagandmaterial besessen und verbreitet haben. “Mein Mandant sitzt seit fast einem Jahr in Haft und das großteils als Jugendlicher für eine Tat, die er augenscheinlich nicht geplant hat und die jetzt auch nicht angeklagt wurde”, meinte Michael Dohr, der Verteidiger des 18-Jährigen, unter Anspielung auf die dem jungen Mann ursprünglich unterstellte Beteiligung an den Swift-Terrorplänen. Weiters hielt Dohr fest: “Unter diesem Gesichtspunkt ist eine Absage der Swift-Konzerte unverständlich, denn es drohte keine Gefahr, soll er doch der Grund für die Absage gewesen sein, weil er am Bühnenaufbau mitarbeitete. Auch der amerikanische Geheimdienst liegt nicht immer richtig.”

Nächsten Mittwoch steht indes eine 2009 geborene Jugendliche aus dem Bezirk Baden wegen terroristischer Vereinigung vor dem Landesgericht Wiener Neustadt. Sie soll mit Luca K. in Kontakt gestanden sein und über einen Messengerdienst radikal-islamistische und IS-verherrlichende Inhalte versendet haben – darunter eine Nachricht, dass sie einen Anschlag machen wolle und sich dafür bereit fühle. Außerdem soll sie IS-Videos auf TikTok geteilt haben. Als Tatzeitraum gilt Juli bis Oktober 2024.

Kommentare

Aktuell sind 0 Kommentare vorhanden

Kommentare anzeigen