Von: luk
Bozen – Der Bozner Gemeinderat Rudi Benedikter von den Grünen kritisiert Stadtrat Luis Walcher. Das Landschaftsschutzgesetz werde verwässert.
Wie alle anderen Gemeinden Südtirols ist auch Bozen aufgerufen, seine Stellungnahme zum Beschluss der Landesregierung Nr. 822/2022 zum „Landschaftsleitbild Südtirol – Übergangsbestimmungen betreffend die Regelungen verschiedener Bautätigkeiten in Natur- und Agrargebieten“ abzugeben.
“De facto will dieser Beschluss landesweit die Baurechte auf Natur- und Agrarflächen weiter ausbauen, die Bodenversiegelung weiter vorantreiben, generell den Anthropisierungsdruck und den Arten- und Lebensraumverlust erhöhen. Eine Politik der Nachhaltigkeit und ein kohärenter Klimaschutz sind in diesem Beschluss nicht zu erkennen. Vielmehr werden bisherige Instrumente und Strategien verwässert”, so Benedikter.
“Dieser Linie folgt nun, für die Gemeinde Bozen, auch Urbanistikstadtrat und Bauernbundkandidat Luis Walcher, der uns Mehrheitsparteien nun den Entwurf des pareres des Bozner Stadtrates vorlegt. Diese Stellungnahme ist schlichtweg skandalös: Sie zielt darauf ab, die zentrale Norm des Landesgesetzes für Raum und Landschaft aufzuweichen und den Landschaftsschutz de facto zu einem zahnlosen Tiger zu machen”, bemängelt der Gemeinderat und fährt fort.
Unsere zentrale Kritik gilt dabei dem Art. 2 in Walchers Text, der einen Frontalangriff auf die Kernsätze des Landesgesetzes für Raum und Landschaft (LG 18/2018) und des Dekretes des Landeshauptmanns Nr. 17/2020 darstellt. Das Landesgesetz formuliert klipp und klar in Art. 17(Abs:2) den GRUNDSATZ DER EINSCHRÄNKUNG DES BODENVERBRAUCHES – und überträgt den verschiedenen Durchführungsverordnungen die Festlegung der Anwendungsrichtlinien. Dies geschieht u.a. mit dem gegenständlichen Dekret des Landeshauptmannes Nr. 17/2020, dessen Art. 4 den Gemeinden(!) ein Katalog von 14 verbindlichen Vorgaben zur Minimierung von Bodenversiegelung vorgeschrieben, Beispiele: „Minimierung der Bodenversiegelung“, die „Erhaltung ökologisch wertvoller Bestandbäume“, die „Dach- Mauer und Fassadenbegrünungen“, „die Ausstattung von Parkplätzen mit wasserdurchlässigen Belägen“ (um nur einige konkrete Vorgaben zu nennen)
Nun will Stadtrat Walcher mit Artikel 2 seiner Stellungnahme, dass die Richtlinien zur Einschränkung des Bodenverbrauches nicht länger verbindliche Vorgaben für Einzelmaßnahmen sein sollen, sondern als „grundsätzlich programmatische Aussagen“„ eingestuft werden sollen. Ein eklatanter Widerspruch zu den zitierten Rechtsnormen! Und dazu er verkauft diese Aufweichung sogar als eine „ausgewogene Haltung zwischen den Interessen des Landschaftsschutzes und den heutigen Erfordernissen zusätzlicher baulicher Entwicklungsmöglichkeiten.“
In Wirklichkeit würden hier die Interessen des Landschafts-, Umwelt- oder Klimaschutzes grandios missachtet – und das „Landschaftsleitbild Südtirol selbst missbraucht:
“Laut Art. 46 des Landesgesetzes für Raum und Landschaft ist es keineswegs Aufgabe des Landschaftsleitbildes, Baumöglichkeiten auf Natur und Agrarflächen zu schaffen: „Das Landschaftsleitbild (…) legt die Entwicklungsziele auf Landesebene fest sowie die Maßnahmen für deren Erreichung in Hinsicht auf Schutz, Aufwertung und Entwicklung von Natur und Landschaft bezogen auf die verschiedenen Landschaftseinheiten Südtirols. Das Landschaftsleitbild legt verbindliche Vorgaben und die Mindestinhalte für die Landschaftspläne fest.“ Nur über den Landschaftsplan auf Gemeindeebene kann gewährleistet werden, dass konkrete natürliche Gegebenheiten vor Ort durch die Festlegung „angemessener Qualitätsziele“ und darauf aufbauender „spezifischer Schutzbestimmungen und Nutzungsvorschriften“ Beachtung finden.
Zugleich widersprechen sowohl der Beschluss der Landesregierung als auch Walchers hier kritisierte Stellungnahms(entwurf) den Zielsetzungen des Klimaplans 2040, der unter Punkt 6.13. („Aktionsfeld „Resilienz und Anpassung“) als Ziel die Halbierung der Nettoneuversiegelung bis 2030 und die Nettoneuversiegelung bei null bis 2040 vorgibt (Beschluss der Landesregierung Nr. 606 vom 30.08.2022)”, schildert Benedikter. Dabei stehe im Klimaplan: „Klimaneutralität ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung und als solche eine Querschnittsmaterie über viele Ressorts und gesellschaftliche Akteure hinweg. Viele Planungsinstrumente sind klimarelevant und müssen abgestimmt und koordiniert werden … Aufgabe der Politik ist es aber auch, klare Regeln zu definieren und deren Einhaltung im längerfristigen Interesse der Bevölkerung – notfalls auch im Gegensatz zu Partikularinteressen einzelner Gruppen – durchzusetzen“.
“Schon aus diesem zentralen Grund wird die Grüne Ratsfraktion die von Stadtrat Walcher konzipierte Stellungnahme nicht mittragen und den Mehrheitspartnern vorschlagen, als Gemeinde Bozen ein negatives Gutachten zum Beschluss Nr. 822/2022 der Landesregierung zu geben”, schließt Benedikter.