Von: apa
Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) hat am Mittwochnachmittag die Sonderemissäre zur Bewerbung der österreichischen UNO-Sicherheitsratskandidatur für die Periode 2027/28 vorgestellt. Bei den Sonderbotschaftern handelt es sich um Altbundespräsident Heinz Fischer (SPÖ), Ex-EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP), die frühere Vizepräsidentin des EU-Parlaments Ulrike Lunacek (Grüne) und Ex-Verteidigungsminister Herbert Scheibner (früher FPÖ/BZÖ). Sie machen das ehrenamtlich.
Die vier Emissäre wollen ihre Kontakte nutzen, um für die Kandidatur für einen temporären Sitz ab Jänner 2027 zu werben. Fischer hob in einer gemeinsamen Pressekonferenz hervor, dass er es für “richtig, wichtig und notwendig” halte, die Kandidatur parteiübergreifend zu unterstützen. Auch Hahn sagte, dass er dieses “rot-weiß-rote” Projekt “mit großer Begeisterung” unterstütze. Lunacek erklärte, sich vor allem auf die Themen Frauen- und Menschenrechte sowie Klimapolitik konzentrieren zu wollen. Und Scheibner, der im Ausland weilte und nicht anwesend war, bringt laut Meinl-Reisinger bereits Erfahrung als Sonderemissär bei der letzten österreichischen Sicherheitsratskandidatur mit.
Die Außenministerin erwähnte, dass die Bewerbung bereits vor 14 Jahren von Michael Spindelegger (ÖVP) initiiert wurde. Sie sei von allen Außenministern seither – auch von Karin Kneissl (FPÖ) – vorangetrieben worden. Meinl-Reisinger bedauerte dennoch, dass sie trotz intensiver Bemühungen keinen Vertreter der FPÖ mit an Bord holen konnte. Die Wahl findet im Juni 2026 in der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York statt.
“Das ist ein Projekt, das extrem wichtig ist”, hatte Meinl-Reisinger zuvor vor dem Ministerrat zu Medienvertretern gesagt. Österreich sei bereits seit vielen Jahrzehnten ein wichtiger Partner, “wenn es darum geht, eine bessere Welt zu schaffen”. Sollte man mit der Bewerbung erfolgreich sein, würde man mit mächtigen Kräften am Tisch sitzen und wichtige Entscheidungen treffen, etwa zum Schutz der Zivilbevölkerung oder in Sachen Abrüstung.
Deutschland und Portugal als Konkurrenz
Dass es soweit komme, sei aber keine sichere Sache. “Wir müssen uns wirklich anstrengen, wenn wir diese Wahl gewinnen wollen.” Man sei in einer “Konkurrenzsituation” etwa mit Deutschland und Portugal, ergänzte Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ). Babler, auch Sportminister, zog einen Fußball-Vergleich: “Wir wollen dieses außenpolitische Córdoba nach Hause bringen”.
Auch ÖVP-Verteidigungsministerin Klaudia Tanner betonte die Wichtigkeit des Projekts: “In einer Zeit der Krisen und Kriege ist die Friedensarbeit der Vereinten Nationen wohl wichtiger denn je”. Derzeit seien österreichische Soldaten bei fünf von elf Einsätzen der Vereinten Nationen involviert, im Libanon seien beispielsweise 160 Soldaten im Einsatz.
Österreich bereits drei Mal Mitglied im Rat
Österreich war bisher dreimal Mitglied in dem mächtigen Rat: 1973/74, 1991/92 und 2009/10. Jedes Jahr wird die Hälfte der zehn temporären Mitglieder für eine zweijährige Amtsperiode neu gewählt. In einem Ministerratsvortrag, der am Mittwoch beschlossen wurde, wird die Kandidatur für den nicht-ständigen Sitz ab Jänner 2027 als gesamtstaatliche Aufgabe definiert. Das Außenministerium wurde für die Kampagne heuer und 2026 mit einem Budget mit jeweils zehn Millionen Euro pro Jahr ausgestattet.
Meinl-Reisinger erläuterte am Mittwochnachmittag, dass sich die Höhe der Mittel an den Erfahrungen der letzten österreichischen Kampagne 2007/2008 orientiere. Bis zu acht Millionen werden laut Außenministerium für UNO-Projekte und “freiwillige Beiträge zu UNO-Organisationen” verwendet, die nicht zuletzt nach dem Rückzug der USA “sehr unter Druck” stünden. Bis zu zwölf Millionen stünden für Konferenzen, Veranstaltungen und Schulungen zur Verfügung. Dies diene nicht nur der Stärkung des österreichischen UNO-Standorts, sondern bringe auch “Wertschöpfung im eigenen Land”, betonte Meinl-Reisinger.
Der UNO-Sicherheitsrat hat die Möglichkeit, völkerrechtlich verbindliche Resolutionen zu fassen und damit beispielsweise Waffenembargos oder Sanktionen zu beschließen. Er hat insgesamt 15 Mitglieder: Die fünf ständigen Mitglieder – USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und China – haben die Macht des Vetos. Damit lässt sich jede Entscheidung blockieren, was aufgrund der politischen Konfliktlinien häufig zu Stillstand im Rat führt. Die zehn temporären Mitglieder haben dagegen weit weniger Einfluss. An einer Reform des Sicherheitsrats wird bereits seit längerer Zeit gearbeitet.
Experte sieht gute Chancen
Der langjährige Leiter der Diplomatischen Akademie, Emil Brix, sieht durchaus “gute Chancen” für einen temporären Sitz, weil Österreich ein neutraler Staat, UNO-Sitz und bei friedenserhaltenden Missionen der UNO sehr aktiv sei. “Die Chancen könnten sogar in den letzten Tagen gestiegen sein, weil durch die umstrittene Wahl von Annalena Baerbock für Deutschland als Vorsitzende in der Generalversammlung es doch sein könnte, dass nicht alle Staaten auf diesem Globus ihre Stimme Deutschland geben”, sagte Brix dem Ö1-“Mittagsjournal” des ORF.
In den vier Sonderbotschaftern sieht Brix eine “parteienübergreifende Unterstützergruppe”, auch wenn dies vielleicht nicht für die aktuelle Führung einer im Parlament vertretenen Partei gelte. Angesprochen auf freiheitliche Kritik an der Bewerbung verwies Brix darauf, dass wenn gerade die FPÖ “ständig von einer aktiven Neutralitäts- und Außenpolitik spricht und dann gegen eine Bewerbung ist, halte ich das für wenig glaubwürdig. Ich halte das wirklich für reinen Populismus”, so Brix. FPÖ-Außenpolitik-Sprecherin Susanne Fürst hatte das für die Kampagne geplante Budget von 20 Millionen Euro kritisiert. “Wer in der Heimat kürzt, aber in New York Champagnerempfänge organisiert, hat jede Bodenhaftung verloren”, hatte Fürst gemeint.
Aktuell sind 0 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen