Von: luk
Bozen – Mit dem Thema Energie-Autonomie hat sich heute die Landesregierung befasst. “Wir wissen, dass es im Bereich der Produktion, Verteilung, Verkauf und Preisbildung bei der elektrischen Energie ein umfassendes Regelwerk sowohl auf europäischer Ebene als auch auf nationaler Ebene gibt. Diese Normen bauen im Wesentlichen auf zwei Prinzipien auf, deren Ausrichtung bereits in den 1990er Jahren vorgenommen wurde: jener des freien Wettbewerbs und der Präsenz einer einheitlichen staatlichen Regulierungsbehörde. Diese zentralistische Ausrichtung der einzigen Regulierungsbehörde gilt insbesondere für den Energiebereich und fußt auf Bestimmungen aus dem Jahr 1995 und auf einer ganzen Reihe von Urteilen des Verfassungsgerichtshofes”, betont Landeshauptmann Arno Kompatscher. Solange diese Normen gelten und solange dies nicht in irgendeiner Form abgeändert wird, könne keine wirklich autonome Behörde im Land aufgebaut werden.
Nichtsdestotrotz will die Landesregierung autonome Spielräume im Energiesektor ausloten und erschließen. Ins Auge gefasst wird eine neue Durchführungsbestimmung für den Bereich der Fernwärme aus erneuerbarer Energie”, sagt der Landeshauptmann. Gerade im Bereich der Fernwärme aus erneuerbaren Energiequellen sähe man gute Chancen für autonome Regelungen. Allerdings benötige es eine Abänderung des Autonomiestatutes oder zumindest den Erlass einer Durchführungsbestimmung durch die Regierung und Dekret des Präsidenten der Republik, was nur in enger Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden gelingen könne.
Der für den Energiebereich zuständige Landesrat Giuliano Vettorato erklärt, er setze sich auf unterschiedlichen Ebenen für Energieautonomie ein und verweist auf die getroffenen Maßnahmen, “beispielsweise das neue Gesetz über große Ableitungen, das nächste Woche im Landtag behandelt wird”. Generell gelte, dass “an mehreren Fronten daran gearbeitet werde, so viel Autonomie wie möglich zu erlangen, denn Autonomie bedeutet auch Verantwortungsbewusstsein“, erklärt Landesrat Vettorato.
Wie der Landeshauptmann berichtet, hatte das Trentino bereits in den 1990er Jahren versucht, in Anwendung der damals geltenden Durchführungsbestimmung einen Rechtsrahmen für eine eigene Regulierungsbehörde zu schaffen. Das Vorhaben wurde 2006 zurückgenommen. Auch den Regionen Venetien und Toskana war bei ähnlichen Vorhaben kein Erfolg beschieden.
Von besonderem Interesse ist das Urteil Nr. 88 aus dem Jahr 2009, das unter Punkt 3 die Zuständigkeit der Regulierungsbehörde Arera für das gesamte Staatsgebiet unterstreicht, wodurch Einheitlichkeit gewährleistet werden soll. Mit dem bereits erwähnten Urteil Nr. 88 versenkte das Verfassungsgericht 2009 beide Initiativen mit dem Hinweis, dass die Regulierungsbehörde eine staatliche Hoheitsaufgabe wahrnehme, welche in die ausschließliche Zuständigkeit des Staates falle. Jüngst habe das Höchstgericht mit dem Urteil Nr. 48/2023 das Gesetz der Region Piemont über die Energiegemeinschaften für verfassungswidrig erklärt, da diese im Widerspruch zu den europäischen Richtlinien und den Staatsnormen stünden.
Im Bereich der Elektroenergie gebe es ohne die Änderung staatlicher Gesetze oder bestehender verfassungsrechtlicher Voraussetzungen wenig Möglichkeiten, sagt Landeshauptmann Kompatscher: Die Errichtung einer eigenen Landesregulierungsbehörde sei aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage nicht möglich und “keine Frage des Wollens”, erklärt der Landeshauptmann mit Bezug auf das Rechtsgutachten der Professoren Giuseppe Caia von der Universität Bologna und Fulvio Cortese von der Universität Trient, die zu diesem Zweck auch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts unter die Lupe genommen haben. Demnach hat das Verfassungsgericht in den vergangenen Jahren mehrere Urteile in diesem Sachbereich gefällt (7/2004, 117/2022, 28/2014).
“Als Landesregierung widmen wir dem Ausbau der Autonomie in allen Bereichen ein Hauptaugenmerk, dies gilt auch für die Energie”, betont der Landeshauptmann. Es sei wichtig, die richtigen Schritte zum richtigen Zeitpunkt zu setzen.