RTL-Reportage sorgt für Wirbel

Ermittlungen nach Reportage zu Identitären

Donnerstag, 29. August 2024 | 16:55 Uhr

Von: apa

Nachdem der deutschen Fernsehsender RTL eine Reportage zur rechtsextremen Identitären Bewegung ausgestrahlt hatte, in der u.a. bei einer Feier in Wien gewaltverherrlichende und den Holocaust relativierende Aussagen fallen, hat das Innenministerium laut einer Stellungnahme vom Donnerstag Ermittlungen eingeleitet. “Es waren keine sechs Millionen Juden”, behauptet eine Teilnehmerin im Beitrag, sondern höchstens 175.000. Den Mord an Jüdinnen und Juden bezeichnet sie als “geil”.

Auch ein “Srebrenica 2.0” wird gefordert. Bei der bosnischen Stadt Srebrenica wurden bei einem Genozid im Juli 1995 über 8.000 Muslime ermordet. “Deutschland braucht ein Srebrenica 2.0”, wünschte sich eine Frau. Ein anderer Teilnehmer sah 1995 wegen des Massakers als “gutes Jahr”. Das Team von RTL soll für die Reportage über Monate undercover recherchiert haben, auch bei einer Demo der Identitären in Wien, wo Aufnahmen auch klar rechtsradikale Tattoos wie die Schwarze Sonne auf dem Arm eines Teilnehmers zeigen sollen. Einige der beobachteten Personen haben laut RTL auch Kontakte zur rechten Alternative für Deutschland (AfD).

Aktuell laufen laut Innenministerium Ermittlungen gegen mehrere Personen wegen des Verdachtes gerichtlich strafbarer Handlungen. Um welche Straftatbestände es dabei genau geht – etwa Verhetzung oder Verstoß gegen das NS-Verbotsgesetz -, war am Donnerstag noch nicht klar. Die Ermittlungen würden jedenfalls “umfassend” geführt, hieß es auf APA-Nachfrage.

Die Identitären stehen in Österreich ebenso wie ihre Ableger und Splittergruppierungen unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Im jüngsten Verfassungsschutzbericht wurde ein “erhöhtes Gefahrenpotenzial für den demokratischen Rechtsstaat” durch die “Neue Rechte” festgestellt, sei deren Ziel doch die “Überwindung der herrschenden demokratischen, rechtsstaatlichen und gesellschaftlichen Ordnung”.

Von der betreffenden Frau, laut dem Bericht zum Zeitpunkt der Recherche AfD-Mitglied, haben sich mittlerweile sowohl AfD als auch die Identitären distanziert. Laut RTL hat die AfD angegeben, dass die betreffende Person die Partei kurz nach der Recherche verlassen habe. Identitären-Sprecher Martin Sellner betonte wiederum gegenüber der dpa, er habe die konkrete Position der Frau in der AfD nicht gekannt. Man habe sie nur aus Videoauftritten für diverse Kampagnen gekannt, sie sei aber nie Aktivistin der Identitären gewesen und habe mit diesen nichts zu tun. Von ihren Aussagen distanziere man sich klar.

Auch FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker verurteilte die in der Doku gefallenen Aussagen “aufs Schärfste”, wie er am Donnerstag am Rande einer Pressekonferenz betonte. “Dagegen verwehren wir uns mit aller Kraft.” Die freiheitliche Partei werde aber ihre Haltung zu den Identitären nicht ändern. “Warum sollte ich mich gegen eine Gruppe von Bürgern stellen, die von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch machen und auf Probleme in der Zuwanderung hinweisen?” In Sachen Sicherheit laufe in Österreich vieles in eine falsche Richtung, was auch vielen auffalle. “Dass sie damit nicht zufrieden sind, ist zu respektieren.” Man werde den Menschen “sicher nicht untersagen, dass sie dagegen aufstehen”.

Dass Hafenecker ein Abrücken von den Identitären ablehnte, rief wiederum die ÖVP auf den Plan. “Diese ungeheuerliche Entgleisung als Einzelfall zu verurteilen und das große Ganze, nämlich die Identitäre Bewegung, zu unterstützen, ist inakzeptabel und entlarvend”, so Generalsekretär Christian Stocker in einer Aussendung. Die unter den Vorsitzenden Heinz-Christian Strache und Norbert Hofer noch bestehende “Brandmauer” zwischen Identitären und FPÖ sei vom nunmehrigen Parteichef Herbert Kickl “gezielt und bewusst niedergerissen” worden. “Dass der FPÖ-Generalsekretär Hafenecker trotz allem nicht dazu bereit ist, die Haltung der FPÖ zu den Identitären zu überdenken, zeigt wieder einmal ganz klar, dass die FPÖ unter Kickl zu einer rechtsextremen Partei geworden ist.”

Auch für Grünen-Chef Werner Kogler wurde mit den bekanntgewordenen Äußerungen “jede Grenze überschritten”. “Diese Hetzer müssen die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen”, begrüßte er die Ermittlungen und forderte ebenfalls eine unmissverständliche Distanzierung der FPÖ von den Identitären, deren “Holocaust-Verharmlosungen” und “Massenmord-Fantasien”. Es dürfe kein blaues Wegschauen und Kollaborieren mehr geben, forderte der Vizekanzler.

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