Von: APA/AFP/dpa/Reuters
Nach wochenlanger Blockade durch die Slowakei hat die EU am Freitag das 18. Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet und dabei Moskaus Öleinnahmen ins Visier genommen. Die neuen Sanktionen sehen unter anderem eine Senkung des Preisdeckels für russische Ölexporte vor. Auch eine Wiederinbetriebnahme der Nord-Stream-Pipelines soll ausgeschlossen werden. Großbritannien schloss sich den EU-Sanktionen an. Das Außenministerium in Wien begrüßte die Maßnahmen Brüssels.
“Russlands hybride Angriffe zielen darauf ab, unsere Sicherheit und Demokratie zu untergraben. Gemeinsam mit Großbritannien sendet die EU ein starkes Signal: Wer Desinformation verbreitet, Sabotage betreibt und Cyberangriffe verübt, muss mit Konsequenzen rechnen – einschließlich Sanktionen. Unsere Unterstützung für die Ukraine bleibt unerschütterlich”, postete das Außenministerium auf X.
Das neue Paket sieht einen “dynamischen” Preisdeckel für russische Ölexporte vor, der den Preis auf 15 Prozent unter dem Weltmarktpreis festlegt. Im jetzt verabschiedeten Sanktionspaket sind das 47,60 Dollar (rund 40,90 Euro). Dieser Preisdeckel, der am 3. September in Kraft treten soll, passe sich künftig alle sechs Monate automatisch dem Weltmarktpreis an, wenn dessen Schwankung fünf Prozent übersteigt, teilte die EU-Kommission mit. Sollte die Marktdynamik es erfordern, kann die Kommission demnach aber auch früher aktiv werden.
Die EU, die G7-Staaten und Australien hatten im Dezember 2022 eine Preisobergrenze von 60 Dollar pro Barrel für russisches Öl beschlossen, um Moskaus Einnahmen aus dem Energiesektor etwa durch Ölexporte an Länder wie China oder Indien zu drücken. Die international tätigen Reedereien und Versicherungsunternehmen sollen mit Hilfe dieses Preisdeckels daran gehindert werden, mit Russland zusammenzuarbeiten, wenn das Land versucht, Öl oberhalb dieses Preises zu exportieren.
Ohne G7 nur geringe Wirkung
Ohne das Mitziehen der G7, insbesondere der USA, dürfte die neue Absenkung allerdings eine nur geringe Wirkung entfalten. G7-Staaten wie Japan und Kanada haben sich nach Angaben von Diplomaten bereit erklärt, sich der Regelung anzuschließen.
Die britische Regierung verkündete kurz nach der Verabschiedung des EU-Sanktionspakets, sich Brüssel anzuschließen. “Gemeinsam mit der EU greifen wir das Herz des russischen Energiesektors an”, erklärte der britische Außenminister David Lammy. Zusammen würden London und Brüssel weiter Druck auf Russlands Präsidenten Wladimir Putin und seine überlebenswichtige Ölindustrie ausüben und so die Finanzierung seines “illegalen Krieges” unterbinden.
Außerdem richten sich die Sanktionen gegen 105 weitere Schiffe der russischen Schattenflotte, mit der Moskau die Öl-Exportbeschränkungen umgeht. Insgesamt sind damit nun 444 Schiffe mit Sanktionen belegt. Die neuen Maßnahmen verbieten außerdem Betreibern aus der EU, sich an einer Reaktivierung der Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee zu beteiligen. Auch eine russische Ölraffinerie in Indien und zwei chinesische Banken stehen auf der Sanktionsliste.
Des Weiteren gibt es ein erweitertes Transaktionsverbot für Geschäfte mit russischen Banken und weitere Beschränkungen für die Ausfuhr von sogenannten Dual-Use-Gütern. Dabei handelt es sich um Rohstoffe oder Erzeugnisse, die sowohl für militärische als auch zivile Zwecke verwendet werden können.
Blockade beendet
Die Slowakei hatte sich wochenlang geweigert, dem 18. Sanktionspaket gegen Russland seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Jahr 2022 zuzustimmen. Hintergrund war ein Streit um das geplante Verbot von Gasimporten aus Russland. Nun gab die Slowakei ihre Blockade auf. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico erklärte, er habe “Garantien” aus Brüssel in Bezug auf die Gaspreise in seinem Land erhalten.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte, mit dem Paket treffe die EU “das Herzstück der russischen Kriegsmaschinerie”.Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte die Einigung. Diese Entscheidung sei “essenziell” und komme angesichts der zunehmenden “Brutalität der Angriffe” durch Russland auf die Ukraine zur richtigen Zeit.
Der Kreml in Moskau sprach von “illegalen” EU-Sanktionen. “Wir werden das neue Paket sicherlich analysieren, um seine Auswirkungen zu minimieren”, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. “Aber jedes neue Paket verstärkt die negativen Auswirkungen auf genau die Länder, die sich daran beteiligen.”
Das chinesische Außenministerium forderte die europäische Seite “nachdrücklich” auf, die “legitimen Interessen chinesischer Unternehmen nicht ohne sachliche Grundlage zu verletzen”. Die Zusammenarbeit zwischen chinesischen und russischen Unternehmen dürfe nicht “gestört oder beeinträchtigt” werden, sagte ein Sprecher in Peking.
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