Von: APA/dpa/Reuters/AFP
Während der Krieg zwischen Israel und Iran in die zweite Woche geht, wollen sich drei europäische Außenminister am Freitag bei einem Treffen mit ihrem iranischen Kollegen Abbas Araqchi in Genf um Deeskalation bemühen. Ein Ziel von Johann Wadephul (Deutschland), Jean-Noël Barrot (Frankreich) und David Lammy (Großbritannien) ist es, den Iran zum Einlenken bei seinem Atomprogramm zu bewegen und von Kernwaffen fernzuhalten.
Auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas will an dem Treffen mit Araqchi teilnehmen. Bei den Europäern dürfte die Hoffnung mitschwingen, US-Präsident Donald Trump davon abzubringen, dass die Vereinigten Staaten an der Seite Israels mit eigenen Angriffen in den Krieg gegen Iran eingreifen.
Rhetorische Positionierungen
Araqchi dämpfte die Erwartungen kurz vor den Gesprächen: “Es gibt keinen Raum für Verhandlungen mit uns, bis die israelische Aggression aufhört”, sagt der Außenminister dem iranischen Staatsfernsehen zufolge. Gespräche mit den USA schloss der Minister grundsätzlich aus und begründete dies damit, dass das Land mit Israel verbündet ist.
Lammy warnte vor einer Eskalation im Nahen Osten. Es sei jetzt an der Zeit, den dramatischen Szenen ein Ende zu setzen, sagte der britische Chefdiplomat nach einem bilateralen Treffen mit US-Außenminister Marco Rubio in Washington, mit dem er sich für das Treffen in der Schweiz abstimmte. Die beiden Außenminister seien sich darin einig gewesen, dass der Iran niemals Atomwaffen haben dürfe, teilte eine Sprecherin des US-Außenministeriums mit.
Auch Frankreich drängte zu einer diplomatischen Lösung. Ziel sei es, “wieder einen Dialog aufzunehmen, um ein solides und ernsthaftes Abkommen zu erreichen”, sagte der Sprecher des Außenministeriums in Paris, Christophe Lemoine, dem Sender CNews. Das iranische Atomprogramm beschäftige die Diplomatie schon seit 20 Jahren. “Die Geschichte zeigt, dass der einzige Weg, ein Land dazu zu bringen, den Nichtverbreitungsvertrag einzuhalten, der diplomatische Weg ist”, sagte Lemoine. “Militärische Lösungen sind keine langfristigen Lösungen”, fügte er hinzu.
Die internationale Gemeinschaft könne in einer Region, die bereits extrem instabil ist, nicht das Risiko von Militäreinsätzen eingehen, die außer Kontrolle geraten können. Auch wenn der Iran ein Land sei, das zur Destabilisierung beitrage und das Atomprogramm eine Bedrohung darstelle, müsse an dem diplomatischen Bemühen festgehalten werden. Frankreich verfolge das Ziel, dass der Iran sich an seine Verpflichtungen aus dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (Atomwaffensperrvertrag) halte, betonte der Sprecher.
Trump: Entscheidung über Kriegseintritt innerhalb von zwei Wochen
US-Präsident Trump hatte seine Sprecherin Karoline Leavitt erklären lassen, er wolle innerhalb der nächsten zwei Wochen darüber entscheiden, ob die USA als wichtigster Verbündeter Israels in den Krieg gegen den Iran eingreifen werden. Dies geschehe vor dem Hintergrund, dass es eine “beträchtliche Chance” für Verhandlungen gebe, die in naher Zukunft mit dem Iran stattfinden könnten, sagte er am Vortag der geplanten Verhandlungen in Genf.
Das US-Militär unterstützt Israel bei seiner Verteidigung, beteiligt sich bisher aber nicht an den Angriffen auf den Iran, wie in Washington betont wird. Trump habe deutlich gemacht, dass er immer diplomatische Mittel bevorzuge, sagte seine Sprecherin. Er scheue sich aber auch nicht, nötigenfalls Stärke zu zeigen. Der Iran und die Welt sollten wissen, dass das US-Militär das stärkste der Welt sei.
Erklärtes Kriegsziel der Atommacht Israel ist es, den Iran an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern und gegen sein Raketenarsenal vorzugehen. Dabei dementiert Teheran seit Jahren, den Bau von Kernwaffen anzustreben – und pocht auf das Recht, Atomkraft für friedliche Zwecke zu nutzen. Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu zeigt sich jedoch unbeirrt.
Netanyahu: Können alle Atomanlagen im Iran erreichen
Israel habe die notwendigen Fähigkeiten, um alle Atomanlagen im Iran zu erreichen, antwortete Netanyahu dem israelischen TV-Sender Kan auf die Frage, ob ein erfolgreicher Angriff auf die wichtige unterirdische Atomanlage Fordo auch ohne Hilfe der USA möglich wäre. Viele Experten sind dagegen der Auffassung, dass Israel auf die Unterstützung des US-Verbündeten angewiesen wäre, um dem Fordo-Komplex einen vernichtenden Schlag zu versetzen.
Unter den westlichen Staaten verfügen nach allem, was bekannt ist, nur die USA mit ihren sogenannten Bunkerbrecher-Bomben über ausreichend schlagkräftige Waffen, um die tief in einem Berg gelegene Anlage zur Urananreicherung zu zerstören.
Seit Tagen richtet sich denn auch der Fokus auf die Frage, wie sich die USA verhalten werden. Zum Raketenarsenal des Irans sagte Netanyahu, Israel habe etwa die Hälfte aller Abschussrampen getroffen. Letztlich sei es nicht so wichtig, wie viele Raketen der Iran habe, sondern wie viele Abschussrampen, sagte der rechtskonservative Regierungschef dem Sender Kan.
Netanyahu: Umsturz im Iran muss von Bevölkerung ausgehen
Einen Umsturz im Iran verfolgt Israels Ministerpräsident Netanyahu nach eigenen Aussagen indes nicht als unmittelbares Kriegsziel. “Der Sturz des Regimes ist zuallererst eine Angelegenheit des iranischen Volkes”, sagte er dem Sender Kan. Deswegen habe er dies nicht als Kriegsziel ausgerufen. Ein Umsturz im Iran könne aber ein Ergebnis des Krieges sein, so Netanyahu.
Spekuliert wird, dass Israel mit seinen gezielten Angriffen auf Machtsymbole der Islamischen Republik womöglich einen Umsturz im Iran herbeiführen will. Verteidigungsminister Israel Katz betonte zuletzt, dass im Laufe des Krieges weitere Symbole des staatlichen Machtapparats angegriffen würden. “So brechen Diktaturen zusammen”, schrieb Katz auf der Plattform X. Zuletzt griff Israel während einer Live-Sendung etwa den iranischen Staatssender IRIB an.
Wie Europa und die USA bisher im Atomkonflikt verhandelt haben
Deutschland, Frankreich und Großbritannien verhandeln seit Jahren mit dem Iran im sogenannten E3-Format über dessen Atomprogramm. Trump rief den Iran in der jüngeren Vergangenheit immer wieder zu Verhandlungen über ein Ende der Urananreicherung auf. Es gab Gesprächsrunden von iranischen und amerikanischen Unterhändlern in Oman und in Rom.
Eine Resolution der internationalen Atomenergieagentur IAEA stellte am 12. Juni fest, dass der Iran nicht sein gesamtes Atomprogramm offengelegt habe. Am 13. Juni begann Israel mit Angriffen auf iranische Ziele. Eine für den 15. Juni vorgesehene weitere Runde von Atomgesprächen zwischen dem Iran und den USA wurde daraufhin abgesagt.
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