Von: mk
Bozen – Pünktlich zum Schulbeginn präsentiert die SVP-Arbeitsgruppe zwölf Maßnahmen, um zu verhindern, dass deutsche Schüler in der deutschen Schule zu kurz kommen. Die Freiheitlichen zeigen sich wenig begeistert. Einerseits sein man als Koalitionspartner nicht eingebunden worden, andererseits seien die Maßnahmen schwach und unausgereift.
„Wir Freiheitlichen haben von Anfang an klargestellt: Deutsche Kinder dürfen in der deutschen Schule nicht zu kurz kommen“, erklärt der freiheitliche Vizeobmann und Rechtsexperte Otto Mahlknecht. Genau das passiere aber immer häufiger
„Schon im vergangenen September haben wir wegen des Skandals an der Goetheschule den Koalitionsausschuss einberufen. Damals war man sich einig, dass parteiinterne Arbeitsgruppen bis Jahresbeginn konkrete Vorschläge erarbeiten sollten. Seither haben wir immer wieder auf eine Aussprache gedrängt – bis heute ohne Erfolg. Stattdessen legt die SVP nun nach einem Jahr ihre Vorschläge über die Medien vor, ohne die Freiheitlichen einzubinden oder überhaupt ein Gespräch zu führen. Das ist kein fairer Umgang in einer Koalition“, so Mahlknecht.
Die Freiheitlichen sehen in den von der SVP vorgestellten Punkten weder eine mutige Lösung noch ein wirksames Schutzinstrument. Wörtlich heißt es in der Aussendung:
Klassengrößen: Es ist nicht die Zahl, sondern die Zusammensetzung entscheidend. Acht Kinder in einer Klasse, von denen sechs kein Deutsch sprechen, schafft schlechtere Lernbedingungen als 30 Kinder, die alle Deutsch als Muttersprache haben.
Mehr Personal: Das klingt gut, doch wir haben heute schon Lehrermangel.
Verstärkte Ausbildung der Lehrkräfte in Deutsch als Fremdsprache: zweifellos ein wichtiger Schritt. Doch solange ganze Klassen überwiegend aus Kindern bestehen, die kaum oder gar kein Deutsch sprechen, reicht selbst die beste Zusatzausbildung der Lehrer nicht aus, um das Problem zu lösen. Ohne eine grundsätzliche Verbesserung der Klassenzusammensetzung bleibt diese Maßnahme Stückwerk.
Prämien für Brennpunktschulen: Stehen längst im Koalitionsprogramm. Es ist höchste Zeit, dass sie endlich umgesetzt werden.
Sprachstanderhebung im Kindergarten: Schon heute empfehlen die Kindergärten aufgrund des Sprachstandes, ob der Besuch der deutschen Grundschule sinnvoll ist oder nicht. Die Schulen wissen also bereits, welche Kinder mit welchen Voraussetzungen zu ihnen kommen
Einschränkung beim Wechsel zwischen Kindergarten und Grundschule: Das verletzt das Recht der Eltern auf freie Schulwahl und ist daher unrealistisch.
Digitale Einschreibung mit Unterbrechung: Das ist halbherzig. Wir müssen – so wie in Österreich – die persönliche Einschreibung mit verpflichtendem Gespräch und standardisierter Sprachstandserhebung des Kindes einführen.
Kommunikation mit Eltern auf Deutsch: In einer deutschen Schule selbstverständlich – was soll daran neu sein?
Übertritte in die italienische Schule bei mangelnden Deutschkenntnissen: Das ist das Mindeste. Wofür gibt es sonst die italienische Schule?
Ausbau Nachmittagsangebot: Kann man machen, löst aber nicht das Grundproblem.
Verpflichtende Sommersprachkurse: Gut, aber nur ein Mosaikstein.
Mitwirkungspflicht der Eltern: Das ist wichtig – mit klaren Sanktionen. In Oberösterreich gibt es Verwaltungsstrafen, auch der Entzug von “Sozialleistungen des Landes” muss möglich sein.
Die freiheitliche Arbeitsgruppe „Schule“ fordert hingegen drei Maßnahmen zum Schutz der deutschen Kinder:
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Abänderung des Beschlusses der Landesregierung Nr. 112/2023 zur Klasseneinteilung durch Hinzufügung des Satzes: „Bei der Klassenbildung in Schulen mit deutscher Unterrichtssprache, die von sehr vielen Schülern mit nichtdeutscher Muttersprache besucht werden, ist bei der Klassenbildung nach Möglichkeit darauf zu achten, dass die Schüler mit deutscher Muttersprache Klassen zugewiesen werden, in denen sie eine Mehrheit von mindestens 70 Prozent bilden.“
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Mehr Personal für deutsche Kinder: Falls sich Kinder mit deutscher Muttersprache in Grundschulen mit deutscher Unterrichtssprache in der Minderheit befinden, haben sie das Recht auf Inklusionsressourcen
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Keine Diskriminierung deutscher Kinder beim Italienischunterricht in Klassen mit deutscher Unterrichtssprache, in denen sie die Minderheit bilden durch gruppenteiligen Unterricht in Leistungsgruppen.
„Der Streit um die Klasseneinteilung an der Bozner Goetheschule hat deutlich gezeigt, wo das Problem liegt“, erklärt Mahlknecht. „Die Direktorin hat völlig korrekt nach Sprachstand differenziert und wollte so das Recht auf Niveau der deutschen Kinder sichern. Mit Unterstützung von Landesrat Philipp Achammer hat die Landesschuldirektion diesen Versuch verboten. Die Folge: Zwei Klassen, in denen nur mehr ein Viertel deutsche Muttersprachler sitzt – mit massiven Nachteilen für deren Unterricht und Sprachentwicklung.“
„Wir stellen das Prinzip der Inklusion nicht in Frage. Aber Inklusion darf nicht zum Deckmantel für die Schwächung der deutschen Minderheit werden“, unterstreicht Mahlknecht. „Wenn drei Viertel der Kinder in einer deutschen Schule Italienisch als Umgangssprache nutzen, dann verliert die Schule ihre Funktion. Dann bekommen deutsche Kinder weder angemessenen Deutschunterricht noch einen altersgerechten Italienischunterricht.“
„Die deutsche Schule ist Kernstück unserer Autonomie. Wenn deutsche Kinder dort zu kurz kommen, ist das ein Angriff auf die Substanz des Minderheitenschutzes. Die SVP hat ein Jahr verstreichen lassen, um zwölf halbgare Maßnahmen zu präsentieren, die am Kernproblem vorbeigehen. Wir Freiheitlichen werden das nicht akzeptieren, denn unsere Kinder haben ein Recht auf Niveau, ein Recht auf Unterricht in ihrer Muttersprache und ein Recht auf faire Bedingungen“, so Mahlknecht abschließend.
Scharfe Kritik auch von Süd-Tiroler Freiheit
Scharfe Kritik kommt auch von der Süd-Tiroler Freiheit, die ebenfalls auf die Vorbereitungsklassen in der Goetheschule in Bozen verweist. „Wieder werden hunderte Kinder im Land ohne ausreichende Deutschkenntnisse in die deutschsprachigen Schulen geschickt. In manchen Klassen stellen ausländische Schüler bereits zwei Drittel oder mehr. Lehrer und Eltern schlagen Alarm, die Landesregierung und die SVP aber betreiben nur leere Showpolitik“, erklärt die Bewegung.
Es sei unfassbar, dass die Sprachkenntnisse der Kinder vor Schuleintritt nicht erhoben würden. Leidtragende seien vor allem die Kinder deutscher Muttersprache, deren Bildungsniveau massiv sinke, weil der Unterricht ständig gebremst werde und ganze Klassen „mitgezogen“ werden müssten. „Das ist ein Hohn gegenüber den Lehrern, die mit dieser Situation nun schon seit Jahren allein gelassen werden und die Verantwortung tragen, obwohl die Politik untätig und die Realität verleugnend zusieht“, kritisiert der Landtagsabgeordnete Sven Knoll.
Die Süd-Tiroler Freiheit fordert sofort verpflichtende Sprachtests für alle Kinder, die eine deutsche Schule besuchen wollen. „Wer die Sprache nicht beherrscht, muss zuerst eine Vorbereitungs- oder Deutsch-Förder-Klasse besuchen. Dies gilt nicht nur für ausländische Kinder, sondern ebenso für Kinder italienischer Muttersprache, die auf Wunsch der Eltern eine deutsche Schule besuchen sollen. Eine deutsche Schule ist keine Sprachschule, die deutsche Sprache wird vorausgesetzt“, erklärt die Bewegung.
Eltern würden berichten, dass sich bei der Goetheschule gar nichts bewegt habe. Sie hätten sich mit der aktuellen Schülerliste besorgt an die Süd-Tiroler Freiheit gewandt. Knoll kündigt an, dass dazu umgehend eine Landtagsanfrage eingereicht werde.
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