Von: ka
Bozen/Washington – Viele hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet, aber noch in der Wahlnacht stand fest, dass der neue US-Präsident Donald Trump heißen würde. Die Vereinigten Staaten mögen weit weg sein und das politische System der USA mag uns fremd, vielleicht sogar bizarr, erscheinen, aber das überwältigende Comeback des Tycoons birgt auch für Südtirol einige Lehren.
Unter den vielen US-Wahlkampfthemen stechen zwei – die illegale Einwanderung samt der damit einhergehenden Kriminalität und der Kaufkraftverlust – heraus, die auch den Südtirolern unter den Fingernägeln brennen. Ähnlich wie in Südtirol weisen die Vereinigten Staaten ein gutes Wirtschaftswachstum und niedrige Arbeitslosenzahlen auf, aber durch die Inflation und die höheren Energiepreise haben viele US-Amerikaner das Gefühl, dass sie immer weniger in der Tasche haben. Bei denselben Menschen sorgt die illegale Einwanderung für großen Ärger.
Es war nicht zuletzt diese „Working class“ und deren Verlustängste, die den Ausschlag für Trumps Wahlsieg gaben. Die Lehre für Südtirol liegt auf der Hand. Die schönen Wachstumszahlen und Nächtigungsrekorde, die die Landesregierung so gerne aufzählt, nützen nichts, wenn ein immer größer werdender Teil der Südtiroler das Gefühl hat, dass ihre Gehälter von den steigenden Wohn-, Energie- und Lebenshaltungskosten aufgefressen werden. Zusätzlich trübt die Angst, Opfer von Kleinkriminalität und Belästigungen aller Art zu werden, die heimische Freude am Leben.
Gemeinsam haben Südtirol und die USA auch, dass eine immer größer werdende Wählerschicht offensichtlich genug hat vom herrschenden pseudoliberalen Zeitgeist, der alle Lösungen, die nicht in sein Menschen- und Weltbild passen, mit Denkverboten belegt. Diese „konservative Wende“ ist keine Rückkehr in die Fünfzigerjahre, sondern der Wunsch, in einer globalen Welt die eigene Kultur zu pflegen und nicht zu vergessen. Ein Punkt, der insbesondere einer Minderheit wie den Südtirolern wichtig ist.
Man mag zur Person Donald Trumps stehen, wie man will, aber seine Reaktion auf das gescheiterte Attentat im Juli – mit erhobener Faust aufzustehen und dreimal „Fight!“ in die Menge zu rufen – hat sein Image in den Augen vieler US-Wähler in das eines hemdsärmeligen Kämpfers verwandelt, der zu allem bereit ist. Daher trauen die Amerikaner ihm und nicht Kamala Harris eine Wende zum Besseren zu.
Es werden zwar noch einige Jahre vergehen, aber um seinen vielfältigen Problemen Herr zu werden, wird auch Südtirol weniger einen Verwalter, sondern vielmehr einen hemdsärmeligen „Kämpfertypen“ brauchen, der nicht davor zurückschreckt, einigen auf die Hühneraugen zu treten. Einer – oder gerne auch eine – der den Südtirolern ein unmissverständliches „Fight!“ zuruft. Der Teich mag breit sein, aber zwischen Südtirolern und US-Amerikanern mangelt es nicht an Gemeinsamkeiten.
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