Von: apa
Mit dem “Tirol-Tag” hat das heurige Europäische Forum Alpbach (EFA) am Sonntag seinen traditionellen Auftakt erfahren. In den Ansprachen vor der Kirche im Dorfzentrum standen nach dem “Landesüblichen Empfang” Appelle für ein gemeinsames Europa im Zentrum. Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) erinnerte etwa an die Anfänge des Forums nach den “Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges”. Das “Vereinen und sich finden” sei “zu selbstverständlich geworden”, kritisierte er.
“Wir arbeiten nicht mehr daran”, bedauerte Mattle und forderte dahingehend ein Umdenken und “Selbstbewusstsein” in Europa. Der Gedanke der EU sei in den vergangenen Jahrzehnten – das Forum feiert heuer sein 80-jähriges Bestehen – in Alpbach “lebendig gehalten worden”, lobte der Tiroler Landeshauptmann indes. Dementsprechend betonte er die “verbindende Funktion” der Veranstaltung, die sowohl die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino, um die sich bei den “Euregio-Days” alles dreht, als auch die EU stärke.
Kompatscher: “Brauchen dieses Europa”
In eine ähnliche Kerbe schlug Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP). Angesichts der vielfältigen Herausforderungen müsse Europa zusammenstehen und “eine (gemeinsame, Anm.) Stimme erheben”. Es gehe dabei – auch wenn in den Euregio-Days Wettbewerbsfähigkeit im Fokus stünde – um mehr als Ökonomie, so der Landeshauptmann. Vielmehr gehe es um gemeinsame “Werte”, erinnerte auch Kompatscher an die Lehren aus den Katastrophen des 20. Jahrhunderts. “Wir brauchen dieses Europa”, betonte er und verwies auf die Wichtigkeit von Frieden, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.
Sein Trentiner Amtskollege Maurizio Fugatti (Lega) verwies in seiner kurzen Ansprache ebenfalls auf die “gemeinsame Geschichte” der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino. Die gemeinsame Arbeit in der Euregio solle “Beispiel für Europa” sein, hoffte Fugatti.
Neuer EFA-Präsident Karas fordert “Bewegung”
Der neue Forumspräsident Othmar Karas, ehemaliger EU-Parlamentsvizepräsident und früherer ÖVP-Spitzenpolitiker, bekundete seine “Ehre und Freude” ob der neuen Aufgabe. Alpbach sei ein “Ort der Verantwortung und des Aufbruchs”. “Wir dürfen nie aufhören, aufzubrechen”, mahnte Karas andauernde “Bewegung” ein. In der Anwesenheit von Ex-EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (EVP) – dieser nahm am Dorfplatz neben den Euregio-Landeshauptmännern Aufstellung – ortete Karas indes ein “besonderes Signal”, die Euregio-Days und der “Tirol-Tag” hätten “an Strahlkraft gewonnen”.
Tradition zum Forums-Auftakt
Anders als in den Vorjahren stand während des “Landesüblichen Empfangs” in der kleinen Unterländer Gemeinde zwar nicht Kaiserwetter am Programm, der frühmorgens noch prasselnde Regen hatte sich vor Beginn jedoch immerhin verflüchtigt. Dementsprechend gingen der feierliche Auftakt und die Reden auch heuer wieder am Dorfplatz inmitten der malerischen Kulisse des “Blumendorfs” über die Bühne.
Zuvor hatte eine Heilige Messe – zelebriert von Ivo Muser, Bischof der Diözese Bozen-Brixen – den Festtag eingeläutet. Anschließend daran standen wie üblich Schützenaufmarsch samt Ehrensalve, das Abschreiten der Formationen durch die Landeshauptleute sowie “Schnapserl-Ausgabe” auf dem Programm. Die örtliche Bundesmusikkapelle gab die Tiroler Landeshymne “Zu Mantua in Banden” ebenso wie die Bundeshymne und die Europahymne zum Besten.
Unter den Schaulustigen und Ehrengästen war auch heuer wieder heimische Polit-Prominenz zahlreich vertreten. Für die Bundesregierung war Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP), seitens der Tiroler Landesregierung unter anderem Mattles Stellvertreter Josef Geisler (ÖVP) anwesend. Auch Ex-EU-Kommissar Franz Fischler und Tirols Altlandeshauptmann Günther Platter (beide ÖVP) ließen sich einen Besuch nicht nehmen.
Mehr als 4.000 Teilnehmer und viel Spitzenpolitik erwartet
Das Europäische Forum Alpbach wurde 1945 gegründet und findet seitdem alljährlich statt. Heuer stehen von 16. bis 29. August erstmals unter Führung des neuen Forumspräsidenten Karas etliche Veranstaltungen auf dem Plan. Die Konferenz steht unter dem Motto “Recharge Europe”. Als zentrale inhaltliche Schwerpunkte wurden im Vorfeld “Sicherheitsunion, Energieunion und Kapitalmarktunion” genannt. Die sich erstmals über vier Tage erstreckenden Euregio-Days mit dem “Tirol-Tag” im Zentrum bilden dabei den Auftakt. In deren Fokus soll Wettbewerbsfähigkeit in einer sich wandelnden europäischen Gegenwart stehen sowie die Gemeinden und konkrete lokale Lösungen stehen. Zudem diskutieren in der “Euregio-Akademie” junge Menschen über die Zukunft des alpinen Lebensraums.
Insgesamt rechneten die Organisatoren im Vorfeld mit mehr als 4.000 Teilnehmern. Das Programm gliedert sich in fünf Module: ebenjene “Euregio Days” (16.-19.8.) mit Fokus auf globalen Herausforderungen aus Sicht der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino, die “Seminar Days” (17.-22.8.), die “Lab Days” (21.-23.8.), die “Europe in the World Days” (23.-26.8.) mit Debatten zu Europas Rolle im globalen Kontext, sowie die “Austria in Europe Days” (26.-29.8.) mit Schwerpunkt auf die Rolle der EU-Mitgliedstaaten in Europa.
Natürlich wurde auch die österreichische Spitzenpolitik erwartet: Unter anderem würden Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP), Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ), Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) und Europaministerin Claudia Plakolm (ÖVP) teilnehmen, die jeweils einen oder mehrere Staatsgäste nach Alpbach mitbringen, wie Karas im Gespräch mit der APA ausführte. Rund drei Viertel der Regierung werde anwesend sein. An Staatsgästen hätten bisher etwa der lettische Präsident Edgars Rinkevics, der belgische Premierminister Bart De Wever, die Außenminister von Tschechien und Rumänien, Jan Lipavský und Emil Hurezeanu, und der ungarische Europaminister János Bóka zugesagt.
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