Am 8. und 9. Juni wird abgestimmt

Fünf Referenden zu Arbeit und Staatsbürgerschaft

Mittwoch, 04. Juni 2025 | 08:04 Uhr

Von: luk

Rom/Bozen – Am 8. und 9. Juni sind Italiens Bürger zur Urne gerufen: Fünf Referenden stehen zur Abstimmung – vier betreffen arbeitsrechtliche Bestimmungen, eines die Staatsbürgerschaft. Es handelt sich um sogenannte abrogative Referenden: Mit einem „Ja“ stimmen die Wähler jeweils für die Abschaffung bestehender Gesetze oder Regelungen. Initiiert wurden die Abstimmungen überwiegend von der Gewerkschaft CGIL sowie der Partei Più Europa.

Hier die fünf Fragestellungen im Überblick:

  1. Kündigungsschutz in größeren Betrieben (grüner Zettel)
    Soll der mit dem „Jobs Act“ 2015 eingeführte unbefristete Arbeitsvertrag mit zunehmendem Kündigungsschutz abgeschafft werden? Dieser Vertrag sieht bekanntermaßen vor, dass es bei einer ungerechtfertigten Kündigung in größeren Unternehmen grundsätzlich kein Recht auf eine erneute Anstellung beim alten Arbeitgeber gibt. Vielmehr können die Arbeitnehmer nur eine finanzielle Entschädigung einklagen. Mit dem Referendum soll das geändert werden.
    ► Befürworter wollen mehr Gerechtigkeit zwischen älteren und neuen Arbeitsverhältnissen.
    ► Kritiker befürchten rechtliche Unsicherheiten und weniger Flexibilität für Unternehmen.
  2. Entschädigungsgrenze in Kleinbetrieben (oranger Zettel)
    Auch bei der zweiten Fragestellung geht es um den Kündigungsschutz. Die Bürger können darüber befinden, ob die gesetzliche Obergrenze für Entschädigungen bei ungerechtfertigten Kündigungen in Kleinbetrieben (bis 15 Mitarbeiter) gestrichen werden soll?
    ► Befürworter fordern mehr Spielraum für Richter, die Entschädigung am Einzelfall zu bemessen.
    ► Kritiker warnen vor höheren Kosten und Risiken für kleine Unternehmen.
  3. Befristete Arbeitsverträge (grauer Zettel)
    Soll künftig wieder ein sachlicher Grund für die Befristung von Arbeitsverträgen erforderlich sein? Aktuell können Arbeitnehmer bis zu einem Jahr lang befristet beschäftigt werden, ohne dass der Arbeitgeber einen Sachgrund dafür angeben muss.
    ► Befürworter wollen so prekäre Arbeitsverhältnisse eindämmen.
    ► Kritiker befürchten mehr Bürokratie und Rechtsstreitigkeiten.
  4. Haftung bei Arbeitsunfällen im Werkvertrag (roter Zettel)
    Die Arbeitssicherheit steht beim vierten Referendum im Mittelpunkt. Es wird gefragt: Soll die derzeitige Ausnahmeregelung abgeschafft werden, nach der Auftraggeber nicht haften, wenn ein Schaden durch ein spezifisches Risiko des Auftragnehmers entsteht?
    ► Befürworter sehen darin ein Instrument für mehr Sicherheit und Kontrolle, weil Unternehmen besser kontrollieren müssten, wie Subunternehmen arbeiten.
    ► Kritiker halten die Regelung für praxisfern und schwer umsetzbar.
  5. Staatsbürgerschaft nach fünf statt zehn Jahren (gelber Zettel)
    Soll der Zeitraum, nach dem Ausländer die italienische Staatsbürgerschaft beantragen können, von zehn auf fünf Jahre verkürzt werden?
    ► Befürworter wollen die Integration erleichtern.
    ► Kritiker warnen vor Missbrauch und einer „Entwertung“ der Staatsbürgerschaft.

 

Politisch und gesellschaftlich umstritten

Während Gewerkschaften wie die CGIL für alle fünf Referenden mobilisieren, zeigt sich etwa die CISL zurückhaltend. Auch in der Politik gibt es keine einheitliche Linie: Die Regierung unter Giorgia Meloni spricht sich gegen die Referenden aus, die Opposition dagegen dafür. In Südtirol ruft die SVP zu keiner bestimmten Abstimmung auf, die jungen Grünen empfehlen ein fünfmaliges „Ja“, die Freiheitlichen bleiben bei der Staatsbürgerschaft hart.

Entscheidend ist das Quorum

Damit die Referenden gültig sind, müssen mindestens 50 Prozent der Wahlberechtigten abstimmen. Diese Hürde wurde zuletzt 2011 überschritten, und zwar bei der erfolgreichen Abstimmung gegen Atomkraft und Wasserprivatisierung.

Bezirk: Bozen

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