Von: mk
Brüssel – Der Weg zur Einigung war lang. Drei Jahre wurde in Brüssel über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) bis zum Jahr 2027 debattiert. Gestern Nacht endlich wurde nach zähen Verhandlungen zwischen Europaparlament, EU-Agrarministerrat und EU-Kommission eine politische Einigung zwischen EU Parlament und Mitgliedstaaten in den zentralen Punkten gefunden. 386,6 Milliarden Euro sollen bis zum Jahr 2027 auf europäischer Ebene für die Landwirtschaft eingesetzt werden, das sind 33 Prozent des gesamten EU- Budgets. Südtirols EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann ist erleichtert und überzeugt, dass die neue GAP für Südtirol eine große Chance ist. In der vergangenen Periode sind jährlich mehr als 150 Millionen Euro von Brüssel nach Südtirol geflossen. Für viele landwirtschaftliche Betriebe ist die Hilfe aus Brüssel überlebenswichtig. Die Verhandlungen gehen heute weiter, aber der Weg für eine definitive Einigung scheint nach der letzten Nacht geebnet.
Seit Donnerstag tagte das Verhandlungsteam des EU-Parlament, dem Herbert Dorfmann als Agrarverantwortlicher der EVP angehört, der Kommission und der Agrarministern. Bei den Verhandlungen ging es auch für die Südtiroler Landwirtschaft um wichtige Themen, betont Herbert Dorfmann, der als Verantwortlicher der Europäischen Volkspartei für die Agrarpolitik eng in die Verhandlungen eingebaut war: „Von Anfang an habe ich mich immer dafür eingesetzt, dass es zu einer gerechteren Verteilung der Agrargelder kommt. Das heißt, dass kleinere und mittlere Betriebe stärker berücksichtigt werden müssen.“ Das ist gelungen. Zehn Prozent des Geldes wird bei den größten Betrieben gestrichen und auf die kleineren verteilt werden. Daneben gelte es jetzt nach Verabschiedung der GAP benachteiligte Gebiete stärker zu unterstützen und das Geld vor allem jenen Bäuerinnen und Bauern zur Verfügung zu stellen, die von der Landwirtschaft leben und aktiv Landwirtschaft betreiben.
Dass in der neuen GAP die Umweltaspekte stärker unterstrichen werden, sei für Südtirol eine Chance, sagt der EU-Parlamentarier. Nachhaltigkeit sei kein neues Thema für die lokale Landwirtschaft. „Der hohe Anteil an Dauergrünland, die integrierte Produktion und der wachsende Anteil an Biolandwirtschaft in den Intensivkulturen sind gute Voraussetzungen, um die jetzt anstehenden Debatten gut anzugehen“, betont Herbert Dorfmann.
Zum ersten Mal enthält die GAP eine soziale Dimension: „Es braucht ein Gleichgewicht zwischen ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit. Dazu ist diese Übereinkunft ein wichtiger Schritt“, sagt der EU-Politiker. Ein Betrieb müsse auch wirtschaftlich nachhaltig sein. Künftig werden junge Landwirte und Familienbetriebe stärker unterstützt. „Die Konkurrenzfähigkeit der europäischen Landwirtschaft darf nicht durch immer neue Auflagen in Frage gestellt werden“, unterstreicht Herbert Dorfmann.
Daher könne von den Landwirten nicht nur gefordert werden. Sie müssten auch gefördert werden. „Konsumenten werden sich daran gewöhnen, dass sie nicht nur höhere Anforderungen an Lebensmittel stellen können, sondern dass sie dafür auch einen gerechten Preis bezahlen.“ Der Übergang zu einer digitalisierten Landwirtschaft mit neuen Technologien wird in den kommenden Jahren ein großes Thema sein.
Auf nationaler Ebene werden die Direktzahlungen bis 2027 angepasst, die Versicherungssysteme werden verbessert. Die Rolle der Regionen bei Entscheidungen auf staatlicher Ebene sei mit der GAP ebenfalls gesichert, schließt Dorfmann ab.
Nach dieser politischen Einigung müssen in den heutigen Verhandlungen nun noch einige technische Details geklärt werden und das Parlament muss in einer Schlussabstimmung der Einigung zustimmen. Am 1. Jänner 2023 gelten dann die neuen Regeln.