Von: mk
Bozen – Die Parteileitung der SVP hat sich für Gemeinderatswahlen am 6. September ausgesprochen. Dies stößt allerdings auf Kritik. Während die Süd-Tiroler Freiheit den Termin für ungünstig hält, kritisieren die Grünen, dass die Entscheidung, wann die Wahlen stattfinden, nicht in einem demokratischen Prozess getroffen werden.
Die Süd-Tiroler Freiheit hält den 6. September deshalb für ungünstig, weil Südtirols Bürger „derzeit ganz andere Sorgen“ hätten, „als sich mit dem Wahlkampf der Parteien für die Gemeindewahlen herumzuschlagen“. Die Bewältigung der Auswirkungen der Corona Pandemie habe Vorrang.
Werner Thaler, Sprecher der Arbeitsgruppe für Gemeindepolitik der Süd-Tiroler Freiheit, spricht sich dafür aus, den Wahltermin erst dann festzulegen, sobald die Ausgangslage klar ist. Derzeit könne das Ende der Corona-Pandemie noch nicht eingeschätzt werden. Es müsse möglich sein, einen Wahlkampf ohne Einschränkungen durchzuführen. Es sei derzeit keine Eile geboten, einen neuen Wahltermin festzulegen.
„Ein Wahltermin im Spätsommer würde bedeuten, dass die technische Vorbereitung in den Hochsommer fällt und dies gerade für Klein-Parteien und Bürgerlisten um einiges schwerer ist“, so die Bewegung. Größere Wahlveranstaltungen im Sommer könnten möglicherweise aufgrund der Corona-Pandemie nicht möglich sein.
Die Süd-Tiroler Freiheit wirft der SVP wahltaktische Überlegungen vor. „Gemeinderatswahlen bedürfen einer intensiven Vorbereitung und keiner Schnellschlüsse“, betont Thaler. Die Süd-Tiroler Freiheit erinnert daran, dass bereits zweimal der Termin verschoben werden musste, weil sich die Vorschläge der SVP als nicht umsetzbar erwiesen.
Werner Thaler schlägt zudem vor, den Termin zumindest nach Rücksprache mit den Landtagsparteien festzusetzen. Auch für das Verfassungsreferendum sei noch kein neuer Termin festgelegt worden.
Grüne: „Manche Dinge ändern sich nie“
Die Grüne stört hingegen die Vorgangsweise. „Ob mit, oder ohne Corona – manche Dinge scheinen sich in unserem Land nie zu ändern. Nur so lässt sich erklären, dass der Termin für die Durchführung der Gemeinderatswahlen nicht in einem demokratischen Prozess, sondern schlicht von der SVP-Parteileitung auf den 6. September festgelegt wurde“, erklären Felix von Wohlgemuth Marlene Pernstich.
Es finde kein Austausch mit den politischen Vertretern im Landtag und keine transparente Diskussion über die Sinnhaftigkeit dieses Zeitpunktes statt, sondern werde von einer Partei im Alleingang bestimmt, welche offensichtlich nur die eigenen Interessen verfolgt.
„Wahltaktisch mag dieses Datum ja durchaus Sinn ergeben. Vom Landeshauptmann, über die Landesregierung bis zu den Bürgermeisterinnen und die Bürgermeister – die SVP dominiert derzeit die mediale Berichterstattung. Da wollen natürlicherweise einige in der Parteizentrale diesen Schwung ‚mitnehmen‘, das ‚Macherimage‘ in Wählerstimmen ummünzen. Da kommt es dann auch gelegen, dass vor dem Wahltermin noch die großen Rettungspakete verkündet und der ‚Sieg‘ über die Krise verkündet werden. Einen billigeren Wahlkampf könnte sich die hoch verschuldete SVP wohl nicht wünschen“, spekulieren die Grünen.
Weiterer gewollter Nebeneffekt des SVP-Wahltermins seien die vielen aufmüpfigen und kritischen Bürger- und Dorflisten im Land, die „sich doppelt schwer tun“ werden. Zum einen müssten sie im Juli Unterschriften für ihre Listen sammeln und die ganze Wahlbürokratie stemmen, zum anderen würden viele Bürgerinnen und Bürger in bzw. nach dieser Krise schlicht nicht die Zeit haben, sich politisch zu engagieren. „Wer sich Sorgen um Betrieb, Arbeitsplatz und Familie machen muss, kann und wird keinen Wahlkampf machen.“
Aber auch unabhängig von politischen Überlegungen ist dieses Datum laut den Grünen „schlicht absurd“. „Bis heute kann keiner sagen, wie es in den nächsten Monaten weitergehen wird. Sollen die Verantwortlichen in den Gemeindestuben wirklich genau zu jenem Zeitpunkt gewechselt werden, wenn die Rettungspakete dann auf lokaler Ebene umgesetzte werden sollen? Soll genau zu jenem Zeitpunkt, wo der Zusammenhalt aller gefragt ist, Wahlkampf betrieben werden und Unsicherheit in die Gemeindestuben Einzug halten? Wir finden nicht“, meinen die Grünen.
Das Hauptaugenmerkt müsse heute darauf liegen, die demokratischen Strukturen in den Gemeinden wieder zum Laufen zu bringen. Gemeinderäte und Kommissionen müssten wieder tagen und so die Vertretung der Bevölkerung bei der Willensbildung in den Dörfern sicherstellen.
„Die Wahlen können ohne Probleme auch im Dezember oder Anfang des nächsten Jahres abgehalten werden, oder zumindest zeitgleich mit dem Verfassungsreferendum, auch wenn die SVP damit Gefahr läuft, ihren ‚Corona-Bonus‘ zu verlieren“, erklären Felix von Wohlgemuth Marlene Pernstich.