Neuer Verteidigungsminister Shapps gilt als politisch vielseitig

Grant Shapps wird neuer britischer Verteidigungsminister

Donnerstag, 31. August 2023 | 14:54 Uhr

Von: APA/Reuters/dpa

Nach dem Rücktritt des langjährigen britischen Verteidigungsministers Ben Wallace übernimmt der bisherige Energieminister Grant Shapps den Posten. Das kündigte der konservative Premierminister Rishi Sunak am Donnerstag beim Kurznachrichtendienst X an. Für Shapps ist es bereits der fünfte Regierungsposten innerhalb eines Jahres. Er gilt als politisch flexibel und mediengewandt. Kritiker sehen in ihm einen “Ja-Sager”, der nun Sunaks Sparpläne im Militärbereich umsetzen könnte.

Shapps dürfte damit auch zu einem wichtigen Gesicht werden, wenn es um die Koordinierung der Hilfen für die Ukraine geht, die sich seit eineinhalb Jahren gegen Russlands Angriffskrieg verteidigt. Ob er dabei so standhaft sein wird wie das politische Schwergewicht Wallace, bleibt abzuwarten. Dieser warnte in seinem Rücktrittsschreiben vor Ausgabenkürzungen im Verteidigungsbereich. Diese sollten “nicht als Ermessensausgaben” angesehen werden, betonte er zum Abschluss seiner vierjährigen Amtszeit als Verteidigungsminister.

Kritiker befürchten, dass es nun genau dazu kommen wird. “Für Verteidigung hätte es jemanden gebraucht, der für das Verteidigungsministerium und dessen Budget kämpft”, betonte der einflussreiche konservative Aktivist Tim Montgomerie am Donnerstag auf der Plattform X, früher Twitter. “Stattdessen hat Sunak einen Überloyalisten ernannt, der seine Sache in den Medien vertritt. Sehr enttäuschend, aber überhaupt nicht überraschend.” Der Sky-News-Reporter Sam Coates hatte für die Nachfolge des allseits geschätzten Wallace prophezeit: “Ein Loyalist, der nicht viel Geld ausgeben will und gut im TV ist.”

Verwunderung herrscht auch deshalb, weil Experten durchaus verfügbar gewesen wären. Sicherheits-Staatssekretär Tom Tugendhat wurde ebenso als logische Wahl genannt wie die Verteidigungs-Staatssekretäre James Heappey (Streitkräfte) und Johnny Mercer (Veteranen). Alle drei dienten – im Gegensatz zu Shapps – in der Armee und wurden teilweise mehrmals in Afghanistan eingesetzt. Ex-Generalstabschef Richard Dannatt kritisierte, Shapps wisse “sehr wenig” über Verteidigung.

Shapps kündigte nach seiner Ernennung an, die britische Unterstützung für die Ukraine “in ihrem Kampf gegen die barbarische Invasion von (Kremlchef Wladimir) Putin” ungebrochen fortzusetzen. Er war erst vergangene Woche noch als Energieminister in das Land gereist, um dort die Hilfe der britischen Regierung bei der Versorgung der Kernkraftwerke mit angereichertem Uran zu betonen. Als Ressortchefin folgt ihm Claire Coutinho (38), ebenfalls eine Sunak-Loyalistin und bisher Staatssekretärin im Bildungsministerium.

Shapps hat sich seine politischen Sporen verdient, indem er immer dann vor die Kameras trat, wenn politische Brandherde gelöscht werden müssen. Fünf Kabinettsposten unter drei Premierministern sprechen eine klare Sprache: Shapps war Verkehrsminister im Kabinett des früheren Premiers Boris Johnson und unter Liz Truss etwa eine Woche lang Innenminister. Mit dem Regierungswechsel zu Sunak übernahm er das Wirtschaftsministerium und dann das Ministerium für Energiesicherheit.

Wallace hatte seinen Rücktritt bereits im Juli angekündigt. Er will sich bei der für kommendes Jahr erwarteten Unterhauswahl auch aus dem Parlament zurückziehen. Wallace zählte zu den populärsten Ministern und Liebling der Parteibasis. Im Zuge der Führungsturbulenzen bei den Torys widerstand er aber dem Ruf, selbst seinen Hut in den Ring zu werfen. Offene Ambitionen zeigte er nur, als heuer über die Nachfolge von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg diskutiert wurde. Seine Kandidatur scheiterte aber dem Vernehmen nach an mangelnder Unterstützung der USA.

In seinem Rücktrittsschreiben zog Wallace eine positive Bilanz seiner vierjährigen Amtszeit. “Das Verteidigungsministerium ist wieder drauf und dran, Weltklasse zu werden mit Weltklasse-Leuten”. Premierminister Sunak reagierte in seinem Antwortschreiben mit Lob. “Du hast unserem Land in drei der am meisten fordernden Regierungsposten gedient: Verteidigungsminister, Sicherheitsminister und Nordirland-Minister.” Er habe daher, “volles Verständnis” für den Rücktrittswunsch nach insgesamt acht Jahren in Ministerfunktion.