Von: ka
Mainz/Terlan – Der Agrarsprecher der konservativen Parteien (EVP) im Europaparlament Herbert Dorfmann hat in jüngster Vergangenheit mehrfach den Green Deal in Frage gestellt und fordert, die Vorlage der „From-Farm-to-Fork“-Strategie auf den Herbst zu verschieben.
Jan Plagge, Präsident Bioland e.V. kommentiert: „Wir dürfen die Krisen nicht gegeneinander ausspielen – doch das geschieht gerade, wenn die Fraktion der konservativen Parteien (EVP) im Europaparlament nun fordert, die Prioritäten anders zu setzen: Den Status Quo gelte es in der Corona-Krise zu stabilisieren, der Green Deal wird angeblich zum Luxus, den man sich in der jetzigen Situation nicht leisten kann. Das ist falsch. Denn natürlich bestehen Zusammenhänge zwischen all diesen Entwicklungen und Phänomenen. Wenn die Corona-Epidemie so fatale Folgen für die Wirtschaft hat, dann eben auch, weil unsere Art des Wirtschaftens ungesund ist. Sie basiert – kurz gesagt – auf einer weltweiten Ausbeutung billiger Ressourcen und billiger menschlicher Arbeitskraft. Sie basiert auf der Zerstörung von Natur und Umwelt und resultiert in einer absehbaren Klimakatastrophe.
Eine weitergedachte Strategie muss hier ansetzen. Wir müssen unsere Agrar-, Wirtschafts- und Handelspolitik so vorantreiben und gestalten, dass wir die wirtschaftliche Existenz der Menschen, in unserem Fall der Bauern und Bäuerinnen, mit Umwelt- und Klimaschutz verbinden. Daher darf es keinen Rückfall in alte Muster geben: Auch und gerade in der akuten Gesundheitskrise und der schwerwiegenden Folgen für die Wirtschaft müssen wir die Weichen so stellen, dass sich eine wiederbelebte Wirtschaft insgesamt und auch die Land- und Ernährungswirtschaft verändert und erneuert.“
Gerade für kleinstrukturierte Regionen wie Südtirol seien regionale Wertschöpfungen unerlässlich.
Toni Riegler, Obmann Bioland Südtirol: “Jeder kluge Bauer baut nach einem Feuer seine Scheune so auf, dass er die bis dahin gemachten Erkenntnisse mit einbezieht. Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen, Covid-19 als Vorwand für eine rückwärtsgewandte Agrarpolitik zu nehmen. Regionale Kreisläufe, Klima- und Umweltschutz sowie die Erzeugung hochwertiger Lebensmittel gehören mit hinein in diese Diskussion.“
„Um die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik für diese Gleichung zu nutzen und nicht weitere wertvolle sieben Jahre zu verlieren, brauchen wir die Farm-to-Fork-Strategie und die Biodiversitätsstrategie vor den abschließenden Verhandlungen zur GAP, die im Herbst zu erwarten sind,“ bekräftigt Jan Plagge. „Die Strategien zu veröffentlichen, wenn alle Messen gelesen sind, wäre sinnlos. Sie müssen die Basis sein, auf der die europäische Agrarpolitik in Richtung einer nachhaltigen Ernährung umgebaut wird. Denn während wir versuchen, die Corona-Krise zu überstehen, ist keines unserer anderen Probleme verschwunden. Wir können diese globalen und existenziellen Krisen nur im Zusammenhang bewältigen. Corona muss dafür ein weiterer Anlass sein und kein Vorwand zum Aufschub.“