Von: mk
Bruneck – Die „verdi grüne vërc Bruneck“ nehmen mit Interesse die Stellungnahme von Stadtrat Daniel Schönhuber zur Tourismusdebatte in Bruneck zur Kenntnis. Sie zeigen sich auch kritisch gegenüber dem geplanten Neubau eines Fünf-Sterne-Hotels an der Talstation des Kronplatzes mit 72 neuen Betten.
Stadtrates Schönhuber soll bei der letzten Gemeinderatsitzung in Bruneck erklärt haben: „In Bruneck spüren wir nichts vom Overtourismus.“ Gemeinderat Rudi Rastner soll unterdessen gesagt haben, dass Stillstand Rückschritt bedeute.
Die Grünen teilen die Auffassung von Stadtrat Schönhuber, dass eine sachliche Diskussion notwendig sei, um die Zukunft unserer Stadt zu gestalten. Allerdings müsse Sachlichkeit bedeuten, alle Aspekte zu beleuchten – nicht nur die wirtschaftlichen Vorteile, sondern auch die sozialen und ökologischen Kosten, die auf den Schultern der Bürgerinnen und Bürger lasten würden. Die Grünen sähen sich verpflichtet, auf Basis evidenzbasierter Politik zu antworten und nicht mit politischen Sonntagsreden, heißt es in einer Aussendung.
Stadtrat Schönhuber betont, dass der Tourismus ein bedeutender Pfeiler des Wohlstands sei und ein breites Kultur- und Sportangebot sowie ein lebendiges Stadtzentrum ermögliche. Dies ist eine bekannte Argumentation. Wie das Landesstatistikinstitut ASTAT und das Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer erhoben haben, trägt der Tourismus zwar signifikant zur Wirtschaftsleistung bei (rund 11,4 Prozent des regionalen BIP, inklusiver indirekter Effekte bis zu 16 Prozent der Gesamtwertschöpfung Südtirols, Tendenz steigend), doch die Forschung zeige den Grünen zufolge auch die Kehrseite der Medaille: Die Ortsansässigen würden die negativen Auswirkungen in ihrem Alltag spüren.
Schönhuber spricht von vollen Straßen, knappen Parkplätzen und Müllproblemen. Den Grünen zufolge seien dies nur Symptome eines tiefer liegenden Problems. Die jüngsten Studien der Universität Bozen (2023) würden eine deutliche Sprache sprechen: Die Mehrheit der Bevölkerung nehme den Tourismus in drei zentralen Lebensbereichen – Verkehr, Lebenshaltungskosten und Immobilienmarkt – negativ oder sehr negativ wahr.
Die Bevölkerung nehme die hohen Lebenshaltungskosten (in Südtirol konservativ geschätzt 20 Prozent über dem nationalen Schnitt) als direkte Folge des Tourismus wahr. „Diese Zahlen sind keine abstrakten Statistiken, sondern spiegeln die tägliche Realität unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger wider“, erklären die Grünen. Wenn die Hälfte der Befragten die Lebenshaltungskosten als negativ bewertet und 15 Prozent sogar als “sehr schlecht” einschätzen, dann sei dies ein Alarmsignal, das politisches Handeln erfordere – nicht schöne Worte über die angebliche Vereinbarkeit von Tourismus- und Ortsansässigen-Interessen, so die Grünen.
Weiters zeige diese Studie zur “Lebensraumqualität Südtirol”, dass der Tourismus die Preise für Wohnraum in die Höhe treibt und es damit für junge Südtirolerinnen und Südtiroler fast unmöglich macht, sich ein Eigenheim zu leisten, und sie manchmal sogar zur Abwanderung zwingt.
Ein “lebenswertes” Bruneck für Ortsansässige und Gäste könne nur dann Realität werden, wenn man die Bedürfnisse derjenigen, die hier leben und arbeiten, an erste Stelle setze, so die Grünen in Bruneck: „Wohlstand, der die Existenz der lokalen Bevölkerung erschwert, ist kein nachhaltiger Wohlstand! Wir brauchen ein Tourismuskonzept, das nicht nur auf Rekordzahlen bei Ankünften und Nächtigungen abzielt, sondern die Lebensqualität unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger in den Mittelpunkt stellt.“ Dies bedeute unter anderem, Obergrenzen der touristischen Spitzenbelastung, z.B. durch Besucherlenkung und nachhaltige Mobilitätskonzepte, zu diskutieren, den sozialen Wohnbau zu stärken und alternative Wirtschaftsmodelle zu fördern, erklären die Grünen abschließend.
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