UNO fordert Israel und Iran zu Zurückhaltung auf

Internationale Kritik an Israels Angriffen auf den Iran

Freitag, 13. Juni 2025 | 14:45 Uhr

Von: APA/dpa/Reuters/AFP

Die Angriffe Israels auf mehrere Ziele im Iran haben internationale Kritik hervorgerufen. UNO-Generalsekretär António Guterres, die EU-Spitze, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und China riefen am Freitag alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Offene Kritik kam aus den Golfstaaten, aus Moskau und der Türkei. Die USA hoffen weiter auf Verhandlungen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warnte nach dem israelischen Angriff vor Vergeltungsmaßnahmen des Iran. Europa fordere “alle Parteien dringend auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben, die Lage sofort zu deeskalieren und von Vergeltungsmaßnahmen abzusehen”, schrieb von der Leyen am Freitag im Onlinedienst Bluesky. Auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas forderte alle beteiligten Parteien zur Zurückhaltung auf, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Diplomatie sei dafür der beste Weg. Sie stehe bereit, um Initiativen in dieser Hinsicht zu unterstützen.

Auch der britische Premier Keir Starmer rief auf der Plattform X alle Parteien dazu auf, “einen Schritt zurückzutreten und sofort Spannungen abzubauen. (…) Eine Eskalation hilft niemandem in der Region.” Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz und Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot äußerten sich in ähnlichen Worten.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hob dagegen Israels Recht auf Selbstverteidigung hervor. Frankreich habe das iranische Atomprogramm wiederholt verurteilt, erklärte Macron, der Israel im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg häufig kritisiert hat, auf der Online-Plattform X. Er habe mit mehreren Staats- und Regierungschefs gesprochen, darunter Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman und US-Präsident Donald Trump. Den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu erwähnte Macron in diesem Zusammenhang nicht.

Auch China zeigte sich zutiefst besorgt über die schwerwiegenden Folgen, die der israelische Angriff auf den Iran haben könnte. Die plötzliche Eskalation diene den Interessen keiner Partei, erklärt das Außenministerium in Peking. China fordere alle relevanten Parteien auf, in einer Art und Weise zu handeln, die zum Frieden und zur Stabilität in der Region beitrage. Die Volksrepublik sei bereit, in dem Konflikt eine konstruktive Rolle zu spielen und zur Deeskalation beizutragen.

Rutte: “Einseitige Aktion Israels”

NATO-Generalsekretär Mark Rutte appellierte an die Verbündeten der Militärallianz, auf eine Deeskalation im Nahen Osten hinzuwirken. “Dies war eine einseitige Aktion Israels”, sagt Rutte in Stockholm auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson. “Daher halte ich es für entscheidend, dass viele Verbündete, einschließlich der Vereinigten Staaten, während wir hier sprechen, an einer Deeskalation arbeiten.”

UN-Generalsekretär António Guterres hat besorgt und kritisch auf die israelischen Angriffe auf den Iran reagiert. “Der Generalsekretär verurteilt jegliche militärische Eskalation im Nahen Osten”, teilte ein Sprecher des Portugiesen mit. Guterres sei besonders beunruhigt über Israels Angriffe auf iranische Atomanlagen, die sich während laufender Gespräche über das Programm zwischen dem Iran und den USA ereigneten.

“Der Generalsekretär fordert beide Seiten auf, äußerste Zurückhaltung zu üben und unter allen Umständen eine Eskalation des Konflikts zu vermeiden – eine Entwicklung, die sich die Region kaum leisten kann”, so der Sprecher.

Trump hofft auf Rückkehr zu Verhandlungen

US-Präsident Donald Trump hoffte laut einem Bericht des Senders Fox News trotz des israelischen Angriffs auf eine Rückkehr zu Atomverhandlungen. “Der Iran darf keine Atombombe haben, und wir hoffen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Wir werden sehen”, sagte Trump demnach in einem Telefoninterview.

Im Falle iranischer Vergeltungsschläge seien die USA jedoch bereit, sich und Israel zu verteidigen. Er sei im Voraus über den israelischen Angriff informiert worden, sagte Trump laut Fox News weiter, die USA seien aber nicht in den Angriff einbezogen gewesen. Trump hatte den Iran in den vergangenen Monaten mehrfach gewarnt, dass es ohne eine Einigung im Atomstreit zu einem Militäreinsatz kommen könnte.

Kritik aus Moskau, der Türkei, arabischen Staaten

Russland verurteilt den israelischen Angriff auf den Iran als “Eskalation”. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagt laut russischer Nachrichtenagentur Interfax, man sei besorgt wegen der aktuellen Entwicklungen. Russland, das über enge Beziehungen zum Iran verfügt, hatte sich bei den Verhandlungen der USA zu Teherans umstrittenen Atomprogramm zuletzt als Vermittler angeboten. Moskau und Teheran hatten Mitte Jänner eine strategische Zusammenarbeit für die nächsten 20 Jahre vereinbart, die allerdings keinen gegenseitigen militärischen Beistand vorsieht – anders als bei einem ähnlichen Abkommen zwischen Russland und Nordkorea.

Auch das NATO-Land Türkei verurteilte den israelischen Angriff auf den Iran. Israel müsse sofort seine Aggression stoppen, die zu einem noch größeren Konflikt führen könne, erklärt das türkische Außenministerium. Der Angriff zeige, dass Israel das Thema nicht durch diplomatische Mittel lösen wolle. Die Türkei hat sich wiederholt kritisch zu Israel geäußert, insbesondere zur massiven Militäroffensive im Gazastreifen.

Der US-Verbündete Saudi Arabien, selbst Erzfeind des Iran, verurteilt den Angriff. Die Angriffe stellten eine klare Verletzung internationalen Rechts dar, hieß es in einer Mitteilung der saudischen Regierung. “Das Königreich verurteilt diese ruchlosen Angriffe und betont, dass die internationale Gemeinschaft und der Sicherheitsrat eine große Verantwortung tragen, diese Aggression umgehend zu stoppen”, hieß es in einer Mitteilung aus Riad.

Die omanische Regierung bezeichnete die Angriffe laut der Nachrichtenagentur des Landes als “gefährliche und rücksichtslose Eskalation”, die eine eklatante Verletzung der UN-Charta und des Völkerrechts darstelle. Zudem drohe das israelische Vorgehen, diplomatische Bemühungen zunichtezumachen. Erst am Donnerstag hatte Omans Regierung eine sechste Runde von Gesprächen zwischen dem Iran und den USA über das Atomprogramm des Landes in der omanischen Hauptstadt Muskat für Sonntag angekündigt. Bisher hatten die Gespräche keinen Durchbruch gebracht.

Ähnlich reagierten Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), die den Angriff aufs Schärfste verurteilten. Katar sprach von einer “eklatanten Verletzung” der Souveränität und Sicherheit des Irans. Die Vereinigten Emirate äußern ihre tiefe Besorgnis über die Auswirkungen auf die Sicherheit in der Region.

Auch die Atommacht Pakistan verurteilt den Angriff Israels und warnt vor gravierenden Folgen. “Dieser schwerwiegende und höchst unverantwortliche Akt ist zutiefst besorgniserregend und birgt die Gefahr einer weiteren Destabilisierung einer bereits instabilen Region”, schrieb der pakistanische Premierminister Shehbaz Sharif auf der Online-Plattform X.

Houthi drohen Israel und Verbündeten

Die mit dem Iran verbündeten Houthi-Rebellen im Jemen haben die Angriffe Israels auf iranische Atomanlagen als “illegal und ungerechtfertigt” kritisiert und mit Konsequenzen gedroht. Der Iran habe die Möglichkeiten, sich gegen die Verletzung seiner Souveränität zu wehren, hieß es in einer Mitteilung. Israel und seinen westlichen Verbündeten, vor allem den USA, drohte die Miliz mit Konsequenzen. “Wer Brände in der Region legt, wird sich die Finger verbrennen.”

Die Houthi beschießen seit Beginn des Gaza-Kriegs immer wieder Israel mit Drohnen und Raketen mit der Begründung, die Palästinenser unterstützen zu wollen. Auch Handelsschiffe mit Verbindungen zu Israel sowie den USA und Großbritannien wurden immer wieder angegriffen.

Zypern bereit für Hilfe bei Evakuierungen

Zypern bot indes Hilfe bei möglichen Evakuierungen aus dem Nahen Osten an. Ein entsprechender Mechanismus sei aktiviert worden, teilte ein Regierungssprecher mit. Präsident Nikos Christodoulides habe für Freitag eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates einberufen. Die Mittelmeerinsel, die zur EU gehört, liegt rund 400 Kilometer von der israelischen Küste entfernt. Der Iran hat Israel für den Angriff mit Vergeltung gedroht.

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