Von: mk
Bozen – Den Entwurf für den Landeshaushalt 2022 hatte die Landesregierung am 26. Oktober vorgelegt. Heute hat Landeshauptmann Arno Kompatscher im Südtiroler Landtag den Budgetentwurf mit einer Ausstattung von 6,533 Milliarden Euro vorgestellt. Dabei verwies der Landeshauptmann darauf, dass der Haushalt immer noch “sehr gut ausgestattet” sei und “sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten” garantiere.
Haushalt garantiert Gestaltungsmöglichkeiten
“6,533 Milliarden Euro sind eine eindrucksvolle Summe und das Ergebnis vieler harter Verhandlungen meiner Vorgänger, meiner Mitstreiterinnen und Mitstreiter sowie auch meiner persönlichen Verhandlungen als Landeshauptmann”, sagte Kompatscher mit Verweis auf das jüngste Finanzabkommen, dank dessen im vorliegenden Haushalt 237 Millionen Euro mehr veranschlagt und die Garantien des Sicherheitspaktes von 2014 aufrecht erhalten werden konnten. Noch zu verhandeln sei über die Südtirol zustehenden Mittel auf die Treibstoffakzisen. Der Landeshauptmann zeigte auf, dass die Steuerlast auf Einkommen in Südtirol weiterhin die italienweit niedrigste bleibe, zumal der regionale IRPEF-Zuschlag nicht angehoben werde. Mehreinnahmen von 66 Millionen ergäben sich hingegen durch die Rückkehr zum IRAP-Normalsteuersatz von 3,9 Prozent, auch vor dem Hintergrund einer geplanten Abschaffung dieser Wertschöpfungssteuer durch den Staat. “Über 700 Leistungen werden derzeit mit dem 6,53-Milliarden-Euro-Landeshaushalt bestritten”, sagte Kompatscher. Ob diese alle zeitgemäß, notwendig und sinnvoll sind, sei laufend und ehrlich zu beantworten. Dabei seien die Sichtweisen naturgemäß sehr unterschiedlich. “Das aktuelle Leistungsspektrum der Landesverwaltung ist Ausdruck gesellschaftlicher Notwendigkeiten und Erwartungen, denen wir durch entsprechende politische Abwägungen und Verhandlungen so gut wie möglich entgegenkommen müssen”, unterstrich Landeshauptmann Kompatscher.
Größter Anstieg bei Ausgaben im Sozialen
Als eine “Investition in das Fundament der Gesellschaft und in den sozialen Ausgleich” bezeichnete Kompatscher die Ausgaben für den Sozialbereich, die im kommenden Haushalt bei rund 523 Millionen Euro starten und mit dem Nachtragshaushalt noch ergänzt werden; vor sechs Jahren waren es noch 448 Millionen Euro. Damit sind die Ausgaben im Sozialbereich mit am stärksten angestiegen. Aber auch Gesundheitsversorgung und Pflege einer jährlich älter werdenden Gesellschaft kosten Jahr um Jahr mehr. 1454 Millionen Euro stehen im Haushaltsentwurf 2022 für das Gesundheitswesen zur Verfügung. Gerechnet wird mit einer durchschnittlichen Kostensteigerung von mindestens zwei Prozent im Jahr. Ähnliche Dynamiken zeigte der Landeshauptmann auch für andere Bereiche auf: “Mit der Modernisierung unserer Gesellschaft steigen die Mindestansprüche stetig und damit auch die öffentlichen Ausgaben.”
Von den finanztechnischen Aspekten abgesehen, legte der Landeshauptmann Schwerpunkte auf gesellschaftliche und politische Themen: die immer noch andauernde Corona-Krise, auf die Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung und die Bedeutung der Autonomie.
Corona darf nicht spalten
Dass die Pandemie, die den weltweiten Alltag weiterhin prägt, bisher nicht überwunden werden konnte, sei laut Landeshauptmann Kompatscher darauf zurückzuführen, dass “ein zu großer Teil unserer Gemeinschaft die vorhandenen und erprobten Möglichkeiten zur Eindämmung von Corona unzureichend genutzt” habe. Es sei nicht gelungen, alle Menschen auf dem kürzesten Weg aus der Krise mitzunehmen. “Jetzt wird Südtirol schnell wieder zurückfinden müssen auf den Weg in Richtung Zukunft, der zweifellos große Veränderungen mit sich bringen wird. Ob diese Veränderungen im Sinne der Nachhaltigkeit durch politische Gestaltung oder durch Katastrophen, Völkerwanderungen, soziale Verwerfungen, Unruhen oder gar Kriege erfolgen werden, wissen wir heute noch nicht”, sagte Kompatscher wörtlich und plädierte an die Eigenverantwortung: “Wir haben es aber ein Stück weit selbst in der Hand.”
Nachhaltige Entwicklung forcieren
Der Landeshauptmann gab zu bedenken, dass diese Risse in der Gesellschaft keine sonderlich guten Vorzeichen für dringend notwendige Änderung hin zu einer nachhaltigen Entwicklung seien. Der Weg hin zu den 17 Nachhaltigkeitszielen sei weit und erfordere den Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft. “Große Veränderungen lassen sich naturgemäß aber nur schwer anstoßen”, erklärte Kompatscher, “wenn zwar alle darüber einig sind, dass sich etwas ändern muss, aber eben beim Nächsten anzufangen sei.” Landeshauptmann Kompatscher bezeichnete das “allein auf positives Wachstum ausgerichtete Modell als eine der Wurzeln des Problems” und betonte: “Verzicht muss in einer Überflussgesellschaft wie der unseren nicht unbedingt ein Einschnitt oder ein großer Verlust sein.”
Gemeinsam für das Klima
Obwohl Südtirol nur ein kleiner Punkt auf der globalen Weltkarte darstelle, habe das Land die Chance, ein sichtbares Zeichen der positiven Veränderung zu setzen, erklärte der Landeshauptmann: Die Südtiroler Landesregierung hat in diesem Jahr eine Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet und den Entwurf des überarbeiteten Klimaplans vorgelegt. Die Kritik, dass der Entwurf zur Überarbeitung des Klimaplans noch nicht weitreichend genug sei, “ist angekommen, und verschiedene Vorschläge, die bisher geäußert wurden, werden eingearbeitet”, sagte Kompatscher, und rief zu einer vertrauens- und respektvollen Auseinandersetzung mit dem Thema auf.
Schutz der Rechte der jungen Menschen
Der Weg zur Nachhaltigkeit werde anstrengend, blickte der Landeshauptmann in die Zukunft, aber ihn erfolgreich zu beschreiten könne Stolz machen und Freude bringen. Kompatscher zog einen Vergleich zum steinigen Weg zur Südtirol-Autonomie, die im kommenden Jahr das halbe Jahrhundert seit Inkrafttreten des Zweiten Autonomiestatut, des sogenannten “Südtirol-Paketes”, begeht. “Unsere Autonomie, mit ihren Vorschriften zu Proporz und Mehrsprachigkeit, verursacht natürlich auch Kosten, aber letztlich werden Konflikte vermieden, die weit schwerer wiegen würde”“, betonte der Landeshauptmann, der in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit des Minderheitenschutzes hervorhob und im Zusammenhang mit dem Thema der Nachhaltigkeit sagte: “Es geht um den Schutz der Rechte einer Minderheit: Es geht um den Schutz der Rechte der jungen Menschen.”
SVP im Landtag: In Richtung Zukunft losmarschieren
Der Haushalt 2022 ist mit 6,5 Milliarden Euro der größte Haushalt in der Geschichte des Landes. Darauf weist die SVP im Landtag hin. „Selbst wenn wir einige Abstriche hinnehmen müssen, können wir mit Genugtuung sagen, dass wir ein sehr gutstehendes, entwicklungsfreudiges und finanzkräftiges Land sind“, betont SVP-Fraktionsvorsitzender Gert Lanz nach der Haushaltsrede von Landeshauptmann Arno Kompatscher, der darin für Südtirol durchaus positive Aussichten prognostizierte.
„Schnell ist das Gewitter während des Aufstiegs vergessen, wenn man unversehrt den Gipfel erreicht“, sagt Gert Lanz. Trotz Pandemie sei es der Landesregierung gelungen, einen Haushalt vorzulegen, der den Südtirolerinnen und Südtirolern weiterhin Stabilität und Sicherheit garantiert und eine solide Basis für die kommenden Jahre darstellt.
„Wir müssen jetzt in Richtung Zukunft losmarschieren, mit den Mitteln, die uns aktuell zur Verfügung stehen – und das sind nicht wenige. Wir lärmen auf hohem Niveau. Denn bei einem Haushaltsvolumen von 6,5 Milliarden und einer öffentlichen Verwaltung, die in dieser schwierigen Zeit alle Kernleistungen in sämtlichen Bereichen sicherstellt, sollten wir bereit sein, Prioritäten zu setzen und Kompromisse einzugehen. Selbstverständlich können nicht alle Wünsche auf dem Wunschzettel berücksichtigt werden – doch die allermeisten schon“, betont SVP-Fraktionsvorsitzender Lanz und unterstreicht die Worte des Landeshauptmannes, der in seiner Haushaltsrede sagte, dass Verzicht in einer Gesellschaft wie der unseren nicht unbedingt ein Einschnitt oder ein Verlust sein müsse. Es gelte jetzt allerdings, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um für uns und unsere Nachwelt gute Erträge zu sichern.
„Die Leistungen in allen Bereichen müssen deshalb laufend auf den Prüfstand gestellt und hinsichtlich ihrer Effizienz und Effektivität bewertet werden. Das ist ein wichtiger Auftrag, dem die Landesregierung stets mit großer Verantwortung nachkommt und die es wertzuschätzen gilt“, meint Lanz und sagt: „So wie wir darauf bedacht sind, uns, unseren Kindern und unserer Nachwelt eine sichere Zukunft zu bereiten, sollten wir auch an alle jene denken, die unser Land aufgebaut und bis heute mitgestaltet haben. Sie haben für uns den Weg geebnet, Verantwortung übernommen und haben uns Mut, Solidarität und Gemeinschaft vorgelebt – jetzt müssen wir die Verantwortung tragen, weiter aufbauen, weiter gestalten und die Herausforderungen annehmen, die uns die Zeit bringt. Es werden auch in Zukunft Gewitter aufziehen, doch auf einem sicheren Weg werden wir mit festem Willen, Optimismus und gutem Schuhwerk bestimmt den nächsten Gipfel erreichen.“