Israel hatte am Mittwoch mehrere Ziele in Damaskus bombardiert

Konflikt Syrien-Israel droht über Drusen zu eskalieren

Donnerstag, 17. Juli 2025 | 18:46 Uhr

Von: APA/dpa/Reuters

Der Konflikt zwischen Syrien und Israel droht angesichts der Kämpfe zwischen Drusen und Sunniten zu eskalieren Der syrische Übergangspräsident Ahmed al-Sharaa verurteilte am Donnerstag die israelischen Luftangriffe auf Damaskus scharf. Israel versuche, sein Land in einen Krieg hineinzuziehen, sagte al-Sharaa in einer Ansprache an seine Landsleute. Israels Premier Benjamin Netanyahu wieder erklärte, keine syrischen Regierungstruppen südlich von Damaskus zulassen zu wollen.

“Wir werden ihnen nicht die Gelegenheit geben, unser Volk in einen Krieg zu verwickeln, der nur dazu dient, unsere Heimat zu zersplittern und Zerstörung zu säen”, so al-Sharaa, der frühere Anführer der Islamistengruppe HTS.

“Wir werden syrischen Streitkräften nicht erlauben, in die Region südlich von Damaskus einzudringen”, sagte dagegen Netanyahu in einer Videoansprache. Eine weitere rote Linie sei “der Schutz unserer Brüder, der Drusen”. Israel werde weiterhin militärische Mittel einsetzen, um seine roten Linien durchzusetzen. Aufgrund des Eingreifens des israelischen Militärs in Syrien sei eine Waffenruhe in Kraft getreten und die syrischen Streitkräfte hätten sich nach Damaskus zurückgezogen, sagte Netanyahu weiter. Die Feuerpause sei “mit Stärke erreicht worden. Nicht durch Bitten, nicht durch Appelle – mit Stärke”, betonte er.

Israel will Drusen schützen

Nach Tagen tödlicher Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern der drusischen Minderheit und sunnitischen Beduinen im Süden Syriens und dem Eingreifen von Regierungstruppen hatte Israel unter anderem Regierungsgebäude im Zentrum von Damaskus angegriffen.

Israel will damit eigenen Angaben zufolge die Drusen schützen, auch weil viele Drusen im israelischen Militär dienen. Sie sind eine religiöse Minderheit, die aus dem schiitischen Islam hervorging und mehrheitlich in Syrien, aber auch in Israel, dem Libanon und Jordanien leben. Die syrische Provinz Suwaida im Süden ist ihre Hochburg.

Aktivisten: Über 500 Tote bei Gewalt in Syrien

Nach tagelanger Gewalt im Süden Syriens haben Regierungstruppen Aktivisten zufolge mit dem Abzug aus dem mehrheitlich von Drusen bewohnten Ort Sweida begonnen. Nach jüngsten Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kamen bei den Auseinandersetzungen 516 Menschen ums Leben. Die Beobachter korrigierten die Opferzahlen am Tag nach der Waffenruhe um Dutzende nach oben. Neben Kämpfern starben demnach auch etliche Zivilisten, darunter Frauen, Kinder und alte Menschen.

Die Regierung in Damaskus teilte laut Medien mit, gemäß einer neuen Waffenruhevereinbarung alle militärischen Einsätze sofort einzustellen. In einer Erklärung des Verteidigungsministeriums zum Abzug der Truppen aus Sweida sei der Abzug anderer Sicherheitskräfte aus der Stadt allerdings nicht erwähnt worden, hieß es. Ein Ausschuss aus Regierungsvertretern und drusischen Geistlichen solle die Umsetzung des Abkommens überwachen. Zuvor hatte US-Außenminister Marco Rubio mitgeteilt, die USA hätten mit allen Beteiligten gesprochen. Man habe sich auf “konkrete Schritte geeinigt, die dieser beunruhigenden und entsetzlichen Situation” später am Mittwochabend ein Ende setzen sollten.

Beduinen fühlen sich an Feuerpause nicht gebunden

Im Süden flammten die Kämpfe allerdings nur wenige Stunden nach Inkrafttreten einer Waffenruhe wieder auf. Beduinen starteten eine Offensive gegen drusische Kämpfer, sagte ein Kommandant der Beduinen am Donnerstag Reuters. Die Beduinen fühlten sich an die Feuerpause nicht gebunden, denn diese gelte nur für die syrische Armee. Ziel der Offensive sei die Befreiung von Beduinen, die von drusischen Kämpfern in den vergangenen Tagen gefangen genommen worden seien.

Israel bombardierte mehrere Ziele in Damaskus

Israel – ein enger Verbündeter der USA – hatte am Mittwoch mehrere Ziele in Damaskus bombardiert, unter anderem auf dem Gelände des Verteidigungsministeriums. Nach Ausbruch der Gewalt zwischen Drusen und sunnitischen Beduinen in der Provinz Sweida hatte die syrische Regierung Truppen und andere Sicherheitskräfte geschickt. Israel griff daraufhin nach eigenen Angaben zum Schutz der drusischen Minderheit ein. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden 15 Angehörige des Verteidigungs- und Innenministeriums bei Israels Luftangriffen getötet.

Syrer flohen nach Gewalt nach Israel

Hunderten Menschen aus Syrien ist es nach dem Gewaltausbruch im Süden des Landes einem israelischen Medienbericht zufolge gelungen, nach Israel zu fliehen. Israels Armee habe in der Nacht Dutzende zurück ins Nachbarland gebracht, berichtete die Nachrichtenseite “ynet”. Die meisten seien Angehörige der religiösen Minderheit der Drusen. Derzeit gebe es Bemühungen, weitere Syrer ausfindig zu machen. Das israelische Militär bestätigte die Angaben auf Anfrage zunächst nicht.

Auch die “Times of Israel” berichtete, dass israelische Streitkräfte mehrere syrische Drusen zurückgeschickt hätten. Es sei unklar, wie viele syrische Drusen sich derzeit noch in Israel aufhielten. Die Zeitung zitierte einen Syrer mit den Worten, er wolle in Israel bleiben und nicht in seine Heimat zurückkehren. Er sei am Mittwoch ins Land gekommen. Dem Bericht zufolge hat er auch seinen kleinen Sohn dabei.

Die israelische Armee holte dem Blatt zufolge in der Nacht zugleich Dutzende Drusen aus Israel aus Syrien zurück. Laut “ynet” übertraten am Mittwoch rund 1.000 Drusen aus Israel die Grenze, um anderen Drusen in Syrien zu helfen, sich vor Gewalt zu schützen. Viele Drusen aus Israel haben Angehörige im Nachbarland. Der “Times of Israel” zufolge sind weiterhin mehrere Dutzend Drusen aus Israel in Syrien. Derzeit werden Löcher im Grenzzaun repariert, meldete das Blatt unter Berufung auf die Armee weiter. Berichten zufolge übertraten auch Abgeordnete des israelischen Parlaments, die Angehörige der religiösen Minderheit sind, den Grenzzaun, um Drusen aus Israel nach Hause zu holen.

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