Von: luk
Bozen – Die jüngste Stellenwahl an Südtirols deutschsprachigen Schulen hat breite Kritik ausgelöst. Weniger als die Hälfte der ausgeschriebenen Lehrerstellen konnte direkt besetzt werden. Bildungsexpertinnen und Vertreter politischer Kräfte sehen darin ein deutliches Warnsignal für den Bildungsstandort Südtirol.
Sowohl die Freiheitlichen, Andreas Leiter Reber als auch die Südtiroler Schulgewerkschaft im ASGB sprechen von einer dramatischen Entwicklung. Während die Bildungsdirektion von einem saisonal bedingten Phänomen spricht, verweisen Kritiker auf strukturelle Probleme, die seit Jahren ungelöst seien.
Besonders alarmierend sei die Lage in den Städten Bozen und Meran. Dort sei ein überdurchschnittlich hoher Anteil an Stellen vakant geblieben – ein Indiz für unattraktive Rahmenbedingungen, so der Landesobmann der Freiheitlichen, Roland Stauder. Für ihn sei es ein „Ausdruck erschreckender Realitätsverweigerung“, wenn die Landesverwaltung den Lehrermangel herunterspiele.
Auch Petra Nock, Vorsitzende der Schulgewerkschaft SSG im ASGB, warnt vor langfristigen Folgen. Der Mangel an qualifiziertem Lehrpersonal zwinge Schulen zunehmend dazu, auf nicht oder nur unzureichend ausgebildetes Personal zurückzugreifen. Damit sei auch die Qualität des Unterrichts gefährdet. Zudem würden zusätzliche Aufgaben – etwa die Diskussion um die Mensaaufsicht – die Belastung weiter erhöhen.
Ein besonderer Schwachpunkt sei der Bereich der Sprachförderung: Von etwa 125 ausgeschriebenen Förderstellen für Schüler mit mangelnden Deutschkenntnissen blieben rund 100 unbesetzt. Damit sei ein zentrales bildungspolitisches Ziel nicht erreichbar, kritisieren die Freiheitlichen. Sie sprechen von einem „Offenbarungseid“.
Beide Seiten fordern nun ein rasches politisches Umdenken. Gefordert werden bessere Arbeitsbedingungen, gezielte Anreize für schwer besetzbare Bezirke, faire Bezahlung sowie langfristige Perspektiven für Lehrkräfte. Nur so könne der Lehrerberuf in Südtirol im Vergleich mit anderen deutschsprachigen Regionen wettbewerbsfähig bleiben.
Auch der Freie Abgeordnete Andreas Leiter Reber urteilt hart: Die Tatsache, dass bei der heurigen Stellenwahl an den deutschen Schulen nicht mal die Hälfte der Stellen vergeben werden konnte, zeige schonungslos auf, welch dramatisches Ausmaß der Lehrermangel in Südtirol erreicht habe.
„Südtirol ist mit seinem Lehrermangel nicht allein, doch während unsere Nachbarn in Tirol, Bayern und der Schweiz längst in die Offensive gegangen sind und attraktive Job-Perspektiven schaffen, kommt Südtirol nur schwer in die Gänge und setzt sein Bildungswesen und damit den gesellschaftlichen Fortschritt und die Wohlfahrt des Landes aufs Spiel“, so Leiter Reber.
„Wie viele Weckrufe brauchen Bildungslandesrat Achammer und die restliche Landesregierung noch? Wer im Landtag seit Jahren alle Warnungen ignoriert und nahezu sämtliche Vorschläge zur Stärkung der Lehrberufe und des Bildungswesen ablehnt, muss es besser machen und sollte eigene Lösungen liefern. Doch passiert ist herzlich wenig“, bemängelt der Freie Abgeordnete.
Konsens besteht in der Einschätzung: Der Lehrermangel ist real, und er hat unmittelbare Auswirkungen auf die Bildungsqualität. Ein „Weiter so“ sei keine Option mehr.
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