Villa Friedheim dem Erdboden gleich gemacht

Kritik: “Gemeinde Brixen löst ihren Ensembleschutzbeirat auf”

Mittwoch, 19. Januar 2022 | 11:10 Uhr

Brixen – Die Gemeinde Brixen hat ohne Not ihren Ensembleschutzbeirat aufgelöst. Damit schafft sie einen Präzedenzfall für die Aushöhlung des Ortsbilds- und Ensembleschutzes auf Kosten der Lebensqualität in den Dörfern und Städten Südtirols. Das schreibt der Heimatpflegeverband Südtirol in einer Aussendung.

“Der Ensembleschutzbeirat in Brixen bewertet seit 17 Jahren neue Bau- und Sanierungsprojekte in den verschiedenen Ensembleschutzzonen der Gemeinde Brixen. Damit wurde mit Sachkenntnis und Expertise in vielen Fällen ein schonender Umgang mit der wertvollen Bausubstanz und dem Ortsbild bewirkt”, heißt es weiter.

“Auflösung des Beirats höhlt den Ensembleschutz aus”

Mit der Auflösung des Ensembleschutzbeirates durch den Bürgermeister von Brixen werde nun ein Präzedenzfall für die Aushöhlung des Ortsbilds- und Ensembleschutzes geschaffen, der sich auf Südtirol negativ auswirken könnte. “Die Gemeinde Brixen beruft sich dabei auf das neue Gesetz für Raum und Landschaft und bestätigt damit die vielfach geäußerten Bedenken der schreibenden Verbände, dass das neue Gesetz den wichtigen Ensembleschutz weiter schwächt”, so der Heimatpflegeverband.

Mit dem neuen Raumordnungsgesetz ist der Ensembleschutz Gemeindekompetenz. Die Landesämter erhalten lediglich die Mitteilung der Entscheidungen der Gemeinde und übernehmen diese, um sie in die entsprechenden Pläne einzutragen. Damit werde der Ensembleschutz endgültig zum zahnlosen Papiertiger degradiert und der Ortsbildschutz wird den Interessen der Bauspekulanten unterworfen. “Die Abschaffung der Ensembleschutzkommission ist ein berechtigter Grund zur Sorge, da viele Gemeinden dem internen Druck nicht so leicht standhalten können und daher der Verlust schützenswerter Ensembles und Kulturgüter vorprogrammiert ist”, heißt es weiter.

“Fatales Argument der Entbürokratisierung”

Besonders fatal sei dabei das Argument der Entbürokratisierung, das die Gemeinde Brixen als Grund für die Auflösung anbringt. “Während die echte Bürokratie landauf und landab seltsame Blüten treibt, erlauben sich Gemeindevertreter eine effiziente Kommission, deren Arbeit nicht nur für die Stadtentwicklung und für die Bürger, sondern vor allem auch für die Allgemeinheit und die betroffenen Bauherrn einen Mehrwert und positive Inputs bringt, als bürokratische Hürde zu bezeichnen”, bemängelt der Heimatpflegeverband.

Kein Einzelfall: Viele Gemeinden haben weder Beirat noch Ensembleschutzplan

“Die Gemeinde Brixen steht mit dieser fatalen Sicht auf den Ortsbildschutz leider nicht alleine da. Viele Gemeinden Südtirols haben in Sachen Ensembleschutz weder einen Beirat noch einen Schutzbeauftragten, ein großer Teil der Gemeinden hat noch nicht einmal einen Ensembleschutzplan. Ein trauriges Beispiel, wie viele Gemeinden in Südtirol mit ihrer schützenswerten Baukultur umgehen, ist der Abriss der Villa Friedheim mit vorgelagerter Gartenanlage in Kranebitt in Brixen. Damit ist ein Ensemble aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts verschwunden und ein Stück Geschichte und Wohnkultur für die kommenden Generationen verloren”, heißt es weiter.

Appell: “Ensembleschutz muss gestärkt werden”

Der Heimatpflegeverband Südtirol, das Kuratorium für technische Kulturgüter und der Verein heimat Brixen/Bressanone/Persenon appellieren deshalb an die Landesregierung und an die Gemeinden, den Ensemble- und Ortsbildschutz ernst zu nehmen, nur so könne in den Dörfern und Städten Südtirols eine hohe Lebensqualität garantiert werden. “Die Notwendigkeit der Aufwertung von Baukultur, Landschaft und Ortsbildern wird im neuen Gesetz für Raum und Landschaft viel zitiert, dafür ist aber ein funktionierender Ensembleschutz unumgänglich. Und dafür braucht es unabhängige Experten, deshalb sollten Ensembleschutzbeiräte für alle größeren Gemeinden – eventuell auch für mehrere Kommunen – verpflichtend eingeführt werden.”

Von: luk

Bezirk: Eisacktal