Mehrere Beschlussanträge

Landtag: Immunität und Autosteuer

Donnerstag, 04. Februar 2021 | 13:02 Uhr

Bozen – Der Landtag hat sich heute mit Beschlussantrag Nr. 372/21: COVID 19: Immunitätsnachweis als Strategie zur Pandemiebewältigung (eingebracht von den Abg. Leiter Reber und Mair am 05.01.2021) befasst. Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. die Feststellung von natürlichen Antikörpern als Alternative zur Bewältigung der COVID-19 Pandemie zu prüfen und die natürliche Immunität aufgrund der Bewertung als weitere Maßnahme in die derzeitige Strategie des Landes einfließen zu lassen. 2. im Zuge der aktuellen Aufklärungskampagne des Landes zur Impfung, die Bevölkerung transparent und umfassend über die Antikörper und die natürliche Immunität aufzuklären.

Die Debatte dazu hatte bereits gestern stattgefunden. Das schlimmste für eine Demokratie sei der Verlust des Vertrauens in die gewählten Vertreter, erklärte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) in seiner Replik. LR Widmann habe erklärt, dass die natürliche Immunität nicht in die Impfstrategie eingebunden werden könne, weil der Staat das nicht ermögliche. Der Landesrat lüge, denn die Emilia Romagna habe genau dieses Kriterium angewandt und führe Antikörpertests durch.

Er lasse sich nicht von einem Kollegen, der nicht Arzt sei, noch die entsprechenden Protokolle kenne, als Lügner hinstellen, antwortete LR Thomas Widmann. Der Vorschlag mache seines Erachtens Sinn, aber er sei von den staatlichen Protokollen nicht vorgesehen. Er habe den Beschluss der Emilia Romagna in der Hand, erwiderte Leiter Reber. Punkt 1 des Antrags wurde mit zehn Ja, 20 Nein und vier Enthaltungen, Punkt 2 mit elf Ja, 19 Nein und vier Enthaltungen abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 346/20: Umschulung als Chance (eingebracht von den Abg. Rieder, Köllensperger, Ploner F., Faistnauer und Ploner A. am 04.11.2020). Der Landtag möge den Landtag verpflichten, 1. Personen, die arbeitslos sind oder sich im Lohnausgleich befinden, Umschulungsmaßnahmen anzubieten. 2. Berufsbilder, in denen besonderer Personalbedarf besteht, zu erheben und Ausbildungen für interessierte Erwerbstätige berufsbegleitend oder für Arbeitssuchende zu fördern.

Der Antrag war bereits am 25. November andiskutiert worden. Inzwischen wurde ein Ersetzungsantrag vorgelegt, der auch von Gert Lanz mitunterschrieben wurde: 1. im Jahr 2021 einen Maßnahmenplan zur aktiven Arbeitsmarktpolitik entsprechend den Rahmenbedingungen des Strategiedokuments zu erarbeiten; 2. die Arbeitsvermittlungszentren zu stärken, in-dem die Betreuungsrelation zwischen Arbeitslosen und ArbeitsvermittlerInnen verbessert wird; 3. in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern laufend Erhebungen durchzuführen, um im Bereich der beruflichen Weiterbildung und der Weiterentwicklung der Berufe notwendige Maßnahmen rechtzeitig zu setzen; 4. neue Formen der Ausbildung in Berufsbildern, in denen besonderer Personalbedarf besteht, anzubieten, besonders auch in Form des E-Learnings oder in Online-Angeboten; 5. für den Zeitraum des Besuches dieser Ausbildungen finanzielle Unterstützungen vorzusehen, deren Ausmaß zu prüfen ist.

Maria Elisabeth Rieder (Team K) räumte ein, dass seit der ersten Einbringung des Antrags einige Schritte von der Landesregierung gesetzt wurden. Wichtig sei eine Bedarfserhebung der verschiedenen Berufsbilder. Die Ausbildung der Jugend genüge nicht, man müsse auch die Umschulung zu neuen Berufen ermöglichen. In Italien gebe es bereits ein solches Angebot, das Unterricht und Praktikum umfasse, daran sollte man sich orientieren und dies mit einer finanziellen Unterstützung für die Umschulungszeit absichern. Die jüngsten Arbeitsmarktzahlen seien besorgniserregend und beträfen besonders die Frauen.

Die Arbeitslosenzahlen würden ansteigen, meinte Franz Ploner (Team K), Umschulung bringe eine nötige Überbrückung, damit die Menschen nicht in die Arbeitslosigkeit und Einsamkeit abglitten. Jobverlust und Wunsch nach Neuausrichtung seien gegeben. Durch die Digitalisierung und den gesellschaftlichen Wandel würden immer mehr Jobs verloren gehen, dem sei Rechnung zu tragen. Es müsse nicht immer eine komplette Umschulung sein, manchmal helfe eine Weiterbildung.

Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) wies darauf hin, dass nicht mit der Krise nur Jobs verloren gingen, sondern dass ganze Branchen nicht mehr zukunftsfähig seien. Dem Umschulungsangebot müsse eine genaue Analyse des Arbeitsmarkts vorausgehen. Die Frauen sei sicher am härtesten getroffen worden. Eine Investition in Weiterbildung und Umschulung sei sinnvoll, aber nötig wären Beihilfen für Betriebe, die Frauenarbeitsplätze aufwerten. Repetto bat um entsprechende Anpassung des Antrags.

Die Krise habe eine Entwicklung beschleunigt, erklärte Paul Köllensperger (Team K), und Ende März laufe das Entlassungsverbot aus. Das Land habe die Möglichkeit, die staatlichen Hilfsmaßnahmen aufzustocken, habe es aber nie getan. Es brauche eine aktive Arbeitsmarktpolitik, um Neuanstellungen in anderen Sektoren zu ermöglichen. Ebenso müsse die Politik für erschwingliche Wohnungen sorgen.
Man müsse von der Vorstellung einer stabilen Arbeitswelt Abschied nehmen, meinte

Brigitte Foppa (Grüne). Wer neu anfange, verjünge sich. Ein Neuanfang brauche aber Unterstützung, vor allem für die Frauen, die durch die Krise am meisten verloren hätten. Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) kündigte ebenfalls seine Unterstützung an. Auf Staatsebene seien im Rahmen des Bürgereinkommens bereits Zentren für Arbeit geschaffen worden. Das Weiterbildungsangebot der technischen Schulen sollte das Leitbild sein, ebenso müsste die Ausbildung auch online geboten werden.

Es gehe darum, wie man Menschen so schnell wie möglich wieder an die Arbeit bringe, erklärte Magdalena Amhof (SVP). In Südtirol habe es Umschulung immer schon gegeben, aber heute stehe man vor einer ganz anderen Herausforderung. Die Maßnahmen seien differenziert zu betrachten: wen umschulen, wie umschulen usw. Die Digitalisierung sei ein Trend, dem man Rechnung tragen müsse, aber auch die Ausbildung selbst müsse digital angeboten werden. Besondere Unterstützungsmaßnahmen brauche es für Frauen, die wegen der Doppelbelastung den Job aufgegeben hätten, und Jugendliche, die nicht mehr so schnell eine Stelle finden würden wie früher. Gerhard Lanz (SVP) wies darauf hin, dass in den vergangenen Jahren bereits vieles durchgeführt wurde. Die Frage sei nun, wo es Nachholbedarf gebe und welches der schnellste Weg sei. Man dürfe nicht den Fehler machen, Kurse anzubieten, die in die falsche Richtung gingen. Hier sei das Gespräch mit den Sozialpartnern wichtig. Es gehe um eine effektive Ausbildung, nicht um ein Anlernen. Gewisse Bereiche würden vermutlich nicht in den Genuss einer Unterstützung kommen, weil dafür die Voraussetzungen fehlten.

Helmut Tauber (SVP) ergänzte, dass man auch jene Bereiche nochmal genauer anschauen sollte, die in dieser Zeit besonders betroffen seien. Es gehe oft nicht um Umschulung, sondern um Spezialisierung. LR Philipp Achammer dankte für die Zusammenarbeit bei der Erstellung des gemeinsamen Antrags. Bisher habe man sich auf die passive Arbeitsmarktpolitik konzentriert, man müsse nun die Richtung ändern. Die Sozialpartner hätten ein entsprechendes Strategiepapier unterzeichnet. Die Arbeitsvermittlungszentren seien zu Arbeitsservicezentren umgestaltet worden. Es sei wichtig, die Ausbildung am Bedarf der Wirtschaft auszurichten, aber das sei schwierig bei einem schnellen Wandel – man müsse sich an Trends orientieren. Das staatliche ITS-Angebot entspräche in Südtirol dem Meister-Angebot, dieses wäre entsprechend anzupassen. Es brauche einen Arbeitsservice, um Nachfrage und Angebot zusammenzubringen.

Die heutige Debatte zeige, wie es bei wichtigen Themen sein sollte, bemerkte Maria Elisabeth Rieder in ihrer Replik. Sie nahm die Anregungen von Repetto und Tauber auf, ebenso den Vorschlag von Lanz, den ESF-Fonds zu nutzen. Für die Frauen sei besonders auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu achten. Die Rolle der Arbeitsvermittlungszentren sei bei dem Vorhaben zentral, dafür brauchten sie auch geschultes Personal. Bei diesem Thema sei es wichtig, schnell zu sein, damit man auch nach der Coronazeit vorne dabei sei. Der Antrag wurde mit 32 Ja und einem Nein angenommen.

Beschlussantrag Nr. 371/21: Aussetzung der Kfz-Steuer für 2021 (eingebracht vom Abg. Urzì am 04.01.2021). Der Antrag war bereits gestern andiskutiert worden. Der Einbringer hat dazu eine neue Fassung vorgelegt: Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, alle notwendigen Verfahren in die Wege zu leiten, um die Zahlung der Kfz-Steuer für Privatfahrzeuge mit einem Hubraum unter 1.800 ccm, die im öffentlichen Kraftfahrzeugregister Südtirols eingetragen sind, und für alle Firmenwagen von Unternehmen mit Sitz in Südtirol für das Jahr 2021 auszusetzen, wobei die Steuereinnahmen aus der Einhebung der Kfz-Steuer für die Fahrzeugklassen, die gemäß dieses Antrags nicht von der Zahlung befreit sind, für Unterstützungsmaßnahmen und -zahlungen für die Branchen und Berufsgruppen eingesetzt werden, die die derzeitige Krise am härtesten trifft.

Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) erklärte, dass er mit der neuen Fassung auf die gestrigen Einwände eingegangen sei, die sich gegen eine Aussetzung für alle ohne Rücksicht auf das Einkommen aussprachen. Josef Unterholzner (Enzian) sprach sich für den Antrag aus und sah darin einen guten Präzedenzfall für andere Steuern. Es sei richtig, die Maßnahme auf eine bestimmte Hubraumgröße einzuschränken.

Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) sah im Änderungsantrag eine Verbesserung, allerdings werde damit nicht berücksichtigt, dass viele Autoverleiher ihren Fuhrpark in Südtirol anmeldeten, weil hier weniger Steuern fällig seien. Daher könne er dem Antrag nicht zustimmen. Hanspeter Staffler (Grüne) sah den Ansatz interessant, aber da sei einiges zu bedenken. Man würde hier auf über hundert Millionen verzichten, die im Haushalt bereits verplant seien. Dem Antrag fehle trotz Nachbesserung die soziale Treffsicherheit, das könne man mit einem einfachen Antrag nicht gewährleisten.

Ulli Mair (Freiheitliche) kündigte Zustimmung an. Man müsse aber klären, ob es um eine Stundung oder eine Streichung gehe. Im ersteren Fall wäre nächstes Jahr doppelt zu zahlen. Wo Südtirol die Zuständigkeit habe, Steuern zu senken, müsse man das auch tun. Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) wies auf den Trugschluss hin, dass jeder, der ein Auto über 1.800 ccm fahre, wohlhabend sei. Man wisse z.B. nicht, wie alt das Auto sei oder wie das Einkommen der Betroffenen war, als sie das Auto gekauft haben. Wenn man den Kosten-Nutzen-Faktor berechne, dann wäre der ursprüngliche Antrag mit der generellen Befreiung sinnvoller.

Paul Köllensperger (Team K) wies wie Staffler auf den finanziellen Aspekt hin. Es gehe immerhin um über 100 Mio. Euro. Das Geld sei bereits verplant, man müsste anderswo Ausgaben streichen. In dieser Zeit könne man sich solche Mindereinnahmen nicht leisten. Wenn, dann sollte man anderswo entlasten. LH Arno Kompatscher freute sich zunächst, dass Urzì auf autonome Zuständigkeiten hinweise. Es sei richtig, in diesen Tagen jene zu unterstützen, die von der Krise betroffen seien. Die KFZ-Steuer sei aber nicht das geeignete Instrument dazu. Es wäre z.B. nicht gerecht, wenn man jene strafe, die mehr fahren müssten. Die Steuer sei im Haushalt 2021 mit 95 Mio. Euro veranschlagt und die entsprechenden Ausgaben seien bereits verplant – man müsste anderswo streichen, wenn man den Antrag annehme. Der Antrag sei zudem mit einer Komplexität und einem großen Aufwand verbunden, während er den Betroffenen nur wenig Entlastung bringe. Man setze stattdessen auf gezielte Unterstützung für Familien und Betriebe. Urzì schlage immer wieder vor, gewisse Investitionen – für das Bibliothekszentrum oder den Magnagoplatz – zu streichen, um seine Vorhaben zu finanzieren. Aber Investitionen könne man nicht so einfach in laufende Ausgaben umwandeln.

Alessandro Urzì betonte, dass er Politik mache, um etwas zu ändern. In diesem Fall gehe es um eine Steuer auf ein Gut, das wegen der Einschränkungen kaum gebraucht werde. Sein Vorschlag würde nicht mehr Bürokratie bringen, wer unter die Kriterien falle, brauche die Steuer einfach nicht zu zahlen. Das Projekt für den Magnagoplatz sei nur formal eine Investition; auf jeden Fall wäre eine Debatte über die Aufteilung der verfügbaren Mittel notwendig. Der Antrag wurde mit sechs Ja, 21 Nein und sieben Enthaltungen abgelehnt.

Von: mk

Bezirk: Bozen