Lobeshymne oder Abgesang?

Zwischenbilanz: Zweieinhalb Jahre Giorgia Meloni

Freitag, 09. Mai 2025 | 08:19 Uhr

Von: Ivd

Rom – Zweieinhalb Jahre beweist Giorgia Meloni bereits ihre Standfestigkeit im Amt der Ministerpräsidentin. In dieser Zeit konnte sich die heute 48-Jährige als Vermittlerin, Staatsfrau und echte Europäerin präsentieren. Den Befürchtungen, Meloni führe Italien weiter in die Krise und zurück zum Faschismus wurde sie nicht gerecht. Stattdessen konnte sie ihre Beliebtheit festigen und eine neue Führungsform in Europa etablieren. Doch auch eine überraschend positive Bilanz hat ihre Schattenseiten.

Lobeshymnen aus Frankreich

Der französische Ökonom Nicolas Baverez sieht Melonis Bilanz überwiegend positiv: Besonders hebt er Melonis erfolgreiche Migrationspolitik hervor. Die Zahl der illegalen Einreisen wurde 2024 um 58 Prozent gesenkt, was als ein großer Erfolg gewertet wird. Gleichzeitig konnte sie den Status von 450.000 legalisieren, was den Arbeitskräftemangel in Italien senkt und die Beschäftigung ankurbelt. Der Anteil ausländischer Arbeitskräfte liegt somit bei über zehn Prozent und macht einen Anteil von 8,8 Prozent des BIP aus.

Auch in der Wirtschaftspolitik zeigt sich eine positive Dynamik: Italien hat im Vergleich zur gesamten Eurozone ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum erzielt. Die Arbeitslosenquote sank von 7,1 auf 6,2 Prozent, und die Beschäftigungsquote erreichte einen Rekordwert von 63 Prozent. Italiens oft kritisierte Schuldenquote von etwa 135 Prozent hat Meloni zwar bislang nicht senken können, doch der Wert habe sich stabilisiert und sei aus Sicht von Baverez noch tragbar – insbesondere im Vergleich zur französischen Quote, die durch die hohen Tilgungszahlungen massive Probleme verursacht.

Auf der internationalen Bühne positionierte sich Meloni erfolgreich als Brücke zwischen Europa und anderen wichtigen Weltregionen. Ihre engen Beziehungen zu führenden Persönlichkeiten wie Ursula von der Leyen und Donald Trump sowie ihr Engagement für Freihandel und die Stabilität in Europa unterstreichen ihre diplomatische Stärke. In der Europäischen Volkspartei (EVP) steht sie geeint mit Deutschland durch die Verbindung zu CDU, was zu einer stabilen Wirtschaftsallianz der beiden Länder führt. Auch steht sie weiter standhaft gegen europäische Feinde und lässt ihre politischen Gegner nicht eliminieren.

Die Kehrseite der Medaille

Trotz der Erfolge gibt es auch zahlreiche Punkte, in denen Meloni nach wie vor nicht überzeugt. Insbesondere in der Innenpolitik gibt es Herausforderungen, die sich nicht einfach ausblenden lassen. Ein zentrales Problem, das auch unter Melonis Regierung weiterhin drückt, ist die demografische Krise Italiens. Die Geburtenrate bleibt mit 1,24 Kindern pro Frau sehr niedrig, und die Abwanderung qualifizierter junger Menschen ist nach wie vor ein ernstes Thema.

Auch die Ungleichheit zwischen Nord- und Süditalien hat sich unter Melonis Regierung nicht signifikant verändert. Während der Norden Italiens von wirtschaftlichem Wachstum profitiert, sieht sich der Süden mit Arbeitslosigkeit und Armut konfrontiert, was die politische Spaltung im Land weiter verstärkt. Die Armut führt viele in die Kriminalität oder sogar in die Mafia. Auch gegen korrupte Strukturen und die organisierte Kriminalität konnte Meloni bislang kaum etwas erreichen.

Ein weiterer kritischer Punkt ist der Rückgang im Bildungsbereich und die unzureichende Förderung des italienischen Bildungssystems. Melonis Kürzungen „wenig produktiver öffentlicher Ausgaben“, wie Baverez sie nennt, führen zwar zu geringeren Staatsausgaben, haben aber auch ihren Preis. Auch die Gesundheitsversorgung steht unter Druck, da in Italien eine große Zahl an Ärzten fehlt und Patienten oft viel zu lange auf Termine warten. Die Corona-Pandemie hat die Schwachstellen dieses Systems, insbesondere Unterfinanzierung und Überlastung, deutlich aufgezeigt.

Starke Führung mit ungelösten Problemen

Giorgia Meloni hat in ihrer Amtszeit viele Erfolge erzielt, insbesondere in der Migrationspolitik und Wirtschaft. Ihre Diplomatie hat Italien in Europa und darüber hinaus stärker positioniert. Doch die ungelösten strukturellen Probleme wie die demografische Krise, Ungleichheit sowie die Korruption werfen einen Schatten auf ihre Amtszeit. Ihre Politik hat das Land stabilisiert, aber die großen Herausforderungen, die Italien seit Jahren plagen, bleiben bestehen.

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