Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich am Freitag mit dem Vergabegesetz befasst und dieses angepasst. Die Änderungen wurden mit 29 Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen genehmigt.
Ziel des Gesetzentwurfes war eine Anpassung des Landesgesetzes Nr. 16 von 2015, mit welchem Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe erlassen wurden. Dies ist dem Begleitbericht des Einbringers zufolge notwendig, weil der Staat jüngst den gesetzlichen Rahmen der öffentlichen Aufträge abgeändert hat, wodurch die Sonderautonomien und die Autonomen Provinzen Trient und Bozen ihre Gesetzgebung den Grundsätzen dieses neuen Gesetzes angleichen müssen.
LH Arno Kompatscher führte aus, dass es bei dem vorliegenden LGE um die Umsetzung staatlicher Vorschriften zur Vereinfachung der Auftragsvergabe gehe. Die geänderten Regelungen seien während der Pandemie eingeführt worden und hätten sich als sinnvoll erwiesen. Es seien Schwellenwerte angehoben und andere Vereinfachungen eingeführt worden. Die staatlichen Bestimmungen seien aber nicht zur Gänze übernommen worden, auch weil das Land Grenzregion sei, – dies sei mit Rom abgesprochen. Unter Berücksichtigung der europäischen Regelungen könne das Land auf Basis von Durchführungsverordnungen eigene Gesetz erlassen und dabei Kleinunternehmen berücksichtigen – der Verfassungsgerichtshof habe dennoch entschieden, dass nicht vom staatlichen Gesetz abgewichen werden könne. Das Land aber wollte seine Autonomie wiederherstellen, andere Regionen folgten diesem Beispiel.
Als erster Abgeordneter ergriff Paul Köllensperger (Team K) in der Generaldebatte das Wort: Für die Entbürokratisierung und die lokale Wirtschaft sei die Anhebung der Schwellenwerte, ab denen Aufträge mit ordentlichem Verfahren vergeben werden müssten, erfreulich. Rein nummerisch würden die ordentlichen und öffentlichen Verfahren ab morgen nur mehr die Ausnahme sein – außer es sei grenzüberschreitendes Interesse gegeben. Da sei die Landesregierung mit den Durchführungsbestimmungen gefordert. Es gebe in Südtirol keinen Grund, Generalverdacht anzustellen, dass von den zahlreichen Vergabestellen geschwindelt werde. Die Prinzipien der Transparenz, der Rotation und der fairen Behandlung würden – weitgehend – gelten. Es komme aber auch vor, dass es bei Ausschreibungen Druck gebe oder es “schnell, schnell” gehen müsse. Alles in allem sei das Gesetz in Ordnung, auch wenn einige Artikel verbessert werden könnten. Köllensperger zeigte sich erfreut darüber, dass seine eigenen Änderungsanträge im Ausschuss angenommen wurden, etwa jener zur Verpflegung in Krankenhäusern, die auch den örtlichen Unternehmen zugutekomme.
Seine Fraktion sehe die Erhöhungen ebenso positiv, bemerkte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). Doch auch die besten Bestimmungen nützten nichts, wenn sie in der Praxis nicht angewandt würden. Er sei froh, dass der Änderungsantrag zu den Eigenverwaltungen aufgelegt werde. Man habe viele Eigenverwaltungen, es sei wichtig, dass diese wie die örtlichen Körperschaften einer Norm entsprächen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) erklärte, man habe im Landtag bereits häufig über die Vergabe gesprochen und dass es seine Fraktion recht und billig fände, dass nicht nur der Preis zähle, sondern auch andere Kriterien, beispielsweise die Qualität. Er frage sich, was mit dem grenzüberschreitenden Interesse gemeint sei. Gehe es hier um Staats- oder Provinzgrenzen? Das mache einen Unterschied, denn andere Staaten könnten bestimmte Dinge zu einem anderen Preisniveau anbieten. Dazu könne die Landesregierung vielleicht mehr sagen. Er bat auch um Erläuterung der Änderungsanträge der Landesregierung, die kurzfristig eingereicht worden seien.
Die Arbeiten in der Kommission seien dieses Mal tatsächlich sehr technisch gewesen, da es sich um normative Anpassungen handle, so Hanspeter Staffler (Grüne). Der Begriff Los werde etwa noch einmal genauer definiert und in Unterbegriffe aufgeteilt – aber die Aufteilung in Lose könnte gewonnene Vorteile, wie die herabgesetzten Schwellen, erschweren, sodass schlussendlich auf die Vergabestellen wieder derselbe Aufwand zukomme. Die Vergabestellen stöhnten unter den vielen Auflagen. Eine Vereinfachung ginge in die richtige Richtung. Es brauche einige gute, starke Regeln. Die Aufteilung in Lose komme der lokalen Wirtschaft zugute, doch diese sorge für mehr “Vergabebürokratie”. Im Großen und Ganzen sei man mit den Änderungen einverstanden.
Marco Galateo (Fratelli d’Italia) sagte, im Gesetzentwurf gehe es um technische Änderungen. Es gehe um positive Veränderungen für Südtirol. Er frage sich, weshalb die Änderungsanträge der Mehrheit nun in der Nachtsitzung vorgebracht würden und nicht bereits bei den Arbeiten im Ausschuss behandelt worden seien. Franz Locher (SVP) verwies auf den Art. 12 des LGE, in dem es um die Aufteilung in Lose geht, und mit welchem riesige Möglichkeiten eröffnet würden – den dadurch werde auch Kleinunternehmen ermöglicht, an Ausschreibungen bis zu 140.000 Euro teilzunehmen.
Mit einer Tagesordnung (Nr. 1) zum LGE forderte Marco Galateo (Fratelli d’Italia) die “Überprüfung der Konformität von Reinigungsdiensten in Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialdienste”. Dies indem der Landtag die Landesregierung verpflichten möge, 1) alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass bei den von der Landesverwaltung, ihren Hilfskörperschaften oder den Einrichtungen mit Landesbeteiligung durchgeführten Ausschreibungen die gesamte Tätigkeit der Überprüfung der Konformität der in Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialdienste erbrachten Reinigungsdienstleistungen nach Auslagerung und mithilfe von digitalen Instrumenten durchgeführt wird, wobei letztere in einer nationalen Cloud angesiedelt sind und von anderen Akteuren als den Vertragsparteien (Auftragnehmer und Vergabestelle) eingesetzt werden, um ein kontinuierliches System zur Überprüfung der Konformität der ausgelagerten Reinigungsdienstleistungen zu schaffen; 2) Maßnahmen zu ergreifen, damit die Kosten für die in Punkt 1 genannte Kontrolltätigkeit unter jene Ausschreibungskosten fallen, die auf der Grundlage der Bewertung seitens der Vergabestelle nicht dem Preisabschlag unterliegen, unter Berücksichtigung der Anzahl der im Rahmen der Vergabe vorgesehenen Stunden für die Überprüfungstätigkeit, der Anzahl der für die Überprüfungen beschäftigten Personen und der Kosten für die entsprechende Hardware und Software.
LH Arno Kompatscher erklärte, man wolle nicht nicht zur Kenntnis nehmen, dass das Thema existiere – aber man wolle sich jetzt nicht festlegen. Deshalb nehme man die Tagesordnung nicht an. Der Abg. Galateo zog die Tagesordnung zurück.
Es folgte der Übergang zur Artikeldebatte. Zum Art. 01 (mit dem in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b) des Landesgesetzes vom 17. Dezember 2015, Nr. 16, legte LH Arno Kompatscher einen Streichungsantrag zum Artikel vor. Dies, damit die Eigenverwaltungen im LGE bleiben – diese waren zuvor im Ausschuss gestrichen worden. Der Antrag wurde mit 26 Ja und zwei Enthaltungen angenommen.
Art. 4 befasst sich mit den Zwei- und Dreijahresprogrammen. Zu diesem hatte Paul Köllensperger (Team K) einen Änderungsantrag vorgelegt, dieser forderte öffentliche Debatten bei Großprojekten. Diese Idee zu den Großprojekten sei zu befürworten, doch wie definiere man die große Infrastruktur, so Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). LH Arno Kompatscher bemerkte, dass dies ein Punkt wäre, den man hätte lösen können, etwa mit Prozentsätzen des Budgets einer Einrichtung. Aber bei allen öffentlichen Projekten habe man bereits wesentlich mehr als das Geforderte. Man habe zahlreiche Debatten usw. Dies sei Teil einer Beteiligungskultur, die sich inzwischen entwickelt habe. Der Änderungsantrag des Abg. Köllensperger wurden mehrheitlich abgelehnt, Art. 4 wurde mit 21 Ja und acht Enthaltungen angenommen.
Zu Art. 10, der sich mit den Schwellenwerten für Ausschreibungen befasst, hatte Gert Lanz (SVP) einen Änderungsantrag vorgelegt, mit welchem den Vergabestellen eine stärkere Kontrolle in Bezug auf die Weitervergabe ermöglicht werden soll. Dadurch könnte, so der Abgeordnete, vor allem die Qualität der auszuführenden Arbeiten garantiert werden. Man werde dem Antrag zustimmen, sagte LH Arno Kompatscher. Man wolle die Weitervergaben beschränken. Wie in Art. 7 sei auch in diesem das “grenzüberschreitend” enthalten: Südtirol sei grenznah, man werde deshalb mit Richtlinien festlegen, wenn grenzüberschreitendes Interesse vorliege – und damit definieren, man das ordentliche Verfahren auch unterhalb des Schwellwerts durchgeführt werden müsse. Zum Änderungsantrag des Kollegen Lanz habe er sich gefragt, welchen Vorteil man habe, wenn man diese Flexibilität wegnehme, so Paul Köllensperger (Team K). Die Weitervergabe habe mitunter einen Sinn, weil zum Beispiel ein Unternehmen nur einen Teil der Arbeiten übernehmen möchte und einen anderen nicht. Das habe Vorteile für lokale Unternehmen. Gert Lanz (SVP) antwortete, dass eine Weitergabe von 100 Prozent nicht im Interesse lokaler Unternehmen sei. Der Änderungsantrag wurde mehrheitlich angenommen; Art. 10 wurde mit 21 Ja und zehn Enthaltungen angenommen.
Art. 11 (mit dem in Artikel 27 des Landesgesetzes vom 17. Dezember 2015, Nr. 16, in geltender Fassung, Anpassungen vorgenommen werden): Mit einem Änderungsantrag schlug Paul Köllensperger (Team K) vor, aus dem sogenannten Verzeichnis der Wirtschaftsteilnehmer all jene dauerhaft zu löschen, die in der Vergangenheit bei der Erfüllung einer wesentlichen Anforderung im Rahmen eines früheren öffentlichen Auftrage erhebliche oder dauerhafte Mängel erkennen haben lassen, sich in einem Insolvenzverfahren befinden u.a. Gert Lanz (SVP) merkte an, dass der Abg. Köllensperger von “dauerhaft” spreche, in den EU-Regelungen sei von “diesem Verfahren” die Rede. Er gehe davon aus, dass eine dauerhafte Löschung nicht möglich sei. Paul Köllensperger (Team K) schlug daraufhin die getrennte Abstimmung des Wortes “dauerhaft” vor. LH Arno Kompatscher erklärte, man werde den Antrag trotzdem nicht annehmen, weil dadurch am Prinzip nichts geändert werde. Jemanden ausschließen, weil er in der Vergangenheit gepfuscht habe, könne der Private, nicht aber die öffentliche Hand – wenn es auch auf den ersten Blick nachvollziehbar wäre. Der Änderungsantrag des Abg. Köllensperger wurde mehrheitlich abgelehnt; Art. 11 wurde mit 22 Ja und neun Enthaltungen angenommen.
Art. 13 präzisiert die Zuschlagskriterien. Sein Änderungsantrag zum Änderungsantrag Kompatscher, so Gert Lanz (SVP), befasse sich mit einer Regelung sowohl der Vergaben mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis als auch für jene, wo nur der Preis gelte. Paul Köllensperger (Team K) sagte, es bleibe auch mit diesem Änderungsantrag des Änderungsantrags weiterhin im Gesetz, was durch seinen Änderungsantrag im Gesetzgebungsausschuss eingefügt worden sei. Dies freue ihn. Der Antrag des Abg. Lanz wurde einstimmig mit 31 Ja angenommen und ersetzte sowohl den Art. 13 als auch den Änderungsantrag Kompatscher.
Art. 13-ter (mit dem Artikel 35 Absatz 3 des Landesgesetzes vom 17. Dezember 2015, Nr. 16, eine neue Fassung erhält): Zu diesem lag ein Streichungsantrag für Absatz zwei von LH Arno Kompatscher vor. Damit sollen die Nachhaltigkeitskriterien aus dem LGE gestrichen werden, für diese wolle man Richtlinien erlassen. Er lese aus der Begründung zur Streichung, so Paul Köllensperger (Team K), dass man jene Unternehmen bevorzuge, die lokales Personal einsetzten – dies würde nun aber gestrichen. Wenn es nicht halte, dann halte es nicht, doch wenn man das drinnen lassen könnte, dann wäre es ein Vorteil für die lokalen Betriebe. Gert Lanz (SVP) merkte an, man würde nichts wegnehmen – der Grundsatz stehe andernorts im Gesetz. Die Vorgaben etwa, dass die angewandten Kollektivverträge bestimmten Standards entsprechen müssen.
LH Arno Kompatscher führte aus, dass dieser Artikel nicht grundlos gestrichen werden solle. Denn wenn ein Artikel im Gesetz bleibe, in dem Mitarbeiter aus einer bestimmten Gegend bevorzugt würden, dann entspreche dies bestimmten europäischen Grundsätzen nicht – das ginge Richtung territorialem Vorbehalt, das wolle die EU nicht. Der Änderungsantrag von LH Kompatscher wurde mit 21 Ja und neun Nein und einer Enthaltung angenommen.
Art. 13-ter wurde einstimmig mit 31 Ja angenommen. Art. 14-bis (befasst sich mit den Sicherheiten, die die Vergabestelle für Verträge verlangt) Es handle sich bei seinem Streichungsantrag zum Art. 14-bis um die Folge der bereits bei Art. 13-ter getroffenen Entscheidung, führte LH Arno Kompatscher aus. Der Antrag wurde mit 27 Ja und zwei Enthaltungen angenommen.
In seiner Stimmabgabeerklärung kündigte Hanspeter Staffler (Grüne) an, dass die Grünen dem Gesetz zustimmen würden, da es sich in der Tat um eine Vereinfachung handle, mit einem Trend zur Unterstützung der lokalen Wirtschaft. Der zweite Grund sei, dass die Eigenverwaltungen wieder eingefügt worden seien. Auch Paul Köllensperger (Team K) betonte die positiven Effekte des Gesetzes. Zudem seien zwei Artikel enthalten, die er im Gesetzgebungsausschuss eingebracht habe.
LH Arno Kompatscher bedankte sich für die schnelle Behandlung des LGE im Plenum und auch bei allen an der Ausarbeitung des Gesetzes Beteiligten, insbesondere bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ämter und der AOV. In der Schlussabstimmung wurde der Landesgesetzentwurf Nr. 140/23 mit 29 Ja und zwei Enthaltungen genehmigt.
Die Juni-Session des Landtags wurde von Präsidentin Rita Mattei um 23.58 Uhr geschlossen. Die nächste Sitzungsfolge findet vom 3. bis 7. Juli statt.