Von: mk
Bozen – Heute Morgen wurden im Südtiroler Landtag noch eine Reihe von Tagesordnungen zu den beiden Gesetzentwürfen Nr. 40/19 (Landesstabilitätsgesetz für das Jahr 2020) und Nr. 41/19 (Haushaltsvoranschlag der Autonomen Provinz Bozen 2020-2022) behandelt.
Maria Elisabeth Rieder und die Kollegen vom Team K forderte einen Fonds zur Angleichung der Elternzeiten in der Privatwirtschaft an den öffentlichen Dienst. Zunächst soll aber geprüft werden, welche Voraussetzungen für die Angleichung zu schaffen sind. LR Waltraud Deeg sprach sich gegen den Antrag aus. Es sei nicht ein finanzielles, sondern ein rechtliches Thema. Elternzeiten und Renten seien staatliche Angelegenheit. Allerdings könnten die Sozialpartner dies in den Kollektivverträgen regeln. Das Land als Arbeitgeber spiele hier eine Vorreiterrolle. Die Rahmenbedingungen seien gut, führende Unternehmen würden dieses Thema auch ansprechen. Zudem gebe es Beiträge der Region zur Rentenabsicherung des Wartestandes bis zu 18.000 Euro. Die Tagesordnung wurde mit 14 Ja und 19 Nein abgelehnt.
Paul Köllensperger und das Team K forderten auch die Verwendung der Mittel, die für die Bozner Tram vorgesehen waren, für Verkehrsprojekte, die Bozen entlasten. LH Arno Kompatscher erinnerte an das Versprechen, für Bozen auch Alternativen zur Tram zu finanzieren, bis zum selben Ausmaß. Die Tagesordnung wurde mit 13 Ja, 18 Nein und zwei Enthaltungen abgelehnt.
Helmuth Renzler und Magdalena Amhof (SVP) forderten, die Einnahmen aus Sanktionen zur Arbeitssicherheit für Präventionsmaßnahmen zu verwenden, welche zusammen mit dem Landeskoordinierungskomitee jährlich zu planen seien. Der Antrag wurde auch von Maria Elisabeth Rieder mitgetragen. Die Tagesordnung wurde von der Landesregierung angenommen.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) forderte eine angemessene finanzielle Unterstützung der Südtiroler Speck- und Wurstwarenhersteller angesichts der Preise für Schweinefleisch, die durch die Schweinepest in China dramatisch gestiegen seien. Andreas Leiter Reber sprach sich dagegen aus, die Produkte dort zu finanzieren, wo sie veredelt werden; das führe zu Preisdumping. Eine solche Unterstützung sei aufgrund des EU-Rechts nicht möglich, erklärte LR Philipp Achammer. Das Land könne auch nicht bei jeder Rohstoffkrise einspringen. Man biete aber Unterstützung in anderen Bereichen, etwa bei der Vermarktung. Urzì zog seinen Antrag zurück.
Elektronische Vorrichtungen zur Kontrolle des Blutzuckers sollten den Patienten kostenlos zur Verfügung gestellt werden, forderte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia). LR Thomas Widmann teilte mit, dass gerade die Ausschreibung laufe. Urzì zog seinen Antrag zurück.
Sven Knoll und Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) forderten die Unterstützung der europäischen Bürgerinitiative “Kohäsionspolitik für die Gleichstellung der Regionen und die Erhaltung der regionalen Kulturen”. Mit der Initiative soll die EU zur direkten Unterstützung der Minderheitenregionen bewegt werden. Die Tagesordnung wurde von der Landesregierung angenommen, mit der Präzisierung, dass zunächst geprüft werden soll, ob genannte Initiative mit den Zielen der Initiative “Minority-Safe-Pack” vereinbar ist.
Zur Heimkehr der Klugen Köpfe forderten Brigitte Foppa und ihre Kollegen von den Grünen Vorsprachen bei der Agentur für Einnahmen und beim Finanzministerium, um Rechtssicherheit zum Steuerbonus für Heimkehrer zu schaffen. Die Tagesordnung wurde von der Landesregierung angenommen.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) forderte eine Aussprache des Landeshauptmanns mit der streikenden Belegschaft des Solland-Werks, um ihre Bedenken zur Umsetzung der Sicherheitsprotokolle durch Ecocenter zu prüfen. Urzì bat die Abgeordneten auch um Unterstützung für die Einrichtung einer Untersuchungskommission zum Thema. Die Solland sei sicher und habe ein großes Marktpotenzial, erklärte Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung). Es gebe bereits einen Interessenten, der vom Industrieministerium als vertrauenswürdig eingeschätzt werde. Kompatscher verstecke sich jetzt hinter den Gerichtsentscheidungen, aber diese seien auf den Grundlagen seiner Verordnungen erfolgt. Jene, die den Zuspruch für das Areal erhalten hätten, wollten den Interessenten aus Singapur den Grund nicht verkaufen, da sie Angst hätten, aus dem “System Südtirol” zu fallen. Josef Unterholzner (Team K) sprach sich dafür aus, das Kapitel Solland zu schließen. In kein anderes Unternehmen habe das Land so viel Geld gesteckt. Grund für die Krise seien hohe Strompreise und Sicherheitsauflagen. Angesichts der guten Konjunktur hätten die Mitarbeiter gute Chancen, eine Arbeit zu finden. Alle hätten verstanden, dass es bei der Solland nicht mehr weitergehe, meinte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). Es gebe viele Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt, man sollte daher auf Umschulungen setzen. Meraner und Burggräfler wären froh, wenn man auf dem Areal etwas Besseres errichten würde. Hanspeter Staffler (Grüne) erklärte, die Investitionen 2010 und in den Folgejahren seien aus Marktgründen erfolgt, die Eigentümer hätten geglaubt, es würde sich rechnen. Aber wider Erwarten waren die Chinesen schneller und hätten den Weltmarkt verändert. Die Landesregierung habe sich hier verantwortungsbewusst verhalten und die Übernahme der Belegschaft durch Ecocenter ermöglicht. Gert Lanz (SVP) fand die Aussagen Nicolinis zum “System Südtirol” als beleidigend für die Südtiroler Betriebe. Man habe eine Lösung gefunden, aber man könne nicht für jeden Betrieb eine Alternative vor Ort hinstellen. Es sei auch wirtschaftlich nicht sinnvoll, Silizium zu verarbeiten, wo kein Silizium abgebaut werde. Das Land habe bereits über 20 Mio. in den Erhalt der Struktur investiert. Diego Nicolini präzisierte, dass er die Lobbyarbeit einiger bestimmter Betriebe gemeint habe. LH Arno Kompatscher sah eine Realitätsverweigerung, wie er sie noch nie erlebt habe. Auch Pugliese sei vom Wirtschaftsministerium empfohlen worden, und nun beschäftigten sich die Gerichte mit ihm. Man habe lange nach einem Investor gesucht und inzwischen insgesamt 30 Mio. für das Werk ausgegeben. Nicolini schaffe sich seine eigene Wahrheit und gaukle den Mitarbeitern vor, dass es noch so weitergehen könne. Chinesische Investoren hätten sich den Betrieb genau angeschaut und dann Abstand genommen. Auch die Gewerkschaften hätten eingesehen, dass es nicht mehr weitergehen könne. Nun habe man einen Käufer für das Areal gefunden, der es bonifizieren wolle. Am Montag werde er die Gewerkschaften treffen, kündigte Kompatscher an, dabei werde man über die Maßnahmen zur Beschäftigung der Mitarbeiter reden. Die Tagesordnung wurde mit zwei Ja, 21 Nein und acht Enthaltungen abgelehnt.
Helmuth Renzler und Helmut Tauber (SVP) forderten die Errichtung lokaler Fonds für Arbeitnehmer. Diese könnten von den Einzahlungen der bilateralen Körperschaften in die ergänzenden Gesundheits- und Zusatzrentenfonds nicht profitieren, da diese Leistungen bereits durch den öffentlichen Gesundheitsdienst und andere Körperschaften gedeckt würden. Die Tagesordnung wurde von der Landesregierung angenommen.
Begleitgesetz zum Stabilitätsgesetz verabschiedet
Nach der Behandlung von Tagesordnungen – und nach einer Debatte über die digitale Ausgabe von Unterlagen – ging der Landtag zur Artikeldebatte zum Landesgesetzentwurf Nr. 39/19 (Bestimmungen in Zusammenhang mit dem Stabilitätsgesetz) über.
Art. 1 betrifft die Enteignung für gemeinnützige Zwecke.
Hanspeter Staffler wollte die Ausweitung auf Privatpersonen und Leasinggesellschaften. Enteignungen könnten sowieso nur im allgemeinen Interesse vorgenommen werden, antwortete LH Arno Kompatscher. Auch Private könnten gemeinnützige Vorhaben durchführen. Der Änderungsantrag wurde abgelehnt. Der Artikel wurde mit 18 Ja, einem Nein und 14 Enthaltungen genehmigt.
Die Art. 2 bis 6 wurden ohne Debatte genehmigt.
Art. 7 betrifft die Ausbildung im Gesundheitsbereich.
LR Thomas Widmann legte einen Änderungsantrag mit Präzisierungen vor, die eine Anfechtung vermeiden könnten. Franz Ploner hielt diese Absicherung für nicht ausreichend. Der Antrag wurde angenommen. Der Artikel wurde mit 25 Ja und neun Enthaltungen genehmigt.
Art. 7-bis betrifft die Neuregelung des Gesundheitsdienstes.
Franz Ploner meinte, dieser Artikel werde einer Anfechtung nicht standhalten. Diese Regelung zur Kostenbeteiligung in der Notaufnahme sei in anderen Regionen bereits in Kraft, antwortete LR Widmann. Der Artikel wurde mit 20 Ja und 14 Enthaltungen genehmigt.
Art. 7-ter betrifft den Neubau des Krankenhauses Bozen.
LR Widmann legte einen Änderungsantrag vor, mit dem die Verfahren beschleunigt werden sollten. Alessandro Urzì stellte fest, dass es sich dabei um die Übergabe der Zuständigkeit vom Bauten- an das Gesundheitsressort handle. Franz Ploner fragte, ob damit auch die Gelder von Bessone zu Widmann gingen. Es handle sich eigentlich nicht um eine Kompetenzübertragung, erklärte LR Massimo Bessone, das Management sei bereits Sache des Sanitätsressorts gewesen. Es gehe nur um eine klare Kompetenzenzuteilung, erklärte LR Widmann, vorher seien die Zuständigkeiten auf die beiden Ressorts aufgeteilt gewesen. Der Änderungsantrag wurde angenommen. Der Artikel wurde mit 19 Ja, zwei Nein und 13 Enthaltungen genehmigt.
Die Art. 8 bis 11 wurden ohne Debatte genehmigt. Art. 12 war bereits im Gesetzgebungsausschuss gestrichen worden.
Art. 13 betrifft den Landesschulrat und die Aufnahme des Lehrpersonals.
LR Giuliano Vettorato legte einen Änderungsantrag zu den Kategorien des Lehrpersonals vor, die in die Landesranglisten eingeschrieben werden können. Der Antrag wurde angenommen. Auf Nachfrage von Alessandro Urzì erklärte LR Philipp Achammer, dass der Ausdruck “italienische” bzw. “deutsche Sektion” korrekt sei. Auf Nachfrage von Brigitte Foppa erklärte er, dass die Amtszeiten des Landesschulrats verlängert werden, weil die Wahlmodalitäten noch zu klären seien. Der Artikel wurde mit 18 Ja und 15 Enthaltungen genehmigt.
Art. 14 betrifft die Oberstufe des Bildungssystems.
Alessandro Urzì beantragte, dass die Berufsschuldirektoren nur mit der Direktion einer Grund-, Mittel- und Oberschule betraut werden können, sofern sie einen entsprechenden Wettbewerb bestanden haben und die auf gesamtstaatlicher Ebene geltenden Anforderungen erfüllen. Das Land wage sich hier weit vor und vertraue bei Anfechtung auf Verhandlungen mit dem Staat. LR Philipp Achammer erklärte, dass Berufsbildung und Schulen staatlicher Art gleichwertig seien, auch wenn die Voraussetzungen für das Personal verschieden seien. Heute komme man ohne Probleme von der staatlichen zur Berufsschule, aber nicht umgekehrt. Urzìs Antrag wurde abgelehnt.
Achammer habe seine Befürchtungen bestätigt, meinte Urzì. Damit würden die staatlichen Voraussetzungen für den Schuldienst unterlaufen. Das sei wahrscheinlich nur ein erster Schritt; man wolle die Schule provinzialisieren. Brigitte Foppa verstand die Sorge, ob jemand, der aus einem anderen Schulsystem komme, das neue Schulsystem gut verstehe. Aber sie verstehe auch die Erklärung des Landesrats, dass man die Berufsbildung nicht geringschätzen dürfe. Diese sei ein sehr wichtiger Bildungszweig, der in den letzten Jahren auch sehr innovativ war. Der Wechsel in ein anderes Schulsystem sei eine gute Karrieremöglichkeit und könne auch der Schule guttun. Peter Faistnauer, ehemaliger Berufsschullehrer, befürchtete eine mögliche Abwanderung aus der Berufsschule. Zwischen ihm und Urzì gebe es eine unterschiedliche Weltanschauung, erklärte LR Achammer. Für ihn seien beide Schulsysteme gleichwertig. Man möchte auch die Lehrerausbildung vereinheitlichen, dafür sei das Land auch zuständig. Beide Systeme sähen eine pädagogische Ausbildung und einen Wettbewerb vor. Für den Wechsel sei ein Tutoring vorzusehen. Eine Abwanderung aus der Berufsschule befürchte er nicht, da diese eine hohe Attraktivität habe. Alessandro Urzì betonte, dass er die Berufsschule nicht geringschätze, aber sie dürfe der staatlichen Schule nicht übergestülpt werden. Der Artikel wurde mit 21 Ja, einem Nein und zehn Enthaltungen genehmigt.
Art. 14-bis hebt alte Bestimmungen auf und wurde mit einer von LH Kompatscher vorgeschlagenen Änderung genehmigt.
Art. 14-ter betrifft die Personalordnung des Landes.
Dazu hat LH Kompatscher eine Änderung vorgelegt. LR Achammer erklärte, dass es um eine Terminverschiebung für den Stellenabbau beim nichtunterrichtenden Personal auf 2023 gehe. Der Antrag wurde angenommen. Maria Elisabeth Rieder fragte, wie hoch der Bedarf an pädagogischen Mitarbeitern sei, und befürchtete eine Flucht aus den Kinderbetreuungsstätten in den Kindergarten. Die Sorge sei nicht ganz unbegründet, räumte LR Philipp Achammer ein, wies aber darauf hin, dass es verschiedene Kategorien von pädagogischen Mitarbeitern gebe. Der Bedarf steige, und leider gebe es wenig Nachwuchs, da sich die Absolventen der Hochschule eher für die Grundschule entscheiden würden. Der Artikel wurde mit 22 Ja und zehn Enthaltungen genehmigt.
Art. 14-quater betrifft die Organisation der Olympischen Winterspiele.
Sven Knoll fragte, wofür die 20 Mio. Euro gedacht seien. Es gehe um die Abdeckung eines eventuellen Defizits, erklärte Alessandro Urzì, das stehe auch im Artikel. Er bedauerte, dass sich Südtirol nur mit dem Biathlon beteilige. Das Trentino nehme Südtirol so die Sichtbarkeit. Kompatscher habe auf Tirol gesetzt, aber das sei schiefgegangen, und man habe sich auf das Restangebot von Zaia beschränken müssen. Gerhard Lanz warf Urzì die Verbreitung von Unwahrheiten vor. Er sei froh, dass es nur 20 Millionen seien, aber auch, dass der Biathlon-Wettkampf in Südtirol ausgetragen werde. Es sei nie Ziel gewesen, dass Südtirol die Olympischen Spiele ausrichte, erklärte LH Arno Kompatscher. Olympische Spiele würden heute von der Bevölkerung wegen Bauten, Verkehr usw. auch skeptisch gesehen – die Innsbrucker hätten sie abgelehnt. Nun habe man einer Beteiligung zugestimmt, bei der der Aufwand gering sei und bei der man die Spiele umweltverträglich gestalten könne. Die 20 Mio. Euro entsprächen dem vereinbarten Verteilungsschlüssel für insgesamt 900 Mio., ein eventuelles Defizit, wenn z.B. die Spiele nicht stattfinden könnten. Er habe die Absicherung erhalten, dass das Land Vetorecht in finanziellen Fragen habe. Das italienische OK habe dem IOK vorgeschlagen, das Rodeln zur olympischen Disziplin zu machen. Die Beteiligung bringe auch weitere Chancen, darunter die Ausbildung unserer Sportler. Das Land habe auf nichts verzichtet, es habe hingegen die Bedingung gestellt, dass der Biathlon-Wettkampf in Antholz stattfinden müsse. Der Artikel wurde mit 20 Ja, zwei Nein und zehn Enthaltungen genehmigt.
Art. 15, 16 und 17 wurden ohne Debatte genehmigt.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) wies in seiner Erklärung zur Stimmabgabe auf die Bestimmung zur Durchlässigkeit zwischen staatlicher und Berufsschule hin, die er nicht unterstützen könne. Er verteidigte schließlich die Rechte der Opposition im Hause, die von der Mehrheit als lästig empfunden werde. Im Regionalrat habe die Opposition eine ganz andere, viel härtere Gangart. Er habe das Recht, seine Meinung zu sagen, und niemand brauche deswegen beleidigt zu sein.
Hanspeter Staffler (Grüne) sah in diesem Gesetzentwurf eine positive Entwicklung, es seien keine blinden Passagiere enthalten. Es seien auch Bestimmungen dabei, die man vollinhaltlich unterstütze, etwa jene zur Durchlässigkeit zwischen Schulen. Daher werde man nicht dagegen stimmen.
Der Gesetzentwurf wurde mit 19 Ja, fünf Nein und zehn Enthaltungen genehmigt.
Anschließend wurde mit der Artikeldebatte zum Landesgesetzentwurf Nr. 40/19: Landesstabilitätsgesetz für das Jahr 2020) begonnen.