Von: APA/dpa/AFP
Der Iran hat nach den US-Angriffen auf Atomanlagen der Islamischen Republik mit Konsequenzen gedroht. “Die Ereignisse von heute Morgen sind ungeheuerlich und werden dauerhafte Folgen haben”, schrieb Außenminister Abbas Araqchi am Sonntag auf X. Irans mächtige Revolutionsgarden, die Elitestreitmacht des Landes, feuerten erneut Dutzende Raketen auf Israel. Nach Angaben des örtlichen Rettungsdienstes wurden 16 Menschen verletzt. Es habe mindestens zehn Einschläge gegeben.
Irans staatlicher Rundfunk berichtete von etwa 30 auf Israel abgefeuerten Raketen. Nach den US-Angriffen auf die iranische Atomanlagen flog aber auch die israelische Armee eine neue Welle von Angriffen auf Ziele im Westen des Iran. Die Luftwaffe führe “eine Reihe von Angriffen auf militärische Ziele” aus, erklärte die Armee am Sonntagmorgen im Onlinedienst X. Zuvor seien bei Angriffen Abschusseinrichtungen für Raketen sowie Soldaten der iranischen Armee getroffen worden.
Am Samstagabend hatten die USA iranische Atomanlagen angegriffen und sich damit in den Krieg zwischen Israel und dem Iran eingeschaltet. Israel hatte am 13. Juni einen Großangriff auf den Iran gestartet und bombardiert seitdem insbesondere Atomanlagen und militärische Einrichtungen in dem Land. Israel begründet sein Vorgehen mit dem fortgeschrittenen iranischen Atomprogramm. Der Iran attackiert Israel seitdem mit Raketen und Drohnen. US-Präsident Donald Trump verkündete, “entscheidende Anlagen zur Urananreicherung” des Iran seien komplett zerstört. Nach Einschätzung der in Wien ansässigen Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) wurde keine Strahlung außerhalb der Einrichtungen freigesetzt.
Trump warnt den Iran
Trump warnte den Iran vor Vergeltungsschlägen gegen US-Stützpunkte in der Region. “Wenn der Frieden nicht schnell kommt, werden wir die anderen Ziele mit Präzision, Schnelligkeit und Geschick angreifen, die meisten von ihnen können in wenigen Minuten ausgeschaltet werden”, warnte Trump die Führung in Teheran. Das Ziel der USA sei die Zerstörung der iranischen Kapazitäten zur Anreicherung gewesen und die Beendigung der nuklearen Bedrohung durch den “weltweit größten staatlichen Sponsor des Terrors”, erklärte Trump.
Bombardiert worden seien die unterirdische Urananreicherungsanlage in Fordo sowie die Standorte Natanz und Isfahan, sagte Trump im Weißen Haus. Der Iran müsse sich jetzt für den Weg des Friedens entscheiden, sonst würden künftige Attacken viel größer. Ob und wie der Iran Vergeltung gegen die USA üben wird, bleibt abzuwarten. Auf den Stützpunkten des US-Militärs in der Region – etwa im Irak, in Katar oder in Kuwait – sind US-Medien zufolge insgesamt gut 40.000 Soldaten stationiert.
Araqchi hatte zuletzt noch mit den USA über das Atomprogramm verhandelt. Die iranische Vertretung bei den Vereinten Nationen in New York forderte eine Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrats, wie der staatliche Rundfunk berichtete. Die proiranische Huthi-Miliz im Jemen verurteilte die US-Angriffe als “brutale und feige Aggression”. Sie seien “eine eklatante Verletzung” der Souveränität des Irans sowie “ein klarer Bruch” internationalen Rechts, erklärte die Organisation.
UNO-Generalsekretär warnt vor katastrophalen Folgen für die Welt
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sprach von einer “mutigen Entscheidung” des US-Präsidenten. “Ihre mutige Entscheidung, die nuklearen Anlagen des Iran mit der gewaltigen und gerechten Macht der Vereinigten Staaten ins Visier zu nehmen, wird die Geschichte verändern”, sagte Netanyahu in einer Videobotschaft. Verteidigungsminister Israel Katz sprach von einem historischen Schritt. Ziel sei es, “sicherzustellen, dass der Iran keine Atomwaffen besitzt – Waffen, die Israel, die Länder der Region und das nationale Sicherheitsinteresse der USA selbst gefährdet hätten”.
UNO-Generalsekretär António Guterres zeigte sich nach den US-Angriffen “zutiefst beunruhigt” und warnte vor katastrophalen Folgen für die Welt. “In dieser gefährlichen Stunde ist es von entscheidender Bedeutung, eine Spirale des Chaos zu vermeiden”, sagte Guterres in der Nacht. Die Mitgliedsstaaten seien aufgefordert, ihren Verpflichtungen aus der UNO-Charta nachzukommen. “Es gibt keine militärische Lösung. Der einzige Weg nach vorne ist die Diplomatie. Die einzige Hoffnung ist der Frieden”, sagte Guterres.
US-Medien: Bei Angriffen im Iran auch von U-Booten gefeuert
Bei dem Angriff auf die iranische Atomanlage in Natanz setzte das US-Militär übereinstimmenden US-Medienberichten zufolge zwei bunkerbrechende Bomben ein. Diese seien von einem Tarnkappenbomber des Typs B-2 abgeworfen worden. Zudem sei Natanz auch von U-Booten aus mit Marschflugkörpern angegriffen worden. Auf die unterirdische Atomanlage Fordo hätten sechs Tarnkappenbomber insgesamt ein Dutzend der größten bunkerbrechenden Bombe des US-Militärs abgeworfen, hieß es. Das dritte US-Angriffsziel in Isfahan wurde demnach nur mit Marschflugkörpern angegriffen.
Das US-Militär hatte bisher nur Israel bei der Verteidigung unterstützt, aber betont, dass man nicht an den Kampfhandlungen zwischen Israel und dem Iran beteiligt sei. Das hat sich jetzt geändert – mit unvorhersehbaren Folgen.
Iran bestätigt Angriffe auf Atomanlagen
Der Iran bestätigte einen Angriff auf die Atomanlagen des Landes. Die staatliche Nachrichtenagentur IRNA berichtete allerdings nur, dass ein Teil des Bereichs um die Urananreicherungsanlage Fordo beschädigt worden sei. Sie zitierte einen Sprecher des Krisenstabs der betroffenen Provinz Qom, demzufolge die Lage in den Gebieten nun jedoch wieder ruhig sei. Ein hochrangiger Sicherheitsbeamter der Provinz Isfahan bestätigte laut der mit den mächtigen Revolutionsgarden verbundenen Nachrichtenagentur Tasnim zudem Angriffe “in der Nähe” der Atomanlagen von Isfahan und Natans.
Nach dem US-Angriff auf Fordo besteht nach Darstellung einer iranischen Behörde kein Risiko. Es bestehe keinerlei Gefahr für die Bevölkerung von Ghom und die umliegenden Gebiete, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna unter Berufung auf die Krisenmanagementzentrale der betroffenen Provinz. Irans Atomenergieorganisation rief die Weltgemeinschaft auf, die Angriffe zu verurteilen. Die “barbarische Aktion” verstoße gegen internationales Recht.
Vorwürfe machte Teheran auch der IAEA. Die Angriffe seien “unter der Gleichgültigkeit oder gar Mitwirkung” der IAEA erfolgt. Die iranische Atombehörde erklärte, dass trotz der “bösartigen Verschwörungen der Feinde” Irans Nuklearprogramm nicht gestoppt werde.
Wie sich der Krieg entwickelt hat
Israel greift seit Tagen Ziele im Iran an – darunter Atomanlagen, führende Militärs, Atomwissenschaftler, Verteidigungsstellungen, Ziele in Städten und Öl- und Erdgasfelder. Das erklärte Hauptziel ist es, die Islamische Republik an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern. Der Iran reagierte mit Gegenangriffen auf Israel.
Trump hatte am Donnerstag erklären lassen, innerhalb von zwei Wochen eine Entscheidung über eine mögliche Beteiligung der USA an dem Krieg zu treffen. Zuvor hatte er auf dem Verhandlungsweg versucht, den Iran von seinem umstrittenen Atomprogramm abzubringen. Eine weitere Runde der vom Oman vermittelten Gespräche zwischen den USA und dem Iran war ursprünglich für den vergangenen Sonntag geplant gewesen – doch Israels Angriffe machten den Plan zunichte.
Der Krieg zwischen den beiden Erzfeinden Israel und Iran ist eine bedeutende Eskalation der ohnehin dramatischen Lage im Nahen Osten. Israel führt seit dem Massaker der Hamas und anderer militanter Palästinenserorganisationen in Israel vom 7. Oktober 2023 Krieg gegen die Islamisten im Gazastreifen, die dem jüdischen Staat die Existenzberechtigung absprechen. Zwischenzeitlich bombardierte Israel auch die mit dem Iran verbündete Hisbollah-Miliz im Libanon.
Hamas verurteilte die US-Angriffe auf den Iran als “unverhohlene Aggression”. Die Angriffe stellten eine “gefährliche Eskalation” dar und bedrohten den Frieden und die internationale Sicherheit, hieß es in einer Mitteilung der palästinensischen Terrororganisation. Die USA folgten damit blind der Agenda Israels. Ähnlich äußerte sich die vom Iran unterstützte Houthi-Miliz im Jemen. Sie sprach von einer “brutalen und feigen Aggression”, “einer eklatante Verletzung” der Souveränität des Iran sowie einem “klaren Bruch” internationalen Rechts. Der Angriff sei ein Teil der “grenzenlosen, verbrecherischen Unterstützung” der USA für Israel.
Aktuell sind 5 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen