Ein Kommentar

Leise Macher stechen laute Populisten aus

Donnerstag, 07. Mai 2020 | 08:37 Uhr

Bozen – Noch Anfang des Jahres führten laute Populisten wie Trump, Boris Johnson und Bolsonaro, aber auch der italienische Oppositionsführer Matteo Salvini das große Wort und trieben ihre Gegner vor sich her. Gegen diese angeblichen „Alleskönner“ hatten es leise und besonnene Stimmen schwer, sich in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen.

Aber dann kam das Virus und legte die Gehaltlosigkeit der Phrasendrescher erbarmungslos offen. Selbst die höchst zweifelhaften Anschuldigungen, Covid-19 hätte seinen Ursprung in einem chinesischen Labor, können die verheerende Corona-Bilanz des US-Präsidenten nicht mehr übertünchen. Heute beneiden die Amerikaner die Deutschen um ihre Kanzlerin Angela Merkel, die im Herbst ihrer politischen Laufbahn Deutschland gut und mit einer ruhigen Hand durch die Corona-Krise führt.

Brasilien, wo ähnlich wie in New York Massengräber ausgehoben werden mussten, kämpft ebenfalls mit einer fast aus der Kontrolle geratenen Epidemie. Die Massen, die früher Bolsonaro zujubelten, machen ihn heute für das Corona-Desaster verantwortlich und fordern immer lauter seinen Kopf.

In Europa ist es nicht anders. Der laute Held der „Brexiter“, Boris Johnson, der sich fast bis zuletzt einem Lockdown verweigert hatte, konnte nur mit letzter Mühe und Not vor dem Corona-Tod gerettet werden. Großbritannien leidet derweil unter seiner verfehlten Gesundheitspolitik, die bereits Zehntausenden Briten das Leben kostete. Während selbst hart getroffene Länder wie Spanien und Italien die Phase zwei einläuten, sah sich die britische Regierung erst unlängst gezwungen, den Lockdown um weitere zwei Wochen zu verlängern.

APA/APA (AFP/10 Downing Street)/PIPPA FOWLES

Und Italien? Trotz der harten und manchmal auch gerechtfertigten Kritik zeigen die Zahlen heute, dass die Entscheidung, das Land „runterzufahren“, die richtige war. Trotz mehrerer Fehler der irrlichternden italienischen Regierung besitzt Ministerpräsident Giuseppe Conte das Vertrauen der Mehrheit der Italiener und kann sich in einem erstaunlichen Umfragehoch sonnen. Salvinis Rückhalt hingegen bröckelt selbst in seiner Lega. Luca Zaia, der in der Corona-Krise sein Venetien mit Kompetenz und ohne Fehler leitet, gilt heute vielen als der bessere Kandidat für die Führung der Mitterechts-Lagers.

APA/APA (AFP/Archiv)/ALBERTO PIZZOLI

Es ist wahr. Covid-19 wird uns für immer verändern. Vielleicht lehrt uns Corona vor allem, leise Sachlichkeit und Wissen von lautem, aber gehaltlosem Geschrei inkompetenter Rattenfänger zu unterscheiden.

Von: ka

Bezirk: Bozen