Verbot des Mehrfachstudiums bröckelt

Liberalisierung der Studienwahl abgesegnet!

Samstag, 16. Oktober 2021 | 09:01 Uhr

Von: bba

Bozen – Am Dienstag hat die Abgeordnetenkammer in Rom einen Gesetzentwurf verabschiedet, der nach vielen Jahren das Verbot aufhebt, sich in mehrere Studienfächer einzuschreiben. Einbringer war unter anderem der Abgeordnete Manfred Schullian (SVP). Renate Gebhard und Albrecht Plangger (beide SVP) unterzeichneten den Entwurf mit. Im Namen der Studierenden forderte die Südtiroler HochschülerInnenschaft (sh.asus) in der Vergangenheit mehrmals die Aufhebung des Verbots, das noch aus faschistischer Zeit stammt. Jetzt ist der Senat am Zug. Inzwischen freuen sich die Studentenvertreter aber über einen ersten, erfolgreichen Schritt: „Endlich normalisiert sich die italienische Hochschulwelt und passt sich dem an, was in Europa längst nichts Ungewöhnliches mehr ist. Gerade wir Südtiroler Studierenden kennen die Lage im benachbarten Ausland, wo es möglich ist, mehr als ein Fach zu studieren“, begrüßt der Vorsitzende der sh.asus, Matthias von Wenzl, das einstimmige Ergebnis der Abstimmung in der Kammer. Die Südtiroler Studierenden hätten, so von Wenzl, den direkten Vergleich zwischen Italien und beispielsweise Österreich, umso mehr nähmen sie das Verbot als Manko wahr.

Stein des Anstoßes ist ein Passus des Art. 142 des Königlichen Dekrets 1592 aus dem Jahr 1933. Trotz verschiedener Anläufe wurde er bisher nie im Sinne der Studierenden modifiziert. Julian Nikolaus Rensi, Vizevorsitzender der sh.asus, erklärt: „Die Norm, die das Verbot des Doppelstudiums vorsieht, ist längst überholt. Heute geht es ja gerade darum, sich als junger Mensch interdisziplinär zu bilden. Wer verschiedenen Studiengängen nachgeht, sieht die Welt, die einen umgibt, aus mehreren Blickwinkeln.“ In unübersichtlichen Zeiten sei genau das gefragt. Natürlich wollten und könnten nicht alle Studierende mehr als ein Fach belegen, doch man dürfe motivierten und interessierten Kollegen nicht noch Steine in den Weg legen, meint Rensi, sondern die Entwicklung allseitiger Interessen fördern.

Der von der Kammer genehmigte Gesetzentwurf sieht nun vor, dass man sich in mehreren Studiengängen (laurea, laurea magistrale und master), Universitäten, Schulen oder ähnlichen Instituten für höhere Bildung einschreiben kann – allerdings nicht im gleichen Fach. Ähnliches gilt für die künstlerischen Hochschulen. Binnen drei Monate nach dem Inkrafttreten des Gesetzes soll das Hochschulministerium ein Dekret erlassen, das einige Aspekte präzisieren wird, insbesondere auch Ausnahmen vom Recht, mehrere Studien zu belegen. Ein Schwachpunkt: Wer zwei Fächer studiert, wird auch zweimal die – in Italien relativ hohen – Studiengebühren zahlen müssen. „Hier besteht die Gefahr, dass soziale Ungleichheiten an den Unis verschärft werden und das Doppelstudium letztlich nur Studierenden aus vermögenden Familien vorbehalten bleibt“, unterstreicht die sh.asus. Doch das müsse man in einem zweiten Moment genauer feststellen und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen treffen. Im Großen und Ganzen sei der Vorstoß der Kammer als Erfolg zu werten.

Die sh.asus bedankt sich bei den Südtiroler Kammerabgeordneten für den Einsatz, insbesondere bei Abgeordneten Manfred Schullian für die Einbringung des entsprechenden Gesetzentwurfes. Man hoffe nun, dass auch der Senat diesem Vorschlag zustimmen wird. Da die Kammer den Gesetzentwurf jedoch einstimmig angenommen hat, müsse ein parteiübergreifender politischer Konsens vorliegen, so die sh.asus, der sich auch im Senat wiederspiegeln sollte. Man sei daher optimistisch, heißt es aus der Bozner Kapuzinergasse.

Die Südtiroler HochschülerInnenschaft

Die Südtiroler HochschülerInnenschaft (sh.asus) ist die demokratische Vertretungsorganisation aller Studierenden aus und in Südtirol. Ihre Hauptaufgabe ist es, die studentischen, sozialen und gesellschaftlichen Interessen der akademischen Jugend zu vertreten. Sie bezieht zu rein studentischen und bildungspolitischen Themen ebenso Stellung wie zu kulturellen, sozialen und gesellschaftspolitischen Fragen. Die sh.asus verfügt über eine Geschäftsstelle in Bozen (Kapuzinergasse 2A) und vier Außenstellen bzw. Sektionen in Österreich (Wien, Graz, Salzburg und Innsbruck) und drei in Italien (Bozen-Brixen-Bruneck, Bologna und Trient).

 

Bezirk: Bozen