Mehrere Wohnhäuser fingen Feuer

Mehrere Todesopfer in Kiew nach russischen Luftangriffen

Freitag, 06. Juni 2025 | 15:04 Uhr

Von: APA/Reuters/dpa

Bei nächtlichen Drohnenangriffen auf die ukrainische Hauptstadt Kiew sind ukrainischen Angaben zufolge drei Menschen getötet und 49 weitere verletzt worden. Zunächst hatten die Behörden von vier Toten gesprochen. Mehrere Wohnhäuser wurden bei massiven Luftangriffen getroffen. Laut der ukrainischen Armee bedeuten die 407 eingesetzten russischen Drohnen die seit Kriegsbeginn höchste Zahl in einer Nacht. Moskau sprach von einer Reaktion auf ukrainische “Terrorakte”.

In Kiew wurden laut den Rettungsdiensten mehrere Stadtteile getroffen. Ziele waren auch andere größere Städte und Regionen im Westen des Landes, wie Nachrichtenportale wie “The Kyiv Independent” vermeldeten. In allen Regionen der Ukraine wurde Luftalarm ausgelöst. In Kiew traf eine Drohne die obersten Stockwerke eines Mehrfamilienhauses, wie der Leiter der Militärbehörde von Kiew, Timur Tkachenko, schrieb. Neben Explosionen wurden in mehreren Stadtteilen herabfallende Trümmer gemeldet. Nach Angaben der Militärverwaltung könne es im östlichen Teil Kiews auch zu Notstromausfällen kommen.

“Wir müssen den Druck auf Russland erhöhen, damit es seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine beendet”, postete das Außenministerium in Wien auf X. Es sei Zeit “für einen umfassenden und bedingungslosen Waffenstillstand!”, hieß es weiter.

Selenskyj mit Appell an Westen

Nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj wurde die Ukraine in der Nacht mit mehr als 400 Drohnen und 40 Raketen angegriffen. Angesichts dieses massiven Angriffs forderte der Präsident den Westen auf dem Kurznachrichtendienst X abermals auf, den Druck auf Russland zu erhöhen. “Wenn jemand keinen Druck ausübt und dem Krieg mehr Zeit gibt, Leben zu nehmen, dann ist das Mittäterschaft und Verantwortung”, schrieb er. “Wir müssen entschlossen handeln.”

Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot sprach sich am Freitag für neue EU-Sanktionen gegen Russland aus. Er hoffe, dass die Europäische Kommission vor Ende Juni ein neues Sanktionspaket vorlegen werde, sagte Barrot dem Radiosender RTL.

Russland: Reaktion auf “Terrorakte”

Russland bezeichnete seine neuen massiven Luftangriffe als Vergeltung für die jüngsten ukrainischen Angriffe auf russisches Gebiet. Die Armee habe mit weitreichenden Waffen vom Land, aus der Luft und von See aus militärische und militärnahe Ziele in der Ukraine als Reaktion auf “Terrorakte” gegen Russland attackiert, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Russische Truppen hätten zudem zwei weitere Ortschaften in der Ostukraine erobert.

Der Ukraine war am Wochenende ein spektakulärer Angriff auf russische Langstreckenbomber Tausende Kilometer von der Grenze entfernt gelungen. Zudem wurden auf Eisenbahn- und Autobahnbrücken Sabotageakte verübt. Am Dienstag attackierte man dann auch noch die strategisch wichtige Brücke zwischen Russland und der annektierten Halbinsel Krim. Russland sprach von ukrainischen Terrorakten und kündigte Vergeltung an.

Russland ist zudem Äußerungen von US-Präsident Donald Trump entgegengetreten, der den Krieg in der Ukraine mit zwei zankenden Kindern verglich. Auf Trumps Aussagen angesprochen, sagte der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow, Trump habe das Recht auf seine eigene Meinung. Für Russland sei der Konflikt allerdings eine existenzielle Angelegenheit, bei der es um die eigene Sicherheit und die Zukunft des Landes gehe.

Kiews Drohnen treffen Flugplatz und Raffinerie

Parallel zu den verheerenden russischen Luftangriffen auf die Ukraine hat auch Kiew das Nachbarland mit schweren Drohnenattacken überzogen. Das russische Verteidigungsministerium meldete den Abschuss von 174 Drohnen über den Gebieten Brjansk, Rostow, Saratow, Woronesch, Kaluga, Kursk, Orjol, Rjasan, Tula, Belgorod, Tambow und der seit 2014 annektierten Halbinsel Krim. “Zudem sind über dem Schwarzen Meer drei Lenkwaffen vom Typ Neptun-MD von der Flugabwehr zerstört worden.” Den Erfolgsmeldungen der russischen Militärs zum Trotz gab es aber auch mehrere Einschläge.

In der Großstadt Engels im Gebiet Saratow sei ein Hochhaus getroffen worden. Verletzte habe es nicht gegeben, das Gebäude sei kurzzeitig evakuiert worden, die Bewohner aber inzwischen zurückgekehrt, teilte der Gouverneur von Saratow, Roman Bussargin, mit. “Durch eine Drohnenattacke ist es zu einem Brand in einem der Industriebetriebe von Engels gekommen”, schrieb er zudem. Medienberichten zufolge soll es sich dabei um eine Raffinerie handeln. In Engels befindet sich ein großer Luftwaffenstützpunkt der russischen Streitkräfte. Die Raffinerie liegt in unmittelbarer Umgebung der Basis, von der auch immer wieder Flugzeuge zum Beschuss der Ukraine aufsteigen.

Eisenbahnverkehr im Visier

In der grenznahen Region Belgorod gab es inzwischen einen weiteren Anschlag auf die Eisenbahn: Nach einer Explosion ist eine Reservelok entgleist. Verletzte habe es nicht gegeben, teilten die Behörden mit. Die Strecke sei aber zunächst gesperrt worden.

Schon in den vergangenen Tagen hatte es mehrere Anschläge auf Eisenbahn-Infrastruktur gegeben. In einem Fall entgleiste dadurch auch ein Personenzug. Es gab mehrere Tote und Verletzte.

Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben in der Nacht auf Freitag Flugplätze und Treibstofflager in den russischen Oblasten Rjasan und Saratow angegriffen. Die beiden russischen Gebiete grenzen nicht an die Ukraine, sondern liegen weiter im Landesinneren. “Die ukrainischen Verteidigungskräfte haben einen Präventivschlag gestartet”, erklärt das ukrainische Militär auf Telegram. “Am Vorabend des massiven feindlichen Angriffs wurden feindliche Flugplätze und andere wichtige Militäreinrichtungen getroffen.”

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