Landtag befasst sich mit Mehrsprachigkeit in der Schule

Mehrsprachigkeit: Grüne blitzen bei Landesrätin ab

Donnerstag, 13. April 2023 | 18:16 Uhr

Bozen – Als erster Tagesordnungspunkt am Nachmittag ist vom Plenum des Landtages der Beschlussantrag Nr. 700/23 Recht auf Mehrsprachigkeit im Bildungssystem des Landes (eingebracht von den Abg. Foppa, Dello Sbarba und Staffler am 24.03.2023) behandelt worden.

Darin steht: „Der Landtag möge die Landesregierung beauftragen, 1. sicherzustellen, dass das Recht auf freie Schulwahl laut Verfassung auch in Zukunft für Schüler und deren Eltern gewährt ist; 2. Projekte mehrsprachigen Unterrichts immer dann zuzulassen, zu unterstützen und zu fördern, wenn eine festzulegende Mindestanzahl an Eltern (zum Beispiel 14 für den Kindergarten, 15 für die restlichen Schulstufen) ihre Kinder in eine entsprechende Abteilung einschreiben; 3. Projekte mehrsprachigen Unterrichts dauerhaft wissenschaftlich zu begleiten; 4. ‚Didaktik der Mehrsprachigkeit‘ in der Ausbildung des Lehrpersonals sowie der pädagogischen Fachkräfte vorzusehen; 5. ‚Didaktik der Mehrsprachigkeit‘ in den Fortbildungen des Lehrpersonals und der pädagogischen Fachkräfte vorzusehen; 6. Die Durchlässigkeit der Schulsysteme (deutsch und italienisch) zu verbessern und das Wechseln von der Rangliste des einen Systems in das jeweils andere durch die Zusammenarbeit der jeweiligen Schulämter zu erleichtern; 7. In der Landesgesetzgebung und der Beschließungstätigkeit der Landesregierung zum gesamten Thema der Sprachdidaktik in Südtirol das Konzept der ‚Muttersprache‘ durch das Konzept der (auch mehrfachen) ‚Erstsprache‘ zu ersetzen.“

Seit mehr als 20 Jahren versuche man in Südtirol, neue Wege im Schulsystem zu finden, führte Brigitte Foppa (Grüne) aus, die ihren Redebeitrag abwechselnd in Deutsch und Italienisch hielt. Vor zehn Jahren habe sie zum ersten Mal einen Gesetzentwurf zur mehrsprachigen Schule als Zusatzangebot erläutert. Man habe seitdem keinen Schritt voran gemacht. Die Nachfrage danach gebe es aber – auch wenn die politische Mehrheit dies nicht sehen wolle. Sie wolle nicht einmal die Anzahl der mehrsprachigen Familien im Land erheben lassen. Ebensowenig erhoben werde, wie viele Familien im Land gerne eine mehrsprachige Schule hätten. Wenn diese Themen im Untergrund blieben, wäre es klar, dass andere Wege gesucht werden – die Familien machten sich diese Schule. Wenn ein gesellschaftliches Begehren so stark werde, dann suche man sich einen Weg. Auch wenn die Mehrheit diesem gesellschaftlichen Wunsch nicht entsprechen wolle.

Sie fände es unglaublich, dass der Nachfrage nicht nachgekommen werde. Man habe immer nur versucht, kleine Flickenteppiche zu schaffen, Lösungen für einzelne Schulen. Man versuche auf unorganische Weise auf eine organische Nachfrage zu reagieren. Gestern habe es geheißen, es dürfe in der Schule keine Experimente geben, aber offenbar auch keine Projekte. Doch in diesen Schulen, in denen die Nachfrage nach mehrsprachigen Klassen da sei, müsste diese Möglichkeit geschaffen werden. Man sehe aber immer wieder, dass Mehrsprachigkeit regelrecht belächelt werde. Die Ladiner hätten bereits eine echte mehrsprachige Schule, doch in Südtirol werde behauptet, dass die Ladiner weder Deutsch noch Italienisch könnten – aber bei Evaluierungen schnitten sie immer am besten ab. Die Mehrsprachigkeit werde abwertend als Gemischtsprachigkeit bezeichnet.

Der Tod jeder leichtfertigen Politik sei das Archiv, bemerkte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit), und erinnerte daran, dass es die Grünen gewesen seien, die den Begriff Gemischtsprachigkeit geprägt hätten. In Punkt 7 werde gefordert, das Konzept der Muttersprache durch das Konzept der Erstsprache zu ersetzen – die Grünen wollten den Menschen in Südtirol also die Muttersprache nehmen. Die Grünen wollten demnach die Muttersprache abschaffen, den Leuten sagen, welches Auto sie fahren sollen, und was sie essen sollen. Dies sei Grün-Faschismus. Die Sprache sei der Grund, weshalb Südtirol eine Autonomie habe. Kein einziger Schüler in Südtirol werde daran gehindert, mehrere Sprachen zu lernen, nur weil er eine Muttersprache habe. Da könne die Süd-Tiroler Freiheit nicht zustimmen, und er hoffe, dass auch der Landesrat die Muttersprache verteidigen werde.

Sie sei Lehrerin mit Lehrbefähigung, habe bis 2013 in der Klasse gestanden, so Landesrätin Waltraud Deeg (SVP). Insofern erstaune es sie, was hier von Leuten, die nie in einem Klassenzimmer gestanden hätten, behauptet werde. Sie habe nie erlebt, dass jemand die Mehrsprachigkeit verwehrt worden sei. Das, was hier immer wieder als wissenschaftliche Basis verwendet werde, diene auch häufig ideologischen Zwecken. Der Erwerb der Muttersprache sei Basis zum Erlernen einer Zweit- und Drittsprache. Sie frage sich, was der Zweck dieses Antrages sei. Das Grundrecht der Schule auf Muttersprachenunterricht sei anzuerkennen.

Von: mk

Bezirk: Bozen