Köllensperger mit dem Coronavirus infiziert - INTERVIEW

“Mein Vorteil: In Zukunft werde ich immun sein”

Freitag, 20. März 2020 | 08:26 Uhr

Bozen – Der Landtagsabgeordnete Paul Köllensperger hat sich bekanntlich mit dem neuartigen Coronavirus angesteckt. Das hat er in der vergangenen Woche auf Facebook mit einem Video bekanntgegeben. Nach zehn Tagen Heimquarantäne geht es ihm immer noch gut. Ob ihm während der Zeit die Decke auf den Kopf gefallen ist und was er sich von der Zukunft erwartet, verrät der Lokalpolitiker im Interview mit Südtirol News.

Es sind nun rund zehn Tage vergangen, seit sie positiv auf das neue Coronavirus getestet wurden. Wie fühlen Sie sich heute?

Ich bin fast wieder fit, zum Glück war der Verlauf der Krankheit in meinem Fall leicht – wie bei den meisten gesunden Menschen.

Mit welchen Symptomen hatten Sie zu kämpfen und wie wissen Sie, wann sie die Krankheit überstanden haben?

Ich hatte leichtes Fieber, Halsweh und vor allem Kopfschmerzen. Der Sanitätsbetrieb wird mich in den nächsten Tagen testen, dann wird sich zeigen, ob ich geheilt bin. Mein Vorteil wird dann sein, in Zukunft gegen diesen Virus immun zu sein.

Was war der erste Gedanke, als Sie den positiven Test in den Händen hielten? 

Ich habe an die vielen Menschen gedacht, die ich in den Tagen zuvor getroffen hatte. Ich fragte mich auch, wie viele davon in die Risikogruppen fielen. Gottseidank hat niemand in meiner Liste Probleme bekommen, soweit ich weiß.

Hatten Sie auch Angst um sich selbst?

Nein, ich hab ein gutes Immunsystem. Ich war nie besorgt um mich, und es ging mir auch zu keinem Zeitpunkt wirklich schlecht. Ich sorge mich mehr darum, wie es weitergehen soll. Man kann die Menschen nicht ewig einsperren.

Viele fragen sich, warum Sie sich privat in Osttirol haben testen lassen. Wie kam es dazu? Konnten Sie in Südtirol über die “normale” Schiene zu keinem Test kommen?

An dem Tag, als ich zum ersten Mal die typischen Symptome der Covid-19-Erkrankung bekam, hatte ich lange Zeit vergeblich versucht die grüne Nummer des Sanitätsbetriebes zu erreichen. Da mir dies nicht gelang, habe ich mich an einen befreundeten Arzt gewandt, der mir erklärte, dass mir laut Protokoll wahrscheinlich kein Abstrich gemacht werden würde. Nach einer kurzen Visite empfahl er mir, aufgrund meiner Symptome und der Tatsache, dass ich in den beiden Wochen zuvor hunderte Personen gesehen hatte, den Test auf jeden Fall zu machen – zur Sicherheit. Aus Verantwortungsbewusstsein machte ich den Test also halt privat, auf eigene Kappe. So hatte ich ganz rasch den  – leider positiven – Befund in der Hand. Anschließend hab ich mich sofort in Quarantäne begeben, und mit dem Sanitätsbetrieb Kontakt aufgenommen, der dann die in so einem Fall übliche Abwicklung vorgenommen hat, d.h. auch alle Menschen die mit mir engeren Kontakt hatten, kamen in Quarantäne, und das waren sehr viele. Das ist wichtig, um die Ausbreitung der Krankheit einzudämmen. Wenn ich es einfach hätte sein lassen, wüssten weder ich noch jene, die mit mir zusammen waren, davon.

Wie haben Sie sich die Zeit vertrieben in diesen Tagen und haben sie diesbezüglich einen Tipp für Corona-Erkrankte oder Personen, die glauben, sich angesteckt zu haben?

Ich habe von daheim aus gearbeitet, ich bin digital fit und gut ausgerüstet. Außerdem kamen laufend Anrufe und Nachrichten, von hunderten Menschen, die wissen wollten, wie es geht, oder wie diese Krankheit verläuft, oder einfach nur ein paar Ratschläge haben. Kranke, und vor allem jene, die glauben, Covid-19 zu haben, sollten den Hausarzt anrufen und auf jeden Fall daheim bleiben. Machen Sie sich keine allzu großen Sorgen. Wenn sie gesund sind, wird ihnen fast sicher nichts geschehen, aber passen Sie auf, dass Sie keine Risikoperson infizieren. Insbesondere Junge und Kinder sind die häufigsten Virusträger und meist völlig asymptomatisch. Passt auf eure Omas und Opas auf, die sollten sich auf keinen Fall anstecken!

Eine politische Frage: Wie bewerten Sie das bisherige Krisenmanagement der Landesregierung? 

Die Regierung hat die Dekrete aus Rom rasch umgesetzt. Ich glaube dass es jetzt aber noch einiges zu tun gibt, um eine Rezession abzuwenden. Es braucht Liquidität, nicht nur die Stundung von Krediten, es braucht auch neue Kredite und Geld für jene vielen Menschen und Betriebe, die derzeit keine oder kaum noch Einkünfte haben. Ich denke an die Wirtschaft, aber ganz schlimm hat es auch den Kultursektor getroffen. Hier braucht es jetzt schnell und unbürokratische Hilfe. Österreich macht es vor wie es gehen könnte, ich würde mich eher am Norden orientieren als an Rom diesbezüglich.

Zum Schluss: Was ist ihre Einschätzung für die nahe Zukunft? Auf was müssen wir uns in Südtirol, Italien und Europa gefasst machen?

Die Krise wird länger dauern, in Teilen Europas und den USA wird sie erst noch richtig kommen. Als positiver Effekt könnte bleiben, dass wir uns mehr auf regionale Kreisläufe besinnen werden, und den Wert der kleinen Dinge wieder schätzen lernen, und ein etwas entschleunigteres Leben wertschätzen. Als Risiko sehe ich, neben den wirtschaftlichen Folgen, mit welcher Leichtigkeit hier demokratische Standards und Grundrechte – inklusive unserer Autonomie – ausgesetzt werden. Wir dürfen auf keinen Fall zulassen, dass auch nur ein kleiner Teil vom Ausnahmezustand zur Normalität wird, und ein Downgrade der demokratischen Standards als Folge übrig bleibt. Es wird hart, aber eines ist sicher: Wir werden es irgendwie lösen.

Von: mk

Bezirk: Bozen